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wie gut ist die Muttersprache noch wenn länger im Ausland

Thema: wie gut ist die Muttersprache noch wenn länger im Ausland

Schönen guten Abend ! Habe gestern seit längerem wieder mal hier im Forum gelesen und bin bei dem 'Englisch zum Abendessen' Beitrag hängengeblieben. Das Argument, dass man als Muttersprachler seinem Kind die Sprache richtig beibringt, hat mich heute beschäftigt. Ich bin jetzt 6 Jahre in Schweden und habe immer mehr das Gefuehl, dass ich meine Deutschkenntnisse verliere - das ist nichts was in einer alltäglichen Unterhaltung auffällt, aber das etwas niveauvollere Deutsch geht schrittweise verloren. Ich werde unsicher in der Rechtschreibung, schriftlichen Formulierungen und bitte fragt mich nicht nach irgendwelchen unregelmässigen Vergangenheitsformen. Eine deutsche Freundin, die lange in Schweden gewohnt hat und wieder nach D zurueckgezogen ist, hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass ich schwedische Redewendungen eingedeutscht gebrauche. Vor kurzem hat mich dann mein Mann (Schuldeutsch in England und 3 Jahre Selbstunterricht) bezueglich dem (!) Genitiv verbessert. Zum die Sprache auffrischen reicht die Zeit einfach nicht. Lange Rede, kurzer Sinn... obwohl ich Muttersprachler bin, kann ich unseren Töchtern wahrscheinlich doch nur ein mittelmässiges Deutsch beibringen. Wie seht Ihr die Sache? lg, Alexandra

von baby_im_juli am 03.12.2010, 22:01



Antwort auf Beitrag von baby_im_juli

Ich wohne jetzt seit 10 Jahren in Schweden. Mein Deutsch halte ich "fit" indem ich sehr viel und sehr vielseitig lese. Die Familiensprache ist allerdings auch deutsch (bin Alleinerziehend). Und wir sind mindestens 3 Mal in Jahr in Deutschland. Also, ich habe da keine Bedenken :-) Für mich sind Bücher der Schlüssel - ob es nun deutsch, schwedisch oder englisch ist. Hälsningar, Jennifer

von JenL am 04.12.2010, 12:08



Antwort auf Beitrag von baby_im_juli

Naja, nach 15 Jahren Suedafrika ist mein Deutsch auch nicht mehr so ganz das, was es mal war - ich denke, es ist ganz normal, dass man nach einer gewissen Zeit die Eigenheiten der Umgebungssprache einbaut. Trotzdem sollte das dich auf keinen Fall davon abhalten, deinem Kind deine Muttersprache beizubringen - sobald du die Sprache wieder mehr gebrauchst, wird sie wieder besser werden. LG Connie

von streepie am 04.12.2010, 21:49



Antwort auf Beitrag von streepie

Mittelmaessiges Deutsch ist besser als gar keins ;-)

von streepie am 04.12.2010, 21:49



Antwort auf Beitrag von streepie

Das Problem kenne ich auch, ich lebe seit knapp 16 Jahren im Ausland und gerade bei manchen Präpositionen oder bestimmten Ausdrücken habe ich urplötzlich ein Brett vorm Kopf. Da hilft nur ständig drauf achten und gegen zu korrigieren bzw. wirklich hart an sich zu arbeiten. Auch wenn man wenig Austausch mit anderen Deutschen hat: jede Kleinigkeit hilft - Bücher, Zeitungen, Fernsehen, DVDs... LG Katia

von Kaka_b am 05.12.2010, 00:09



Antwort auf Beitrag von baby_im_juli

es gab eine zeit in meinem leben, die dauerte so ca. 5 jahre, da habe ich meine muttersprache "vergessen". ich hatte keinerlei gelegenheit, sie zu pflegen, war dann auch vollkommen in der ersten fremdsprache zu hause. das hatte nicht nur negative auswirkungen, denn so war es mir möglich, mich in die topliga der ersten fremdsprache zu befördern, was beruflich unheimliche vorteile mit sich brachte. als dann mein erstes kind auf die welt kam, stellte ich - genau wie die ausgangsposterin - fest, dass ich mittlerweilen ganz schön mühe hatte, mich in der muttersprache auszudrücken. ich gewöhnte mir dann an, regelmässig auf deutsch zu schreiben und zu lesen - es dauerte denn auch nicht lange, bis es wieder gut klappte. ich denke, es ist wie fahrrad fahren. man verlernt es nicht wirklich, aber es braucht ein paar proberunden, bis man es wieder gut kann. internet ist eine wunderbare erfindung, was früher mit teils grossem aufwand betrieben werden musste, ist heute nur eine klicklänge entfernt: lesen, hören, schreiben .... kann man problemlos via netz und fürs sprechen gibt's das beste überhaupt: das eigene kind. nur mut, das wird schon wieder! alles gute.

