Frage im Expertenforum Schreibabys an Dr. rer. nat. Meike Bentz:

Wie kann ich meinem Baby helfen, am Tag länger zu schlafen?

Dr. rer. nat. Meike Bentz

Dr. rer. nat. Meike Bentz
Diplom-Psychologin
Frage: Wie kann ich meinem Baby helfen, am Tag länger zu schlafen?

Audi85

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Sehr geehrte Frau Bentz, ich lese schon seit einiger Zeit „still“ in Ihrem Forum mit und bin von Ihren ausführlichen und respektvollen Antworten sehr angetan. Mit Hilfe Ihres Forums ist es mir tatsächlich gelungen, unseren Sohn zunehmend besser schlafen zu legen (ich habe nie gedacht, dass es möglich ist, dass er ohne Schreien einschlafen kann). Aber vielleicht können Sie uns noch einige Tipps geben im Umgang mit „kleineren Problemen“ geben, die wir im Moment noch haben. Unser Sohn ist ein fröhliches, neugieriges, sehr aktives und sensibles Kerlchen und kam am 31. März diesen Jahres reif, aber sehr zart (nach diagnostizierter Wachstumsstörung) auf die Welt. Er hat nie die „gängigen“ Kriterien eines Schreikindes erfüllt, aber von Anfang an viel geschrien und über den Tag meist sehr wenig geschlafen. Nachdem wir beim Orthopäden 3 Blockaden der Wirbelsäule haben lösen lassen, wurde es etwas besser. Und heute nach fast 6 Monaten ist das Schreien merklich reduziert (ich vermute mal, die Zeit hat hier gut geholfen). Das Regulationsproblem blieb aber weiterhin bestehen. An Schlafen war oft nicht zu denken, wenn er müde wurde, begann er zu quengeln, seine Äuglein zu reiben und zu gähnen. Hinlegen lassen wollte er sich partout nicht, also schlief er fast nur in Bewegung, aber so gut wie nie in seinem Bett ein. Auch Stillen ging bzw. geht tagsüber oft eher schlecht (d.h. er will nicht an die Brust bzw. ist sehr schnell abgelenkt), dafür kommt er in der Nacht alle 1,5 bis 2 Stunden. Ich stille mittlerweile oft im abgedunkelten Zimmer, aber das hilft auch nicht wirklich. Seit Anfang August bekommen wir Hilfe in einer Schreiambulanz und haben seit dem unsere Tagesstruktur deutlich verbessert. Seit etwa 6 Wochen haben wir zudem ein sehr festes Zu-Bett-Geh-Ritual (Stillen, Geschichte vorlesen, Gute-Nacht-Lied singen, Spieluhr) und seit einer Woche lege ich ihn bei Müdigkeit konsequent ins Bett und begleite ihm beim Schreien bzw. Einschlafen, indem ich sanft mit ihm rede und ihn streichle. Am Anfang hat er noch 2 Stunden durch geschrieen, aber mit jedem Hinlegen wird es besser. Abends kann er seit 5 Tagen ohne Gemecker friedlich einschlafen. Tagsüber fällt es ihm zwar schwerer einzuschlafen, aber auch hier ist er spätestens nach einer halben Stunde eingeschlafen. Die Veränderungen kann ich auch sehr gut in unserem Schlafprotokoll ablesen, was mich jedes Mal sehr stolz macht :). Nun habe ich aber noch folgende Fragen: 1) Wie kann ich meinem Sohn dabei helfen, tagsüber länger als 45 Minuten zu schlafen? Er schläft oft nur 30-45 Minuten, wird dann quenglig wach, schläft dann aber kaum noch ein. Leider zeigt er dann relativ schnell wieder Müdigkeitszeichen und wirkt oft einfach nicht ausgeschlafen. 2) soll ich ihn hinlegen, wenn er müde ist oder doch liebe „feste“ Schlafzeiten einplanen? 3) Haben Sie eine Idee wie ich das Stillen tagsüber verbessern kann? Die unterbrochenen Nächte machen mir langsam sehr zu schaffen. Er hat bis Anfang August deutlich länger am Stück geschlafen, aber dann waren wir eine Woche im Krankenhaus und seit dem ist der Nachtschlaf wieder schlechter. Außer wenn er abends viel schreit, dann kann er 4 stunden am Stück schlafen. Aber das ist es mir nicht wert! Vielen Dank für Ihre Mühe!!! Ich freue mich schon auf Ihre Antwort! Viele Grüße Audi85


