Frage:
Beschäftigungsverbot
Hallo Frau Bader,
Ich habe eine Frage zu den Konsequenzen eines ungerechtfertigt ausgestellten Beschäftigungsverbotes.
Es wird hier immer wieder darauf verwiesen, dass die Frau, die ein nicht rechtmäßiges BV erhalten hat, die Gelder an die Krankenkasse zurückzahlen muss. Was ich nicht verstehe ist, warum die Frau das machen muss.
Mein Gedankengang ist folgender: die Schwangere geht zum Arzt, der ihr aus verschiedenen Gründen ein BV gibt, bzw. der Arbeitgeber sucht keinen Ersatzarbeitsplatz, sondern gibt ein BV. Die Schwangere geht davon aus, dass das alles seine Richtigkeit hat und bleibt zu Hause. Sie vertraut darauf, dass Arzt bzw. Arbeitgeber richtig handeln. Später stellt sich raus, dass der Arzt eigentlich eine AU hätte ausstellen müssen oder der AG doch einen Ersatzarbeitsplatz gehabt hätte. Die KK will das Geld zurück.
Meiner Meinung nach hat die Frau alles richtig gemacht. Arzt bzw. Arbeitgeber haben einen Fehler gemacht. Wenn die Frau nun das Geld zurück zahlen muss, hat sie den Schaden. Meinem Gefühl nach müsste aber der für den Schaden aufkommen, der für den Fehler verantwortlich ist.
Oder ist es tatsächlich so, dass die Frau gegen die Ausstellung eines BVs angehen müsste? Aber was, wenn sie die rechtl. Grundlagen gar nicht kennt?
Vielen Dank für die Erklärung.
VG luvi
von
luvi
am 20.05.2019, 23:52
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Hallo,
nein, hier wird gesagt, dass sie es zurückzahlen muss, wenn sie es erschlichen hat oder in sonstiger Weise ein Verschulden vorliegt.
Wenn sie vom FA/ AG ein BV erhält, trifft sie ja kein Verschulden.
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 23.05.2019
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Ich glaube, das es dann doch auf die werdende Mutter zurückfällt hat mehr damit zu tun, das SIE die versicherte Person ist und damit diejenige, die einen Vertrag mit der KK hat. Logischerweise wendet sich die KK also an den Vertragsnehmer, für den sie zu Unrecht Leistungen übernommen hat.
Ich finde auch, wenn die Versicherte in gutem Glauben gehandelt hat, sollte sie nicht zur Schuldigen und damit Schuldnerin gemacht werden. Aber wie gesagt, ich denke, im Zweifelsfall müsste sie zurück zahlen und dann wiederum den Arzt/AG auf Rückzahlung verklagen. Bin auch gespannt, was Frau Bader dazu sagt.
von
cube
am 21.05.2019, 08:13
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Ich denke auch, dass sie dann erst mal in Vorleistung treten und der KK das Geld zurückzahlen muss und sich das Geld dann hinterher von AG bzw. Arzt zurückholen muss, wenn es deren Verschulden war.
von
Dojii
am 21.05.2019, 08:24
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Ob selbst verschuldet oder unverschuldet, man hat sich ungerechtfertigt bereichert. Es muss also wieder in Ordnung gebracht werden. Bei AU statt BV eben 6 Wochen Lohnfortzahlung und Krankengeld. Aufwand ohne Ende...
Wenn der AG zu viel Gehalt überweist, gibt es auch Fristen in denen er Zahlungen zurückfordern kann.
Sofern eine schwangere Frau nicht durch nachweisbare Lügen an das BV gekommen ist (Angabe falscher Tatsachen) wird ihr nichts passieren... und schon gar keine Verurteilung wegen Betruges folgen ;-)
Wie Du schon sagst, sie ist weder Arzt, noch Jurist...
Ob man bzgl. "Im guten Glauben"... argumentieren kann, weiß ich nicht. Ich persönlich würde mir als Betroffene einen Anwalt nehmen und schauen was man da tun kann.
Schließlich hat der Arzt oder der AG untersagt zu arbeiten. Der Lohnausfall ist also nicht ihr Verschulden. Greift bestimmt einer der vielen Schadenersatzanspruchs-§§.
Ist jetzt alles reine Mutmaßung. Kein Wissen.
von
HeyDu!
am 21.05.2019, 08:56
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Das Geld im BV erhält der Arbeitnehmer aber vom Arbeitgeber, der wiederum fordert es im BV von der Krankenkasse zurück.
