Frage im Expertenforum Kinderarzt an Dr. med. Andreas Busse:

Muss ich mir um die Bindung zu meinem Kind sorgen machen?

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Frage: Muss ich mir um die Bindung zu meinem Kind sorgen machen?

Betu123

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Sehr geehrter Herr Dr. Med. Busse, unsere 20-Monate alte Tochter ist eigentlich ein aufgewecktes, unkompliziertes Mädchen, das gerne in die Tagespflege geht und dort auch ganz normal mit den anderen Kindern spielt, bzw. auch eine gute Bindung zur Tagesmutter aufgebaut hat. Jedoch hat sie, bis auf 2, 3 Mal, nie geweint, wenn wir uns von ihr verabschiedet und sie in der Tagespflege abgegeben haben. Mittlerweile sagt sie sogar "Tschüss" und schließt eigenhändig die Tür vor unserer Nase zu. Es scheint sie also nicht großartig zu jucken, dass wir von ihr weggehen. Die Tagesmutter sagt, Weinen beim Abschied ist ein Zeichen einer guten sozialen Bindung zwischen Eltern und Kind. Allerdings freut sie sich auch, wenn wir sie abholen und kommt meistens freudig strahlend auf uns zugerannt. Sie fremdelt mittlerweile auch ggü ihr unbekannten Gesichtern sehr. Manchmal ist es auch problematisch, nur den Müll herunter zu bringen oder eine Zimmertüre zu schließen, da dies sofort zu Entrüstung und Schreien führt. Die letzten zwei Tage hatten wir sie bei der Familie zum Aufpassen abgegeben, da mein Partner und ich einen 2-Tägigen Ausflug gemacht haben. Allerdings hatten wir beim Wiedersehen den Eindruck, dass sie gar nicht richtig zu uns zurück wollte und hat versucht, alleine wieder zurück ins Auto zu steigen. Als wir im Sommer mit ihr im Park oder im Freibad waren, ist sie manchmal weit von uns weggelaufen, ohne jegliche Angst, manchmal locker 60 80 m, ohne sich umzudrehen oder verunsichert zu sein. Im Freibad ist sie manchmal ständig zu anderen Leuten gerannt, einmal zu einer Mutter mit ihren zwei größeren Kindern und hat sich dort seelenruhig niedergelassen, um Kekse abzustauben und dort herumzuklettern, was beim ersten Mal ganz witzig war, aber nach dem 3. 4. Mal unangenehm wurde und mich stutzig macht, da m. E. ein kleines Kind in dieser Situation eher die Nähe der Mutter sucht. Mit uns alleine hat sie in letzter Zeit immer mal wieder Wutausbrüche, weil wir ihr etwas wegnehmen müssen, was nicht in Kinderhände gehört, oder weil wir nicht alles zu lassen können, was sie sich gerade in den Kopf gesetzt hat. Seitdem sie 6 Monate alt ist, gehe ich schon wieder arbeiten. Mein Mann blieb also mit ihr den Rest der Zeit zu Hause. Leider ist er nicht immer hochmotiviert, sich mit ihr zu beschäftigen und zieht meist TV oder Smartphone einem Spielplatzbesuch vor. Seitdem unsere Tochter ca 1 Jahr ist, geht sie zur Tagespflege und das hat sie wie gesagt schon immer sehr gemocht. Sie hat aber z. B. dann herzzerreißend geweint, als sie sich von ihrer Oma, also meiner Mutter, nach einer Übernachtung dort, trennen musste. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir als Eltern keine besonders starke Bindung zu unserer Tochter aufbauen konnten und das sie sich nicht richtig wohl fühlt. Manche Punkte sprechen dafür, manche dagegen. Leider bin ich auch in meinem aktuellen Beruf ziemlich eingebunden und das belastet natürlich eher die Beziehung zu meiner Tochter. Ist ihr scheinbar unabhängiges und extrovertiertes Verhalten auf ihren Charakter zurückzuführen, oder müssen wir etwas ändern? Ich hoffe, Sie können uns in diesem Thema beraten. Mit freundlichen Grüßen


Dr. med. Andreas Busse

Dr. med. Andreas Busse

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Liebe B., dass Ihre Tochter sich auch auf die Betreuung durch andere bekannte und konstante Bezugspersonen einlassen kann, zeigt viel eher, dass sie ein stabiles Selbstvertrauen hat, das man nur aufbauen kann, wenn man zu den Eltern eine gute Bindung hat. Hören Sie einfach auf, sich solche "grundsätzlichen Fragen" zu stellen und nützen Sie einfach die Zeit, die neben dem Beruf bleibt, um sich intensiv mit ihrer Tochter zu beschäftigen, gemeinsame Dinge zu tun, sie zuhause mithelfen zu lassen,......... Natürlich sollte auch der Papa da mit eingebunden sein, und ein Gespräch darüber, wie toll es doch sein könnte, wenn er sich mit seiner Tochter statt mit anderen Dingen beschäftigt, wäre sicher hilfreich. Alles Gute!


