Wie hoch schätzen Sie den Schutz gegen Masern nach er ersten Impfung ein?

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger Frage an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger Leitender Arzt Infektiologie / Vakzinologie
Stellvertretender Chefarzt

Frage: Wie hoch schätzen Sie den Schutz gegen Masern nach er ersten Impfung ein?

Sehr geehrter Herr Professor Heininger, ich hatte schon einmal geschrieben wegen der MMR-Impfung für meine Tochter in der Inkubationszeit Ringelröteln. Jetzt hatten meine ältere und meine jüngere Tochter und ich in der Woche vor der Impfung jedoch nur Erkältungssymptome (Schnupfen, etwas Husten und meine jüngere Tochter erhöhte Temperatur bis 37,7 Grad), so dass ich un der Kinderarzt von einer banalen Erkältung ausgingen. Die erhöhte Temperatur war schon seit vier Tagen weg und der Schnupfen fast weg, als dann meine Tochter mit 11 Monaten letzte Woche die MMR+V Impfung bekommen hat. Am Tag nach der Impfung habe ich dann bei ihr einen geschwollenen Lymphknoten am Hals bemerkt, sie hatte auch wieder mehr Schnupfen und hat abends plötzlich wieder Fieber bis 38,5 Grad bekommen Am nächsten Tag hatte sie 36,6 – 37,7 Grad, dann war das Fieber weg und zwei Tage später auch der Schnupfen. Bis heute (8. Tag nach der Impfung) ist auch nichts mehr aufgetreten. Jetzt habe ich aber Bedenken, ob die Impfung (insbesondere gegen Masern) gewirkt hat, weil ich folgende zwei Artikel gefunden habe: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/2013930 ( JAMA 1991 Apr 24;265(16):2095-6: Krober MS et al.: Decreased measles antibody response after measles-mumps-rubella vaccine in infants with colds) und http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17488762 (Arch. Dis Child 2008 Apr;93(4):319-20. Epub 2007 May 8: Egami T. et al. Study of antibody titres after measles vaccination: fever within 7 days of vaccination and efficacy of booster doses) Sie schreiben ja immer, banale Infekte hätten keinen entscheidenden Einfluss auf die Impfwirkung. Die Studien, die ich als Beleg für diese Aussage gefunden habe, betreffen aber alle afrikanische Kinder. Auch in einer in den USA durchgeführte Studie heißt es, dass die Mehrheit der Kinder afrikanischstämmig war. Deshalb meine Fragen: 1.) Gibt es denn außer der einen Studie, die die Wirkung der Masernimpfung in Abhängigkeit vom Impfzeitpunkt in der Erkältungssaison und außerhalb der Erkältungssaison verglichen hat, noch andere gewichtige Belege, dass eine Impfung während eines Infekts oder in die Inkubationszeit eines Infekts, der dann mit Fieber auftritt, die Impfwirkung der Masernlebendimpfung nicht schmälert? (Anhand der Studien, die ich gefunden habe, würde ich bestenfalls annehmen, dass man es nicht weiß, weil sich die Studien widersprechen bzw. nicht so einfach übertragbar sind) 2.) wie hoch würden Sie den Schutz gegen Masern unter den gegebenen Umständen nach der ersten Impfung einschätzen? 3.) Wann würden Sie unter den oben geschilderten Umständen die zweite MMR-Impfung geben? (an unserem Wohnort gibt es immer wieder Masernfälle und ab September werden wir für mehrere Monate wieder keinen völlig infektfreien Zeitpunkt finden, weil meine ältere Tochter aus dem Kindergarten ständig etwas mitbringt) 4.) Würden Sie eine dritte MMR-Impfung angesichts der Tatsachen empfehlen? 5.) Sie schreiben ja auch immer, dass eine Titerbestimmung nach Impfung wenig über den tatsächlichen Schutz aussagt. Die Studien, die eine Impfwirkung (z.B. im Vergleich bei kranken und gesunden Kindern) feststellen wollen, machen aber doch nichts anderes als die Antikkörper im Blut zu quantifizieren und dann anhand eines gewissen Schwellenwerts zwischen geschützt und ungeschützt zu unterscheiden. Kann es sein, dass die Studien deshalb gar nicht so viel über die Schutzwirkung aussagen wie man gerne hätte, weil auch ein Titer unterhalb des Grenzwerts schützend sein könnte? 6.) Wir haben uns ja jetzt zu einer frühen Impfung entschieden. Mich verunsichern allerdings Artikel, wie diese: Serres G. et al.: Largest measles epidemic in North America in a decade--Quebec, Canada, 2011: contribution of susceptibility, serendipity, and superspreading events. J. Infect. Dis. 2013 Mar 15;207(6):990-8. doi: 10.1093/infdis/jis923. Epub 2012 Dec 21. De Defay F. et al. Measles in children vaccinated with 2 doses of MMR. Pediatrics Nov;132(5):e1126-33. doi: 10.1542/peds.2012-3975. Epub 2013 Oct 21. wo für früh das erste Mal Geimpfte die Schutzdauer als geringer festgestellt wird. Kann man denn ggf. auch mit 6 Jahren (mit oder ohne Titerbestimmung vorher) eine weitere Impfung verabreichen und wäre das angesichts der fehlenden Boosterung der Impfung durch fehlende Masernkontakte nicht sowieso sinnvoll? Entschuldigung, das Ganze ist etwas lang geworden, aber mich beschäftigt das Thema sehr, weil wir hier immer wenn ich ein ungeimpftes Kind zuhause habe, einen kleinen Masernausbruch haben …. Vielen Dank Andrea

Mitglied inaktiv - 04.06.2014, 09:54



Antwort auf: Wie hoch schätzen Sie den Schutz gegen Masern nach er ersten Impfung ein?

Hallo Andrea, 1) die Studien die sie zitieren stammen aus Zeiten, als man nur einmal gegen Masern impfte. Mittlerweile wird diese Impfung ja grundsätzlich zweimal verabreicht. Damit wird unter anderem auch dem Umstand Rechnung getragen, dass bei dem einen oder anderen Kind, aus welchem Grund auch immer, die Impfung vielleicht nicht anschlägt. Durch die zweite Dosis wird dies ausgeglichen. 2) vermutlich nicht anders als bei allen anderen Kindern, so dass mit 95 % Schutzwahrscheinlichkeit nach der ersten Dosis gerechnet werden kann. 3) der früheste Zeitpunkt ist vier Wochen nach der ersten Dosis, vorausgesetzt das Kind ist dann mindestens ein Jahr alt. 4) nein. 5) da haben Sie völlig Recht. Im Rahmen von Studien werden Titer gemessen, weil man kein einfacher zu bestimmendes Korrelat für Schutz hat. Auch habe ich immer wieder betont, dass der Titer iim Einzelfall nur eine sehr begrenzte Aussage hat. In Studien, an hunderten von Personen, lassen sich aber doch Trends ablesen. 6) diese Studien aus Kanada haben wir in Fachkreisen im letzten Jahr auch intensiv diskutiert. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass sie aus verschiedensten Gründen nicht ohne weiteres auf Deutschland oder die Schweiz übertragbar sind. Jedenfalls haben sich daraufhin unsere Empfehlungen nicht geändert. Ich kann ihre Sorgen verstehen, alles Gute!

von Prof. Dr. med. Ulrich Heininger am 04.06.2014



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