Deshalb müsste die KK das Geld doch vom AG zureckfordern.
Ich bin wirklich gespannt, was Frau Bader antwortet.
LG luvi
von
luvi
am 21.05.2019, 11:26
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Hey du,
Das ist auch meine Meinung.
Der AG untersagt der schwangeren Frau zu arbeiten. Er schickt sie nach Hause, und dann soll sie sich ungerechtfertigt bereichert haben? Das passt nicht zusammen. Sie hätte ja ansonsten gearbeitet.
Wenn ich mir vorstelle, ich, als Schwangere, die nicht arbeiten durfte, muss mehrere tausend Euro zurückzahlen... Weil der AG mir ungerechtfertigt ein BV erteilt hat.
LG luvi
von
luvi
am 21.05.2019, 11:31
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Das Problem dürfte weniger sein wenn der AG das BV ausstellt. Eher dann wenn Ärzte das ausstellen. Zumal in den Fällen wo der AG das hätte machen müssen. Oder dort wo eigentlich eine AU fällig gewesen wäre.
Irgendwo in den tiefen dieses Forums ist ein Fall wo die schwangere ein BV hatte und diese auch zwischenzeitlich im KH lag. Spätestens da wäre eine AU angebracht gewesen. Warum auch immer wurde das aber nicht gemacht und du KK hat wohl wie das aufflog das BV angezweifelt und auf Rückzahlung der zuviel erhaltenen Gelder geklagt. Immerhin hätte der AG erst 6 Wochen Lohnfortzahlung dann leisten müssen und im Anschluss eben KG gezahlt werden müssen. Evtl findet ja wer den Thread dazu.
Davon ab gibt es wohl einige Urteile wie das im Falle der Anzweifelung zu laufen hat. Da lese ich aber immer auch nur von Fällen wo der Arzt es ausgestellt hat.
von
Felica
am 21.05.2019, 11:58
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Aber auch wenn der Arzt das ausstellt, geht die Schwangere davon aus, dass das seine Richtigkeit hat. Man vertraut doch dem Arzt, dass dieser korrekt zwischen AU und BV entscheidet.
Ich verstehe ja, dass die Krankenkasse ungerechtfertigt gezahlte Leistungen zurück will. Das möchte ich an ihrer Stelle auch. Mir geht es um die Tatsache, dass die Frau zurückzahlen muss. Der Arzt trifft eine falsche Entscheidung, stellt BV aus und die Frau muss das Geld zurückzahlen. Oder muss sie nur den Unterschied zum Krankengeld zurückzahlen? Denn das hätte sie bei einer AU irgendwann bekommen.
Klar, es gibt Frauen, die das BV ausnutzen und es auch darauf anlegen. Es gibt aber auch andere Fälle. Und die Entscheidung zum BV trifft ja nie die Schwangere selbst sondern Arzt oder Arbeitgeber. Auch wenn die Schwangere darauf abzielen sollte.
von
luvi
am 21.05.2019, 13:09
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Ich bin da wie gesagt bei dir - glaube aber, das es eben (in den Fällen leider) so laufen wird, dass die KK sich mit Rückzahlungsforderungen an die Versicherte wenden wird, die sich dann an den Arzt wenden müsste, um das Geld von diesem wieder zu bekommen.
Als ich damals schwanger war, wusste ich erst mal nix über BV, zumal es keinen für mich ersichtlichen Grund gab, über Nicht-arbeiten-können/dürfen nachzudenken. Hätte der Arzt mir damals eines ausgestellt und gesagt "die Arbeit schadet ihrem Kind", hätte ich ihm das selbstverständlich genau so abgenommen. Ganz ohne Hintergedanken und ohne etwas über die ganzen Zuständigkeiten gewusst zu haben. Und ich bin mir sicher, hätte der AG dies dann auch nicht angezweifelt, hätte ich mich auch nicht weiter schlau gemacht. Wozu auch? Man vertraut doch dem Facharzt, das er weiß, was er da tut und das alles seine Richtigkeit hat.
von
cube
am 21.05.2019, 13:22
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Ich kenne drei Ärzte die grundsätzlich kein BV ausstellen, auch wenn es rechtmäßig und gegeben wäre. Ich denke diese Einstellung hat seinen Grund.
