Warum schreckt unsere Tochter aus dem Schlaf hoch?

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Warum schreckt unsere Tochter aus dem Schlaf hoch?

Liebe Frau Bentz, unsere Tochter ist zwar kein Schreibaby, aber ich wende mich trotzdem an Sie, da viele Fragen zu Schreibabys sich ja ums Schlafen drehen und ich nicht genau weiß, welches Forum sonst das richtige wäre. Unsere Kleine ist 3 Monate alt und schläft eigentlich ganz gut. Eigentlich heißt - wenn ich daneben liege und ihr Händchen halte. Alleine liegen und schlafen funktioniert mehr oder weniger gar nicht. Sie merkt sofort, wenn ich den Raum verlasse, bzw. schreckt nach einigen Minuten aus dem Schlaf hoch. Ist das der Moro-Reflex? Pucken hilft leider auch nichts, dann fliegen nicht die Ärmchen hoch, sondern sie wackelt mit dem ganzen Körper und wird dann auch wach. Tagsüber nehme ich sie oft in ein Trageteil, damit sie schlafen kann, ohne dass ich mich dazu legen muss, aber eine Dauerlösung finde ich das auch nicht. Abends mache ich es meist genauso (und sitze dann mit Manduca auf dem Sofa), aber irgendwann möchte ich sie ja auch mal "ins Bett bringen" können und sie auch nicht an dieses "Schlafchaos" gewöhnen. Ich bin sowieso kein Meister der täglich genau gleichen Abläufe ;-) aber wie es jetzt läuft scheint sogar mir zu chaotisch (Schlafen im Manduca oder auf dem Arm, bis wir dann auch ins Bett gehen) Ist das eine Frage der Zeit, bis sie sich nicht mehr wach zappelt oder woran könnte das liegen? Vielen Dank und Gruß Lela

von Lela77 am 17.02.2016, 13:00


Antwort auf: Warum schreckt unsere Tochter aus dem Schlaf hoch?

Liebe Lela77, nun ja, mit einem 3-monaten alten Baby ist der Alltag halt manchmal etwas chaotisch. Das liegt gewissermaßen in der Natur der Sache, denn Babys in diesem Alter haben noch keinen festen Rhythmus und ihr Schlafverhalten unterscheidet sich noch sehr vom Schlafverhalten eines Erwachsenen. So starten sie etwa im Gegensatz zu uns nicht mit einer ruhigen Tiefschlafphase, sondern mit dem aktiven Schlafstadien (REM Schlaf). In dieser Phase sind die Kleinen leicht erweckbar und oft unruhig, was sich mit Ihrer Beobachtung ja deckt. Hinzukommt, dass der REM-Schlafanteil nicht nur insgesamt höher ist und die Schlafzyklen wesentlich kürzer als bei Erwachsenen sind. „Störungen“ in Form von Zappeln, Fuchtel, hin und her Wälzen etc. sind daher völlig normal, ebenso wie die Tatsache, dass Kinder in diesem Alter häufiger erwachen. Diese Dinge sind reifebedingt, unterliegen also nicht dem elterlichen Einfluss. Dies heißt jedoch nicht, dass wir Eltern keinerlei Möglichkeiten haben, ein gesundes Schlafverhalten von Anfang an zu fördern. Wir sollten nur nicht die Erwartung haben, dass ein Baby auch sofort gut schläft, selbst wenn wir alles richtig machen würden. Ihre Rolle als Mutter ist daher eher als Wegweiser und Wegbeleiter zu verstehen. Hier sind wir dann wieder beim Thema Chao;. Ein bisschen gehört von Babyseite also dazu, es funktioniert selbst bei „bester Pflege“ einfach noch nicht wie ein Uhrwerk. Gerade das bedeutet jedoch, dass wir Eltern es sein müssen, die einem Kind Orientierung bieten, indem wir einen Tag strukturieren, wiederkehrende Abläufe und Rituale pflegen und durch regelmäßige Zeiten die innere Uhr des Babys schulen. Dies bedeutet nicht, dass Sie zwanghaft bei allen Dingen auf die Uhr gucken müssen. Allerdings bedeutet es auch, dass die Initiative zur Beseitigung des Chaos von Ihnen ausgehen muss. Ihre Kleine weiß ja noch nicht, wie diese Welt funktioniert. Was heißt das? Wecken macht bei einem 3-monate alten Kind noch keinen Sinn, um Zeiten einzuführen. Wenn es schläft, dann sollten Sie es schlafen lassen. Was Sie aber machen können, ist selbst sich weitgehend an Zeiten halten und den Tag in Blöcke aufteilen: Morgen nach dem Aufstehen: Aktivität (am besten raus an die frische Luft), Mittagspause, Aktivität, Pause, ruhiges Ausklingen, , ins Bett bringen etc. Nutzen Sie dabei alle Taktgeber wie Helligkeit vs. Dunkelheit, Geräusche vs. Ruhe, Bewegung vs. Stille um Ihrem Kind an einen stabilen Tag-/ Nachtrhythmus zu gewöhnen. Dies ist eine gesunde Basis für alles weitere, das eigentliche „Schlafenlernen“. Wenn ein Tag insgesamt chaotisch verläuft, kann die Nacht nicht anders sein. Viele Babys (nicht nur Schreikinder) sind durch fehlende Struktur einfach überfordert und abends dann so überreizt bzw. gar nicht müde, so dass kein noch so gutes Einschlafprogramm der Welt helfen kann. Weiterhin wird vielfach empfohlen, ein Baby von Anfang an noch wach hinzulegen, damit es nicht zur Verwirrung kommt, wenn es wieder aufwacht und plötzlich eben nicht mehr auf Mamas Bauch liegt. Dies ist sicher richtig. In der Realität erscheint es mir doch häufig ein zu ehrgeiziges Ziel, was Eltern sehr unter Druck setzt. Grundsätzlich ist es nämlich nicht ungewöhnlich, dass Babys das eben nicht gleich können. Mamas Bauch muss es dann aber vielleicht doch nicht sein, denn hier schaffen Sie eventuell Gewohnheiten, die Sie wohl kaum länger als ein paar Tage werden durchhalten können. Auch Ihr Schlaf ist wichtig! Für eine gute Entwicklung ist es sicher ausreichend, wenn Sie Ihr Baby einfach bei sich liegen haben, ob nun direkt bei Ihnen im Bett, oder im Beistellbett daneben. Körperliche Nähe können Sie auch so geben. Hier macht Übung den Meister! D.h. es geht kein Weg daran vorbei es immer wieder erneut zu probieren und etwas Protest dabei in Kauf zu nehmen und liebevoll zu begleiten. Es ist sicher nicht der Weg des geringsten Widerstandes, doch Konsequenz ist wichtig, wenn Ihr Baby lernen soll, nicht nur auf Mamas Bauch schlafen zu können. Allerdings gibt es zwischen nur auf dem Bauch der Mutter Schlaf finden und selbstständig Schlafen viele Abstufungen, die jede Familie für sich anders gestaltet. Ich bin sicher, als Sie finden mit Ihrer verschmusten kleinen "Chaotin" einen guten Weg,und drücke dafür die Daumen! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 21.02.2016