von Chatilia am 05.12.2010, 10:00



Antwort auf Beitrag von Chatilia

... habe ich. Den Fahrradfahrvergleich finde ich gut :-), und das Internet ist in der Hinsicht wirklich genial : Nur Mut!!!

von MM am 07.12.2010, 14:53



Antwort auf Beitrag von Chatilia

.. ich lebe auch seit acht Jahren in Deutschland, und obwohl ich regelmäßig Griechenland besucht habe, hatte ich den Eindruck ich konnte mich in manchen Sachen (gerade was den Job betraf) besser auf Deutsch ausdrücken als auf Griechisch. Ich hatte etwas Panik bekommen und war ganz froh als mein Sohn auf die Welt, dass ich entlich einen Gesprächspartner in meiner Mutterspache bekommen würde..... Mittlerweile ist noch nummer zwei auch da und merke, ich kann mich doch wieder auf Griechisch besser äußern . Also den Kontakt mit der Muttersprache aufrecht halten! Grüße Dorina

von Dorina am 07.12.2010, 20:19



Antwort auf Beitrag von baby_im_juli

Es gibt sicher einen schleichenden Verfall, aber durch dt. Literatur und dt. Fernsehen laesst er sich zumindest teilweise aufhalten. Literatur kann im uebrigen viele Quellen haben, ich habe meinem Sohn (7) dieses Jahr einen Adventskalender zum Vorlesen gekauft (Der geheimnisvolle Adventskalender), der eine sehr schoene Sprache, Duktus und einen ausserordentlich reichen Wortschatz hat. Das macht einfach Spass zu lesen. Im uebrigen denke ich, wie eine meiner Vorschreiberinnen, dass man seine Muttersprache nicht richtig verlernen kann. Sofern man ueberhaupt etwas sprachinteressiert ist, wird man sich schnell wieder einfinden, sobald man der Sprache wieder mehr ausgesetzt ist (jetzt fiel mir doch gerade nicht ein, wie man "exposure" am besten ins Deutsche uebersetzt ;-)) Gruss FM

von Foreignmother am 05.12.2010, 19:29



Antwort auf Beitrag von Foreignmother

...gebürtiger Ägypter kam vor ca. 50 Jahren als junger Mann nach Deutschland... Eifrig bemüht sich zu integrieren und mangels ägyptischen Gesprächspartnern in der Umgebung (und vor 50 Jahren bist du ja auch nicht "mal schnell" per LastMinute in die Heimat oder hast "mal eben" angerufen) war sein Ägyptisch nach ca. 5 Jahren auf einem Stadium, dass er -seine eigener Aussage nach- überlegen musste, bevor er was sagte. Aber: eine tief verwurzelte Sprache (und das ist Muttersprache nunmal) verlernt man nicht wirklich....man hat sie nur evt. nicht "an der fordersten Front". Als er beruflich hier Fuß gefasst hatte, sich also Heimaturlaube leisten konnte, wurde das auch wieder besser. Dazu kam eben dann die Phase der arabischen Zeitungen in Deutschland...er fand ägpytische Freunde hier usw. usf....verlernt war es also nie, nur verschüttet. heute spricht er ausgezeichnetes Deutsch (wenn du ihn nicht siehst, glaubst du nicht, dass er eigentlich Ausländer ist), mit sehr viel Norddeutschem Klang in der Stimme und den Ausdrücken...dreht sich um und redet mit seinen Freunden auf Ägyptisch-Arabisch weiter.... Also eigentlich genauso, wie wir es uns alle für unsere mehrsprachigen Kinder wünschen. Lange Rede - kurzer Sinn: schau, dass du im Alltag deine Muttersprache wach hältst....mit lesen, Fernsehen, was-auch-immer....und auf jeden Fall solltest du mit deinen Kindern Deutsch reden: 1. du hast ja vermutlich Verwandtschaft in Deutschland, mit denen sich die Kinder ohne Dolmetscher unterhalten können sollten....2. je mehr DU im Alltag Deutsch sprichst, desto lebendiger (im wahrsten Sinne des Wortes) bleiben deine eigenen Sprachkenntnisse...

von Amula am 06.12.2010, 18:25



Antwort auf Beitrag von baby_im_juli

Zitat: "bezüglich dem (!) Genitiv" Nein. Laut Duden: be|züg|lich (Papierdt.): in Bezug auf; wegen; über: b. seines Planes hat ... Lass dir nichts einreden. Ihr alle hier schreibt besser als sehr viele Leute hier in den Foren.

von Carmar am 22.12.2010, 21:22