Irgendwas wird auch Ärzten blühen, wenn sie es zu Unrecht ausstellen, daher die Haltung: "Nie ein BV ausstellen, da kann ich keinen Fehler machen."
Man liest ja hier auch oft von Arbeitgebern, die keinen Ersatzarbeitsplatz anbieten können oder wollen und die Karte versuchen dem Arzt zuzuschieben. Also auch die haben Sorge vor Konsequenzen... ;-)
Bestimmt nicht ohne Grund.
Eine klare Antwort zu der konkreten Frage von Luvi, habe ich hier und anderswo noch nie lesen können...
Bin gespannt.
von
HeyDu!
am 21.05.2019, 13:34
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Wenn ich eine Krankenkasse wäre, würde ich mich viel lieber an den AG und/oder den Arzt wenden. Denn kaum ein Privatmensch hat mal eben fünf bis sechs Monatsgehälter auf dem Konto herumliegen, man müßte sich also mit Pfändungsgrenzen, Ratenzahlungen, Stundungen und ähnlichem Gedöns herumschlagen. Beim AG und/oder beim Arzt habe ich größere Chancen, daß der das zahlen kann und feddich. Jeder Gläubiger wendet sich lieber zuerst an den Schuldner, der (wahrscheinlich) zahlungsfähig(er) ist. Wenn die KK also wählen kann....
Das ist keine rechtliche Antwort, sondern eine logische ;-).
von
Strudelteigteilchen
am 21.05.2019, 14:26
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Die Lösung für Eure Frage liegt im Gesetz...
Die Krankenkasse kann die unrechtmäßig erbrachten Leistungen nach dem s.g. Bereicherungsrecht - also § 812gg. BGB - zurückfordern (sofern es nicht Spezialvorschriften in anderen Gesetzen gibt).
ABER: Beim Bereicherungsrecht kann in den allermeisten Fällen nur gegenüber demjenigen etwas zurückverlangen, der es direkt von einem bekommen hat.
Die Krankenkasse muss sich also an denjenigen halten, dem sie Leistungen gewährt hat.
Sofern die Kasse also der Mutter etwas gezahlt hat, muss sie es dort geltend machen. Sofern die Kasse dem Arbeitgeber den Gehaltskosten erstattet hat, muss sie sich dahin wenden.
Der Anspruchsgegner kann sodann ggf. gegenüber einem Dritten (Arzt, Arbeitgeber o.ä.) ebenfalls einen Anspruch haben und muss in dann selbst durchsetzen.
Rechtlich etwas kompliziert zu verstehen - aber eben nunmal so Gesetzeslage.
Übrigens zahlt meistens im BV der Arbeitsgeber den Lohn weiter aus und bekommt ihn dann erstattet - also wendet sich die Krankenkasse in den allermeisten Fällen nicht an die Schwangere.
Mitglied inaktiv - 22.05.2019, 07:15
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Im Westen. Da warst Du Dir zu sicher ;-)
"Die Lösung Eurer Frage liegt im Gesetz."
Ach ne, hätten wir jetzt nicht gedacht ;-)
"Rechtlich etwas schwer zu verstehen." Nö.
Wer Anspruchsteller / Anspruchsgegner ist steht im Gesetz. Ich habe jetzt mal geblättert.
Für die von Dir benannte AGL §812 Abs. 1 S.1 BGB gelten folgende Tatbestandsmerksmale:
-Anspruchsgegner erlangt etwas
-durch Leistung des Anspruchsstellers
-ohne rechtlichen Grund (z.B Vertrag §§145 ff BGB).
Zu finden ist der Ansatz der Lösung aber im Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG).
Da steht u.a. dass der AG die Erstattung beantragen muss. Er muss also tätig werden und die Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen Erstattungsbeiträgen ist im
§4 Abs. 2 AAG geregelt.
https://www.gesetze-im-internet.de/aufag/__4.html
Wenn der AG selbst schuld ist, ist die Frau meiner Meinung nach aus dem Schneider. Der AG bleibt eben auf dem Geld sitzen und hat keine Arbeitsleistung erhalten. Fordert er es, gibt es einen Rechtsstreit in dem sie sich weigert... (Mutmaßung).
Ist nur noch nicht die Lösung der Frage, was passiert, wenn der Arzt das BV zu Unrecht ausgestellt hat.
Statt im BGB steht die Lösung höchstwahrscheinlich irgendwo in den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.
