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wie gut können Eure (älteren) Kinder die Nicht-Umgebungssprache?

Thema: wie gut können Eure (älteren) Kinder die Nicht-Umgebungssprache?

Hallo und guten Abend, wir haben 2 Kinder (5 und 3 J.) und 3 Sprachen im Haus (Muttersprache Deutsch, Vatersprache Englisch und Umgebungssprache Schwedisch). Wir reden unsere jeweilige Sprache mit den Kindern. Die Kinder tun sich nicht schwer mit den Sprachen, verstehen alles, sind aber doch klar im Schwedischen "zu Hause". Die Ältere kann relativ gut Deutsch und Englisch reden, hat aber einen klaren nichtenglischen Akzent im Englischen und die Kleine antwortet eigentlich immer auf Schwedisch. Frage mich wie sich das unter der Schulzeit entwickelt. Kann man denn dadurch, dass man daheim die Nicht-Umgebungssprache redet, ab und zu nach Deutschland oder England fährt und entsprechende Buecher/Filme bereit hält, die Kinder dazu bringen die Sprachen einigermassen fluessig zu reden? Oder sollte man auch versuchen richtigen Sprachunterricht mit den Kindern machen? Deshalb wuerde mich interessieren, wie gut Eure Teenagerkinder die Nicht-Umgebungssprache können und was Ihr genau zum "Spracherwerb" gemacht habt. Gruesse aus dem Norden, Alexandra

von baby_im_juli am 10.09.2013, 21:13



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Hallo, wir waren 9 Jahre in den USA, was für meinen Sohn die Zeit von 3 bis 12 Jahren umfasste. Ich behaupte zu sagen, dass er auch nach der langen Zeit die deutsche Sprache immer noch ein wenig besser beherrscht hat als Englisch. Vielleicht 52 zu 48 %. Bei meiner Tochter (in den USA geboren und bis 8 Jahre dort gelebt) war es umgekehrt - Englisch war ein klein wenig besser. Meine Kinder sind neben der normalen amerikanischen Pubilc School einmal wöchentlich nachmittags auf eine Deutsche Sprachschule gegangen, wo sie nach Lehrplan Bayern deutsch lesen und schreiben gelernt haben. Wir haben natürlich zu Hause deutsch gesprochen und sind einmal im Jahr nach Deutschland geflogen. Insofern war die Eingliederung ins Deutsche Schulsystem (damals 3. und 7. Klasse Gymnasium) kein nennenswertes Problem. MamaUSA

von MamaUSA am 10.09.2013, 22:21



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Hallo Alexandra, meine Teenagetochter ( 17 ) spricht fließend türkisch, welches die nichtumgebungssprache hier in D ist, das liegt aber daran, daß wir bis vor 3 Jahren da gewohnt haben und sie natürlich zur Schule gegangen ist usw. Als wir dort gelebt haben, habe ich ihr auch Deutsch beigebracht, damit sie es kann, wenn wir bei meiner Familie sind usw. Ich habe einmal die Woche mit ihr 1 Stunde Unterricht gemacht und sie ansonsten öfter mal deutsche Filme sehen lassen und ihr spannende deutsche Bücher gekauft. das hat alles ganz gut geklappt. Viele Grüße Derya

von Deryagul am 11.09.2013, 01:00



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Unser Sohn ist noch klein, deshalb weiss ich nicht, wie viel er von den Nichtumgebungssprachen sprechen wird, wenn er zur Schule geht. Sein Deutsch ist aber deutlich schwächer, trotzdem ist er dran interessiert. Mir ist klar, dass sich das schnell ändern kann. Ich weiss von vielen Bekannten, dass deren Kinder die Umgebungssprache bevorzugen - das war bei mir letztlich in der Schulzeit genauso (bin selber zweisprachig aufgewachsen). Ob Schulunterricht daran viel ändert, weiss ich nicht, da ich selber keinen geniessen durfte. Mindestens sollte man die Alphabetisierung in allen passiv bekannten Sprachen anbieten, das ist meine Überzeugung. Der Rest ist stark abhängig von der inneren Einstellung, die das Kind zu den Sprachen und seiner Mehrsprachigkeit entwickelt. Ich glaube, dass man diese Einstellung nur zum Teil beeinflussen kann. Vieles ist auch eine Frage der individuellen Begabung, Motivation, sowie des Umfeldes (Verhalten von Nachbarn, Mitschülern, Lehrern, Grosseltern). Und letztlich ist es doch auch die freie Entscheidung des jungen Menschen, welche Sprachen er sprechen möchte und welche nicht - in welchen Kulturen er zu Hause sein will, womit er sich identifiziert. Ich selber habe das so empfunden, als ich in der Pubertät war. Ich wurde nie gezwungen oder ermahnt, die schwächere Sprache zu sprechen, ich wollte es irgendwann von allein. Und ich glaube, dass man bei mir mit Druck eher das Gegenteil bewirkt hätte. Eine positive Einstellung zu allen Sprachen zu vermitteln - durch Reisen zeigen, dass woanders die Mehrheitsverhältnisse andere sind - das ist für mich die angestrebte Strategie. K

