Es wird leider immer schlimmer

Dr. rer. nat. Meike Bentz Frage an Dr. rer. nat. Meike Bentz Diplom-Psychologin

Frage: Es wird leider immer schlimmer

Hallo Frau Bentz! Es tut mir leid, dass ich sie jetzt schon ein 3. Mal um Rat frage! Aber ihre Ratschläge sind einfach klasse und da meine Tochter ein Schreikind war und irgendwie mit ihren 19 Monaten auch noch ist fühle ich mich hier auch richtig aufgehoben. Zuletzt hatte ich ihnen von der Eifersucht meiner großen Tochter auf das Baby geschrieben und um Rat gefragt. Die abendliche Situation hatte sich tatsächlich nach ca einer Woche gefangen und die Große schlief wieder ohne Probleme ein. Tja, solange bis das Baby nicht mehr nur noch schlief, sondern nun seit etwa 3 Wochen auch zumindest abendliche Schreiphasen hat, die zunächst um 19:00 anfingen, mittlerweile aber schon gegen 18:00 starten. Diese Schreiphasen der Kleinen machen mir an sich nicht zu schaffen, denn das kenne ich von der Großen einfach viel schlimmer (bei ihr begann die Schrei"phase" am Morgen und ging bis Mitternacht und zwar fast 8 Monate lang ). Aber es ist einfach so, dass die Große mit der Kleinen einstimmt. Zunächst war das zu 2. ganz gut zu händeln. Mein Mann hat sich um die schreiende Große gekümmert und ich mich um die Kleine. Sind wir zu zweit hatte ich auch oft die Gelegenheit der Kleinen Ruheinseln am Tag einzurichten. Aber die Situation spitzt sich immer mehr zu. Wenn ich mit dem Baby den Raum verlasse um es zur Ruhe zu bringen oder es anfängt zu weinen schreit die Große nun unglaublich intensiv und schrill. Sie lässt sich gar nicht mehr beruhigen. Bekommt von ihr herum nichts mehr mit. Verliert sich richtig in dieser Schreiattacke. Sie macht das so lange bis das Baby aufhört zu weinen. Ganz besonders dramatisch ist die Situation wenn einer von uns mit beiden Kindern alleine ist. Von morgens bis abends ist dann mittlerweile Dauergebrüll. Auch die Kleine brüllt dann den ganzen Tag, weil auch sie keine Ruhe mehr hat. Wir lassen uns schon helfen. Die Große geht 3 Tage die Woche in die Kita. Sie bekommt täglich extra Zeiten mit mir alleine und mit dem Papa alleine. Einmal die Woche ist sie bei Oma und Opa, die sie unheimlich liebt. Sie liebt ihre Schwester auch. Die Kleine bekommt von ihr Küsschen, wird gestreichelt, sie gibt ihr den Schnuller, zeigt ihr Bilder aus ihren Büchern etc. Aber sobald das Baby weint dreht die Große einfach völlig durch. Und es wird täglich mehr. Können sie mir helfen? Oder an wen kann ich mich wenden? Ich frage mich wer hier das eigentliche Problem hat? Ich oder meine große Tochter? Es tut mir leid, dass ich sie schon wieder fragen muss.

