Sehr geehrter Herr Professor,
wir überlegen ob wir unsere Töchter (6 & 8) gegen Corona impfen lassen.
Jetzt wo mit Omikron eine harmlosere Variante dominiert und die Impfstoffe auch kaum noch vor Ansteckung damit schützen hat sich für uns die Frage gestellt, ob dies auch noch weiterhin sinnvoll ist und die Infektion inzwischen nicht die "sanftere" Variante wäre?
Unsere Frage daher: Könnten Sie uns bitte Ihre Einschätzung geben ob es für das Immunsystem ein stärkerer Reiz ist mit einer "milderen" Variante wie Omikron (weniger Hospitalisierungen und PIMS-Fälle) infiziert zu werden oder mit dem Impfstoff basierend auf einer gefährlicheren Variante (Wildtyp, der ja auch verstärkt PIMS auslösen konnte) geimpft zu werden - immerhin wird nach der Impfung ja das Wildtyp-Spike-Protein vom Körper eine kleine Weile lang selbst produziert (und kann wenn auch in sehr geringen Mengen auch außerhalb der Muskelzellen zirkulieren).
Danke für Ihre Hilfe!
von
Lind123
am 11.03.2022, 16:58
Antwort auf:
Omikron-Infektion oder Wildtyp-Impfung sanfter fürs Immunsystem?
In der Tat hat sich durch Omikron betr. Impfungen etwas geändert. Der jetzt zur Verfügung stehende mRNA Impfstoff schützt auch bei Boosterung nur zu 50-70% gegen Omikron, also deutlich schlechter als gegen die früheren Varianten des Virus.
Die Daten betr. MIS-C (= PIMS) ist etwas anders. Hier kommt es bereits durch 1 Impfung zu einer deutlichen Verminderung der Fälle, die nach mindestens 1 Impfung bei 1 auf 1 Mio. berechnet wurde. Ohne Impfung ist MIS-C auch selten, aber ca. 10x häufiger als ohne Impfung. Zum Schutz gegenüber Long COVID sind die Daten etwas uneinheitlich, von einem mäßigen Schutz durch Impfung wird ausgegangen.
Die Verläufe durch die Omikron Variante sind milder, auch wenn wir noch keine ganz klaren Daten haben. Die Sterblichkeit dürfte bei ca. 50% liegen im Vergleich zu anderen Varianten. Bei Kindern mit 6 und 8 Jahren ist die Sterblichkeit sowieso gering. Dennoch: In den USA wird die Boosterung im Alter von 12-17 eindeutig empfohlen, im Alter von 5-12 Jahren könnten entsprechende Empfehlungen folgen. Man lässt es also dort nicht darauf ankommen, dass bei natürlicher Infektion schon nichts passieren wird.
Die Immunität nach natürlicher Infektion und nach Impfung ist in etwa vergleichbar, in beiden Fällen ist sie zeitlich begrenzt. Die meisten Veröffentlichungen gehen von einem Schutzzeitraum von 6 Monaten aus.
Bei dieser Datenlage kann ich keine klare Empfehlung geben. Da wir aber in Kürze mit einem an Omikron angepassten Impfstoff rechnen können, ist es vertretbar, auf diesen zu warten, da beim aktuellen mRNA Impfstoff selbst bei Boosterung Schutzraten von 50-70% wirklich nicht sehr überzeugend sind.
von
Prof. Dr. med. Volker Wahn
am 11.03.2022