von Kacenka am 11.09.2013, 08:59



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Hej allesammen! Meine Große (20) ist von kleinauf ein bewußtes Sprachenkind und spricht Dänisch (Umgebungssprache) und Deutsch (Nicht-Umgebungssprache, ich bin die einzige, die dies hier vermittelt, aber Familiensprache Deutsch) auf sehr hohem Niveau fließend. Ich wage zu behaupten, gleich gut und gleich gerne. Meine jüngere Tochter (17) spricht beide Sprachen fließend, kann sich gut ausdrücken, aber einen Tuck besser in der Umgebungssprache. Sie ist ken Sprachkind, sie bevorzugt auch die Umgebungssprache,setztaber niemals ein Fragezeichen daran, daß wir zusammen Deutsch reden (oder jetzt, wo sie nicht zuhause wohnt, smsen) Beide Kinder haben - so versichern mir oft Deutsche (oder manchmal auch Dänen ) - keinen Akzent. Dt. Besuch nahm mit den Jahren deutlich ab hier, unsere Reisen nach Dtld. beschränken sich inzwischen auch auf 1-2x pro Jahr. Meine Kinder haben lange (dt. und dän.) vorgelesen bekommen; sie lesen selber in beiden Sprachen,wir haben dt. Filme angeschaut und eben ansonsten deutsch gesprochen (außer, es waren Dänen zugegen, die am Gespräch teilnehmen sollten. Deutsch wird in Dk als fremdsprachenunterricht angeboten (Wahlfach), es hat beiden allerdings außer Langeweile nicht viel beschert. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 11.09.2013, 09:34



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Der "Erfolg" in der Nicht-Umgebungssprache haengt sicherlich von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt davon, wie man diesen "Erfolg" definiert. In unserer Familie ist deutsch die Nicht-Umgebungssprache, mein Mann spricht und versteht sie nicht, sie kann daher nicht Familiensprache sein. Solange die Kinder noch Babys/Krabbelkinder waren, hab ich eigentlich immer deutsch mit ihnen gesprochen, egal wer dabei war. Das hat sich mit den Jahren aber aendern muessen, kein deutsch mehr sobald Daddy in Hoerweite war. Entsprechend hab ich ausserhalb der Familie Unterstuetzung organisiert. Zuerst eine Krabbelgruppe fuer deutsche Kleinkinder, dann einen Kindergarten und Schule. Vom Kindergarten hat nur meine juengere ein Jahr lang profitieren koennen (2 halbe Tage/Woche), von der Schule leider keines meiner Kinder, weil sie am anderen Ende der Stadt liegt. Wir haben ein Jahr lang versucht die Kinder in die deutschen Samstagsschule zu schicken. Das haben wir aber nicht verlaengert, weil es sich mit anderen Aktivitaeten ueberschnitt und die Lehrerin einen sehr altmodischen Unterrichtsstil hatte, den meine Tochter gar nicht mochte. Ich habe dann weitere schulische Versuche mit deutsch aufgegeben, weil die Kinder dann sehr negativ reagiert haben. Ich habe mich dann auf mehr kulturelle Veranstaltungen verlegt, die Kinder z.B. lange zum Laternenumzug mitgenommen bzw. als sie aelter wurden als freiwillige Helfer bei der Organisation mit einbezogen. Natuerlich hab ich immer deutsche Buecher im Haus gehabt und nur auf deutsch vorgelesen (taeglich bis sie ca. 10 Jahre alt waren). Der Vater war fuer englisches Vorlesen zustaendig. Deutsche DVDs waren auch immer da und wurden gerne gesehen. Wir hatten auch eine ziemlich grosse Comic Sammlung, weil das das einzige war, was zumindest die grosse mal ansatzweise selber lesen wollte. Als sie Teenager wurden, haben wir sie auch jeweils einen Sommer mal alleine zu einer befreundeten Familie nach D geschickt. Sie sind auch beide mal ein paar Wochen in eine deutsche Schule gegangen. Bei der aelteren hat das super funktioniert, bei der juengeren war es eine Katastrophe. Ergebnis: Sie koennen beide deutsch gut verstehen, sprechen nur mit Fehlern, allerdings ziemlich akzentfrei, und nur wenn sie muessen. Ich rede deutsch mit ihnen, sie antworten auf englisch. Schreiben kann keine, die grosse mag zumindest gelegentlich mal auf deutsch lesen. In erster Linie Fussballzeitschriften ;-) Das Interesse an der deutschen Sprache ist auch unterschiedlich. Die aeltere (jetzt fast 18) ist mehr interessiert, vielleicht auch weil sie sehr sportlich ist und ein grosser Bayern Muenchen Fan. Die juengere (15) hat kein grosses Interesse, wuerde lieber japanisch lernen wollen, denk ich mal. Gruss aus Calgary, Canada Beatrix