Fundierter wäre also schöner ;-)
von
HeyDu!
am 22.05.2019, 09:33
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Folgendes gefunden:
Quelle:
https://www.anwalt.de/rechtstipps/das-beschaeftigungsverbot-und-seine-rechtsfolgen_090914.html
"Das entsprechende Beschäftigungsverbot kann daher von jedem beliebigen Arzt ausgesprochen werden. DER ARBEITNEHMER KANN SICH AUCH AUF DIE RICHTIGKEIT eines ärztlichen Befundes bzw. Attestes VERLASSEN, da diesem aus rechtlicher Sicht eine hohe Beweiskraft zukommt vgl. Urteil des LAG Köln – 6 Sa 953/01."
Da ich selbst im BV bin, kann ich die Aussage jetzt leider nicht prüfen, kann Zuhause keine Urteile lesen :-/
Vielleicht kann es jemand von Euch?
Wäre ja toll, wenn die BV Polizei zu Unrecht hier immer Frauen in Panik versetzt ;-)
von
HeyDu!
am 22.05.2019, 09:51
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Hat mein Chef auch schon hinter sich. Aber nur wegen einer AU über 10 Tage.
Dumm gelaufen für den Arzt und die ehemalige Mitarbeiterin.
Oder, wenn möglich, das Gewerbeaufsichtsamt, eine Kammer oder sonstiges involvieren.
von
Himbeere2008
am 22.05.2019, 11:11
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
FÄ hat Beschäftigungsverbot augesprochen (Leben von Mutter und in Kind in Gefahr), KK hat es angezweifelt und gesagt, wäre eine AU. KK hat geklagt und recht bekommen. Die Mandantin musste alles zurückzahlen was sie über das KG erhalten hat.
von
ALF0709
am 22.05.2019, 11:35
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
ALF,
Wie meinst du das? Mandantin musste alles zurückzahlen was sie über das Krankengeld bekommen hat?
Meinst du den Differenzbetrag zwischen dem Lohn des BV und dem Krankengeld (denn das hätte ihr ja mit AU zugestanden)? Oder das gesamte Krankengeld für den entsprechenden Monat (dann hätte sie 0 Euro gehabt).
Wenn es nur der Differenzbetrag wäre, könnte ich dieses Urteil nachvollziehen, da in Deinem Fall die Diskussion zwischen BV und AU war. Wenn die Frau kein BV erhalten hätte, wäre sie krank geschrieben worden vom Arzt, und hätte genau den Betrag zur Verfügung gehabt. Alternativ arbeiten hätte sie auch nicht können aufgrund ihrer Beschwerden.
An alle:
Danke für die rege Diskussion.
Luvi
von
luvi
am 22.05.2019, 12:16
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
ALF, wo kann man das Urteil nachlesen? Wäre wichtig für mich, ich benötige diese Infos! Bitte gerne per PN; wenns nicht öffentlich geht!
Mitglied inaktiv - 22.05.2019, 13:26
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Interessante Antwort, da die BV Polizei hier immer Frauen in Angst versetzt, wenn der AG oder Arzt falsch gehandelt hat.
Es wird mit voller Überzeugung behauptet, eine Frau muss die Unrechtmäßigkeit doch erkennen und selbst aktiv werden, nachdem sie hier so umfassend belehrt wurde.
Danke!
von
HeyDu!
am 23.05.2019, 10:18
Antwort auf:
Beschäftigungsverbot
Das doch humbuk.man sollte unterscheiden welches BV. Das individuelle zum Beispiel da gibt es mehrere Faktoren die eine rolle spielen und das kann man sich nicht erschleichen.
Das Alter . Übergewicht, Krankheiten, Fehlgeburten .
Und der Job .
Wer in der pflege arbeitet hat ja nicht nur das schwere heben an sich mit drin als beispiel , dort ist die ansteckungsgefahr erheblich man weiss nicht was jeder einzelne an Erkrankungen hat. Hat mit Fäkalien zu tun ist . Daher kenne ich kaum jemanden der dort kein bv erhält.
Ebenso psychatrie wo Leute ab ticken usw.
Verkäuferin steht lange Und muss waren auspacken ebenso . Wer das Kind nicht verlieren will , wird das schon anders sehen. Die meisten Frauen haben schon oft Kinder verloren davor und sind deshalb als Risiko eingestuft das ist so .
von
emily2208
am 26.05.2019, 20:08