Tija89

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Meine kleine ist 19 Monate und verhält sich ähnlich. Sie läuft gern weiter weg ohne sich umzusehen, sie geht gern zu anderen Leuten um essen abzustauben, sie bekommt auch nur Zuhause Wutanfälle - dies kann aber auch auf eine gute Eltern-Kind-Bindung deuten. Sie laufen weit, weil sie wissen, dass Mama und Papa überall auf sie aufpassen und bekommen nur Zuhause Wutanfälle, weil sie Zuhause so sein können wie sie sind. Ich gehe erst wenige Tage im Monat arbeiten, wenn ich sie hier bei Oma abgeben, bin ich auch abgeschrieben - Oma ist jetzt einfach interessanter - beim abholen, weint sie oft, weil sie mich doch vermisst hat und mir das mitteilt. Sie ist ein Mamakind, sobald ich da bin hängt sie nur an mir, an manchen Tagen darf mein Mann sie nicht mal hoch nehmen. Also würde ich mir nicht so viele Gedanken machen, solltest du aber doch große Sorgen haben, stell dich bei deinem Kinderarzt vor, er kann dich vielleicht eher beruhigen. Alles Gute.


Windpferdchen

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Wollte auch gern kurz etwas dazu sagen: Die Bindungstheorie wird von den meisten Müttern falsch verstanden, bzw. sie kennen sie gar nicht wirklich. Du verwechselst da vielleicht ebenfalls etwas: Es ist normal und sogar gut für kleine Kinder, wenn sie verschiedene Bezugspersonen haben. Sie profitieren davon sehr, sie dürfen ruhig drei bis fünf unterschiedliche Menschen haben, denen sie vertrauen. Es ist daher ein gutes Zeichen, wenn Deine Maus beim Abschied nicht weint. Sie fühlt sich sicher. Auch dass die Wiedersehensfreude sich in Grenzen hält, ist normal. Das ist bei sehr vielen kleinen Kindern so. Denn: Kleine Kinder können schwer von einer Situation auf die nächste umschalten. Wenn Deine Maus bei der Familie ist, ist sie GANZ dort. Wenn Ihr sie abholen kommt, fällt es ihr schwer, inh. von kurzer Zeit auf Euch „umzuschalten“, also innerlich ganz zu Euch überzuschwenken. Diese Übergangs-Momente sind für kleine Kinder schwierig. Sie hängen oft noch länger in der alten Situation fest, bevor sie sich auf die neue einstellen. Das sieht nach außen hin z. B. so aus, als ob sie die auftauchenden Eltern nicht besonders beachten würden. Sie müssen sich aber einfach erst aus der einen Situation lösen und auf die neue einstellen. Viele kleine Kinder - auch meine damals - zeigen daher nur verhaltene Wiedersehens-Freude. Die wird meist stärker, wenn die Kinder älter (und damit innerlich flexibler) werden. Das wird auch bei Euch noch kommen. Damit ein Kind eine wirklich beschädigte Bindung entwickelt, müssen sehr viele und wirklich schwerwiegende Dinge passieren. So haben Kinder aus schwer gestörten, dysfunktionalen, gewalttätigen usw. Familien tatsächlich manchmal Bindungsstörungen. Das hat aber mit Euch, Eurer Familie und Eurer Situation wirklich rein gar nichts zu tun. Es ist schade, dass die berühmte Bindungstheorie gerade bei Müttern oft wieder neue Schuldgefühle und Ängste auslöst. Mütter vertrauen sich selbst wenig, und die Psychologie versucht seit 100 Jahren (seit S. Freud) sehr erfolgreich, Frauen Schuldgefühle zu machen. Vertraue Dir selbst etwas mehr! Du und Dein Partner seid genau die Eltern, die Eure Tochter will! Ihr müsst übrigens dafür auch nicht perfekt sein, Ihr dürft authentisch sein. Ihr dürft auch mal genervt, schlecht gelaunt, ungerecht oder ungeduldig sein - wenn Ihr ansonsten liebevolle Eltern seid. Da Ihr Eure Maus sehr liebt und Euch viele Gedanken um sie macht, seid Ihr absolut prima Eltern! Dass sie problemlos bei Tagesmutter oder Familie bleibt, zeigt, wie stabil und sicher gebunden sie ist. Dass sie mehrere gute Bezugspersonen hat, denen sie vertraut. Dass ihr Urvertrauen völlig intakt ist! LG


LEXlo

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Ich sehe das auch so. Wenn man das Kind problemlos abgeben kann zeigt dsss doch nur dass dein Kind dir vertraut dass du es wieder abholst. Für mich wäre weinen eher ein Zeichen dass das Kind Angst hat ohne dich, allein da bleiben zu müssen. Bei uns ist das ähnlich aber ich finde das super dass es problemlos klappt und würde die Liebe und Bindung meinem Sohn mir gegenüber nie Anzweifeln, da sie super intakt und stark ist, denke das wissen wir beide :) Und es gibt einfach selbstbewusste Kinder die vom Charakter so etwas leichter wegstecken als andere


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