von Beatrix in Canada am 11.09.2013, 16:50



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Wir wohnen in fr. CH und die Familiensprache mit unserem Sohn (10) ist Deutsch. Nach meiner Meinung spricht er gut deutsch, er liest und schreibt mit guter Rechtschreibung. Ich weiss allerdings nicht, wie sein Wortschatz im Vergleich mit gleichaltrigen einsprachigen Kindern waere. Wir tun sehr viel fuer die Mehrsprachigkeit, weil ich nicht denke, dass Kinder "ganz von alleine" Sprachen (wirklich) lernen. Bei uns gibt es zuhause sehr viel deutsche Lektuere, dazu deutsche Hoerbuecher, deutsche Sendungen ueber DVD oder den Computer (Podcasts der oeffentlich-rechtlichen Sender). Wir haben auch mal ein Jahr lang die Deutsche Fernschule in Anspruch genommen. Das Programm war sehr gut, war allerdings im Zusammenspiel mit dem anderweitigen Programm zu zeitaufwaendig, daher haben wir es wieder aufgehoert. Da wir zuhause alle Deutsch sprechen, spricht unser Sohn mit uns auch nur Deutsch und mag es auch nicht, wenn ich (z.B. im Gespraech auch mit anderen) ihn auf franzoesisch oder englisch anspreche. Gruss FM

von Foreignmother am 12.09.2013, 14:20



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Hej FM! "Da wir zuhause alle Deutsch sprechen, spricht unser Sohn mit uns auch nur Deutsch und mag es auch nicht, wenn ich (z.B. im Gespraech auch mit anderen) ihn auf franzoesisch oder englisch anspreche." Hier mußte ich lächeln, denn meine Älteste mag es auch nicht. Sie versteht sehr wohl, daß wir es aus Höflichkeit machen, aber manchmal bekam ich einen Puff oder genervten Blick oder gar eine kleine "Ansage" ("Mo-ar!!"), wenn ich bei kleinen Sachen nicht doch ins Deutsche wechselte... Witzig. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 12.09.2013, 21:21



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Bei mir ist das auch so, dass ich durch meine Arbeit viel Franzoesisch und Englisch spreche und abends noch so im Trott bin, dass ich nicht immer gleich auf Deutsch umschalte (vor allem von Englisch auf Deutsch, da ich beides gleich gut spreche). Da wird mir dann aber auch deutlich gemacht, dass das nicht gewuenscht wird. Gruss FM

von Foreignmother am 13.09.2013, 13:22



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Was habt ihr denn fuer Erfahrungen damit? Bringt es mehr als irgendwelche Schulbuecher selbst durchzuarbeiten? Wie ist der Arbeitsaufwand in den Grundschulklassen? Gruesse, Alexandra

von baby_im_juli am 14.09.2013, 11:50



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Hallo, Zur Deutschen Fernschule: Das ist ein richtiger Deutschunterricht wie in der Schule, nur mit dem Unterschied, dass Du die Lehrerin bist. In der Zentrale gibt es fuer jedes Kind eine Lehrerin, die fuer das Kind zustaendig ist und Tests etc. bewertet und regelmaessige Nachrichten schreibt, aber die Hauptverantwortliche bist Du (bzw. jemand in der Familie). Wir haben damals das 2. Schuljahr mit denen gemacht. Es gab 200 Lektionen a ca- 45-60 Minuten, die durchgemacht werden mussten, damit es ein Zeugnis gibt. Alle ca. 7-8 Lektionen gab es einen Test, ein Diktat, einen Aufsatz etc., den das Kind schreiben und dann einschicken musste (ging per Brief, ersatzweise auch per email). Ich fand das Programm sehr gut, allerdings brauchte es einfach zuviel Zeit. Wir hatten eben nicht jeden Tag die eine Stunde fuer formellen Deutschunterricht, und das ganze hat zwischenzeitlich zu Spannungen gefuehrt. Deshalb haben wir nach dem zweiten Schuljahr wieder aufgehoert. Es bringt meiner Meinung nach in den unteren Klassen (2./3. Schuljahr) auf jeden Fall mehr als nur ein Schulbuch selber durchzuarbeiten, da die Didaktik mitgeliefert wird, ist allerdings auch sehr arbeitsaufwaendig. Wenn Dein Kind nur Halbtagsschule hat und Du nicht arbeitest, kann es gehen, bei uns mit Ganztagsschule und zweimal Vollzeitarbeit nicht. Gruss FM

von Foreignmother am 16.09.2013, 09:53



Antwort auf Beitrag von baby_im_juli

Wir reden allerdings nur Dt zu Hause, Fernsehen nur auf Dt., gelesen wird in Frz. und Dt. Meine Grosse, 11.5 Jahre, spricht perfekt und schreibt fehlerlos, teilweise besser als ihre Kusinen in Deutschland. Das liegt aber daran, dass sie sehr viele Briefe schreibt, und sie mir immer zum Korrigieren bringt. Ausserdem hat sie in der Schule Deutsch als Fremdsprache, was zwar nichts bringt betreffend Vokabular, betreffend Rechtschreibung aber schon denke ich, weil der Kleine (9), der jetzt erst mit Dt. beginnt in der Schule, noch nicht fehlerfrei Dt. schreibt. Meine Grosse schreibt allerdings auch Frz. fehlerfrei und hat die Bestnote in der Schule. Orthographie liegt ihr scheinbar. LG

Mitglied inaktiv - 14.09.2013, 22:00