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Liebe Audi85, zunächst freut es mich, dass Ihne mein Forum gefällt und Sie schon ein paar Anregungen für sich nutzen konnen! Insgesamt haben Sie, Ihr Kleiner und die Kollegen vor Ort ja schon einer wirklich großartigen Job gemacht und sehr viel erreicht. Das macht sicher vielen anderen Eltern, die Ihren Post lesen, Mut! Sie können alle zu Recht stolz auf sich sein. Ihren Wunsch nach einer weiteren Verbesserung der Tagesschläfchen und des Stillens kann ich dennoch gut verstehen und für mich wäre das auch der nächste logische Schritt. Wichtig ist jedoch, dass alle Hand in Hand arbeiten, d.h. ich kann hier nur eine Anregung liefern, aber die Behandlung sollte in Hand der Kollegen vor Ort bleiben, die Sie und Ihr Kind ja viel besser kennen als ich. Doch ich denke, darum geht es Ihnen auch, oder? Grundsätzlich ist die Einführung auch von festen Tagesschlafzeiten sehr empfehlenswert. Nicht, weil man die Kinder dadurch in ein Korsett zwingen oder zum richtigen schlafen "erziehen" will, sondern um ihnen zu helfen,dass: (a) sich die zwei Säulen des Schlafs, die circadiane Rhythmik und die Schlafhomöostase gut einpegeln und ihr Kind durch diese innere Uhr und die entsprechenden physiologischen Vorgänge des Wachens und Schlafens gestützt wird, selbst zu Ruhe zu kommen und müde wird, wenn Schlafenszeit ist. und (b) dass Ihr Kind sich lernt, im Alltag zu orientieren und zur Ruhe zu kommen, da es immer mit einem vorhersehbaren Ablauf kontrontiert wird, der eben nur wenig Irritation für die Sensibelchen beinhaltet. Ein feste Mittagsschlafzeit ist daher ein idealer Tagesgliederungspunkt. Sehen Sie es als Angebot an Ihr Kind, was Sie jeden Tag wiederholen. Mal wird dieses Angebot angenommen, mal nicht. Das wird anfangs einfach so sein, denn Schlaf ist bildlich gesprochen wirklich ein "Gewohnheitstier" und reagiert sehr träge auf Umstellungen. Kleine "Hasenschläfchen" vormittags und ggf. auch nachmittags sind noch normal und werden mit der Zeit abnehmen, so dass sich dann eine Mittagsschlafzeit festigt. Was das Stillen betrifft, habe ich derzeit auch keine andere Idee als es in den festen Tagesablauf einzubinden. D.H. bieten Sie zu festen Zeiten / größeren Abständen die Brust an, und versuchen Sie ihn schon anzulegen, wenn er noch nicht komplett müde und / oder hungrig ist. Leider haben Kinder mit Regulationsschwierigkeiten oft auch ein nicht so gut funktionierendes Rückmeldesystem zwischen Hunger und Sättigung. In Studien konnte etwa gezeigt werden, dass Sie auf Glucosegaben nur solange positiv reagierten, wie die Gabe erfolgte, danach aber im Gegensatz zu den anderen Kindern keine Sättigung zeigten. Stillen nach Bedarf ist daher toll, aber bei Kindern mit diesen Störungen manchmal wirklich schwierig. Diese Kinder wollen einfach gern permanent an die Brust und zwar nicht nur temporär zur Milchmengensteigerung (Clusterfeeding). Leider ist eine Umstellung auf einen festen Rhythmus immer ein wenig Fummelei und letztendlich hilft es, auf längere Stillabstände langsam hinzuarbeiten, ohne dabei allzuviel Druck für sich zu schaffen. Fragen Sie doch ansonsten mal im Stillforum nach. Vielleicht haben die Kolleginnen dort ja noch einen Tipp. Und zu guter Letzt: Stellen Sie sich mindestens einmal täglich vor den Spiegel und klopfen Sie sich auf Ihre Schulter! Sie leisten ennorm viel und Ihr Kleiner wird ungemein von Ihren Bemühungen profitieren, dessen bin ich sicher! Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg auf Ihrem wirklich hervorragenden Weg! Herzlichst, Ihre Meike Bentz


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