Frage: Manuelle Ausräumung bei 3-Jährigem?

Sehr geehrter Prof. Dr. Radke, zur Vorgeschichte: Unser 3-Jähriger Sohn hatte seit längerem Probleme beim Stuhlgang: Es schmerzte und er rannte wild durch die Wohnung oder hielt meine Hand, bis es vorbei war. Er hat den Stuhl deshalb oft tagelang zurückgehalten, wenn er eigentlich sichtbar "gemusst" hätte. Unser Kinderarzt empfahl daraufhin Macrogol 4000, welches unser Sohn aber verweigert hat. Wir haben ihm dann nur bei Bedarf (wenn der Stuhlgang mehrere Tage ausblieb) Lactulose verabreicht, die auch am Folgetag immer Wirkung zeigte - oder Microlax, wenn wir den Eindruck hatten, dass er sofortige Erleichterung bräuchte. Da mir ein anderer Kinderarzt aus derselben Praxis einmal gesagt hat, die Frequenz des Stuhlgangs sei individuell unterschiedlich und von zweimal am Tag bis einmal pro Woche Stuhlgang seien im Normbereich, sind wir davon ausgegangen, dass diese Maßnahmen ausreichen, solange unser Sohn eben innerhalb der genannten Zeit Stuhlgang hat und sich dabei nicht quält. Seit ein paar Monaten schien es auch besser zu sein: Er kämpfte deutlich weniger gegen den Stuhlgang an und führte häufiger als vorher ab (zwei- bis dreimal pro Woche statt einmal) sodass wir dachten, auf einem guten Weg zu sein. Aktuelle Situation: Nun waren wir beim Kinderarzt, weil unser Sohn am Wochenende immer mal wieder sagte, dass ihm der Bauch wehtut (wirkte trotz allem fit, also nicht abgeschlagen, appetitlos, lustlos o.ä.) Diagnose nach Ultraschall: Kotsteine, die zum Teil schon auf die Blase drücken. Therapie: Macrogol 4000 3 TL täglich oder - wenn er dies verweigert - 2-Mal täglich Lactulose. In zwei Wochen Ultraschallkontrolle. Wenn es sich bis dahin nicht gebessert hat: Entfernung der Kotsteine unter Vollnarkose in Klinik. Zeit für Fragen bzw. ausführliche Antworten war heute leider nicht. Wir sind geschockt. Zum einen war uns überhaupt nicht klar, dass unser Kind trotz Stuhlgangs verstopft sein kann bzw. Kotansammlungen im Darm verbleiben könnten. Zum anderen hieß es nun, dass er einmal täglich den Darm entleeren sollte - und davon waren wir bislang ja weit entfernt, weil wir eben dachten, es sei individuell unterschiedlich. Die Aussicht auf die angekündigte Prozedur unter Vollnarkose macht mich natürlich fertig - abgesehen von der psychischen Komponente bestehen ja auch Verletzungsgefahren. Natürlich werden wir alles tun, was notwendig ist, damit es unserem Sohn besser geht, wenn die Ärzte dies für notwendig erachten. Unsere Fragen: Nachdem ich mich nun etwas in das Thema eingelesen habe, wüsste ich gerne von Ihnen, ob ... 1. ... zwei Wochen Macrogol oder Lactulose in der genannten Dosierung erfolgversprechend sind, wenn es darum geht, bereits vorhandene Kotsteine bzw. Stuhlverhärtungen an den Darmwänden aufzuweichen und auszuscheiden. 2. ... ob wir nicht durch Microklistiere wie Microlax zusätzlich zur oralen Medikation nachhelfen sollten, bevor eine manuelle Ausräumung infrage kommt. Wenn ja: Wie oft ist so ein Klistier empfehlenswert? 3. ... ob eine manuelle Ausräumung bei Kindern in diesem Alter bei dem Befund üblich ist? 4. ... ob Sie noch Tipps haben, was wir außerdem tun können? Zur Info: Unser Sohn bewegt sich viel, trinkt gut (vor allem Wasser), ist beim Essen aber leider sehr wählerisch bzw. probiert nur sehr ungern neues aus. Gemüse verweigert er zum Beispiel total, selbst Kartoffeln, da hungert er lieber. Obst: Nur Äpfel und Weintrauben. Gerne Nudeln, (Vollkorn-)brot, Fruchtquark. Das Untermischen von Leinsamen o.ä. funktioniert leider nicht, weil er Saucen/Desserts/Breie ablehnt, in denen Stückchen enthalten sind. Herzlichen Dank vorab für Ihre Einschätzung.

von Lalisa am 30.05.2016, 19:36



Antwort auf: Manuelle Ausräumung bei 3-Jährigem?

Ich gehe in solchen Fällen folgendermaßen vor und habe dabei bei allen Kinder Erfolg: 1. Bei Kotsteinen eine sog. ortho- und retrograde Darmreinigung unter Sedierung (keine Narkose). Das heißt gleichzeigt Gaben von Macrogol in hoher Dosis ("von oben" ggf. per Sonde) und wiederholte Spülung des Enddarms. Das geht aber nur in einer Kinderklinik, die sich damit auskennt. 2. Nach erfolgreicher Darmentleerung Gabe von Macrogol in einer indiviuduellen Dosierung (manche Kinder brauchen 1 Beute, ander 3 oder 4!). Diese Behandlung muß täglich ohne Pause für Wochen, Monate, manchmal Jahre durchgeführt werden. 3. Zwischendurch muß eine Diagnostik bezüglich Zöliakie oder Morbus Hirschsprung erfolgen. Alles andere ist leider nur "Stückwerk" und hilft nicht auf Dauer

von Prof. Dr. med. Michael Radke am 31.05.2016