von IdaLönneberga am 25.01.2016, 20:51


Antwort auf: Es wird leider immer schlimmer

Liebe IdaLönneberger! Sie müssen sich nicht entschuldigen! Dafür ist ja mein Forum da und Sie haben Ihre Probleme sicher nicht als Freizeitbeschäftigung ausgesucht! Das was Sie schildern, ist natürlich per se eine schwierige Situation. Ein Säugling und kleinkind und beide scheinen sehr sensibel auf ihre Umwelt zu reagieren.Wie soll man da allem gerecht werden? Falls ich es Ihnen nicht schon gesagt habe, meine erste Antwort! Sie können es nicht! Und auch sonst keiner - außer er hat keine eigenen Bedürfnisse und irgndwo am Rücken ein batteriefach versteckt! Und das ist auch nicht nötig! Selbst wenn man nur ein Kind hat, ist es manchmal einfach nicht möglich, perfekt auf alle Bed+rfnisse einzugehen, alles perfekt zu machen! Schon an Ihrem ersten Bericht wurde deutlich, wie sehr Sie und Ihr Mann sich abstrampeln und in alle Richtungen denken, um die angespannte Situation zu lösen. Ich denke, dass genau dieses "Verkopfte", das Perfektionistische und die geradezu akademischen Ansprüche an die eigene elterliche Leistung ein Teil des Problems sein könnte. Nicht dass Sie mich missverstehen! Ich finde es toll, wie sehr sich sich einsetzten und wieviele Gedanken Sie sich machen, allerdings ist dies auch enormer Stress und setzt Sie unter hohem Druck. Bei Ihnen höre ich fast aus jeder Zeile die versteckte Botschaft, wenn meine Kinder Probleme haben, machen wir etwas falsch / haben wir als Eltern versagt, Natürlich macht es Sinn, sich bei Schqierigkeiten zu überlegen,was man besser machen könnte, doch daneben gibt auch folgende Wahrheit: Unser Einfluss als Eltern ist begrenzt und nicht 100%, manche Dinge haben wir ewben nicht im Griff und das nicht, weil wir Erziehungsdeppen sind, sondern weil neben der Umwelt (Einflüsse von außen) auch das Erbe (Veranlagungen, Neigungen, Entwicklung, Reifung etc.) eine Rolle spielt. Sonst wäre es ja so, dass wir z.B. unsere Kinder nur zur Schlauheit, zum Höchstleistungsporter oder Künstler erziehen müssten, egal wie die Ausgangslage ist. Was ich damit sagen will, selbst die beste Erziehung und das liebevollste Zuhause bietet keinen Schutz vor Problemen! Das mal sich setzen lassen und zu akzeptieren, - ja, wir haben zwei unruhige Kinder, die offenbar eine Tendenz zu Regulatiobsschwierigkeiten mitbekommen haben - ja, diese Phase das ist verdammt anstregend und nervenaufreibend, erschöpfend, frustrierend etc. - ja, wir geben unser Bestes. Doch nicht immer können wir alles lösen kann schon mal helfen, dass man sich gedanklich durch Annahme einer Situation auch gedanklich etwas distanzieren und entspannen kann. Sie sollen nicht resignieren, dazu gibt es auch keinen Grund, wohl aber auch mal schwierigen Phasen etwas die aufreibende Dynamik nehmen, in dem Sie sie wie Wolken betrachten, die kommen, aber auch wieder gehen. Davon unabhägig bin ich vom Verhalten Ihrer Tochter gar nicht so sehr irritiert. Manche Kinder koten oder nässen plötzlich nach der Geburt ihrer Geschwister ein, manche sprechen nur noch in Babysprache oder wollen wieder gestilllt und getragen werden, manche fangen auch wieder an, vermehrt zu schreien. Für mich ist das nicht unbedingt immer nur ein Zeichen von Eifersucht, sonder schlicht auch Überforderung und das Zurückfallen in Muster, die mal etabliert waren. Zudem ist ein schreiender Säugling ja nicht nur für uns Erwachsene eine nervliche Belastung. Auch Kinder werden alarmiert und oft auch "angesteck" (Kollektivweinen). Wenn zudem "dünne" Schutzwände hinzukommen, sprich jemand sensibel reagiert, kann das natürlich auch so äußern wie beschrieben. Hier könnte ein Kindergehörschutz (kein normaler Kopfhörer, sondern ein Gehörschutz, z.B.im Jagdbedarf erhältlich) Ihrer Tochter helfen, die Schreierei besser zu ertragen und sich abzuschotten. Gleichsam sollte Sie immer auch Ausdruckmöglichkeiten für Ihre Eifersucht haben, d.h. man sollte dies nicht verbannen, sondern verdeutlichen, dass solche Gefühle normal sind. Grundsätzlich könnte es aber ratsam sein, dass Sie sich Hilfe bei einer Erziehungsberatungsstelle oder bei einem Kinderpsychotherapeuten holen. Nicht, dass ich glaube, dass hier schwerste Störungen vorliegen, doch ich glaube, dass Ihnen so ein Feedback von außen gut tun würde, da sich so so zermatern. Gut fände ich vor allem eine Videoanalyse. Manchmal hilft dann schon der Hinweis, dass man doch so vieles richtig macht. Und wenn therapeutischer Handlunsgbedarf bestünde, wäre ja dies auch nicht weiter schlimm. In diesem Sinen, weiterhin alles Gute! Herzlichst, Ihre Meike Bentz

von Dr. Meike Bentz am 26.01.2016