Verhalten verstehen/Motivation geben

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Verhalten verstehen/Motivation geben

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, ich wende mich mit zwei Fragen an Sie: 1. Sie meinten, dass man nicht so viele Ratschläge geben sollte, was ich auch wirklich versuche, auch wenn ich eine andere Meinung habe. Ich bemühe mich, eher anleitend zu wirken. Heute hat es leider nicht geklappt, unser Sohn hat etwas erzählt, ich habe das Gesagte über das Kind leider negativ bewertet. Sofort war ich der Angriffspunkt und unser Sohn war richtig aggressiv, obwohl er den Jungen selbst nicht mag. Ich möchte es verstehen - was führt in dem Moment zu so einem Verhalten mir gegenüber? Warum ist trotzdem der "schlechte" (auch in seinen Augen) Freund besser, als die Meinung der Eltern? Geht es ihm darum, dass die Eltern einfach nicht Recht haben "dürfen"? 2. Das Thema mit den Hausaufgaben, die ewig hinausgezogen werden, d.h. er quält sich damit selbst, weil er im Grunde ja statt einer Stunde den ganzen Nachmittag damit beschäftigt ist (zumindest geistig, weil er sie ja noch erledigen muss). Für kommendes Schuljahr - kann man irgendwie dran arbeiten, ihn zu motivieren, unliebsame Dinge besser gleich zu erledigen? Haben Sie einen Tipp? Bei ihm hat es sicher viel mit Autonomiebedürfnis zu tun (als ich weniger sagte, war es viel besser), aber teilweise habe ich den Eindruck, dass er für ihn unbequeme Dinge gerne aufschiebt, was es nicht besser macht. Vielen vielen Dank!

von aines77 am 26.06.2018, 17:05



Antwort auf: Verhalten verstehen/Motivation geben

Die Oppsoition gegen die "Deutungshoheit" der Eltern ist ein bekanntes Phänomen. Dagegen wehrt sich der sich entwickelnde Junge, er möchte deutlich machen, dass er immer weniger Empfänger von Weisheiten oder Wahrheiten sein will. Gegen dieses Monopol wehrt er sich. Aber natürlich hört er Ihre Meinung und nimmt sie auch ernst. Aber nicht "offiziell". Was das lernen angeht, müssen Sie vielleicht eine Zeit lang aushalten, dass er sich nicht gut tut, ohne es dauernd (oder zu viel) zu kommentieren. Es scheint ihm wichtig zu sein, selbst den Weg zu finden. Dieses Gefühl ihm geben zu können, ihn an den Stellen zu unterstützen (ohne besser zu wissen), ist die Kunst. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 27.06.2018



Antwort auf: Verhalten verstehen/Motivation geben

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, ich würde verstehen, wenn ich ihn in seiner Meinung kritisieren würde oder in etwas, was ihn selbst betrifft. Aber in der Situation war es so, dass ich eigentlich nur die erzählte Situation und das Verhalten des anderen Jungen bewertet habe aus meiner Sicht. Zählt das auch zu dem von Ihnen Beschriebenen und ist das sozusagen eine Art zu sagen "ich darf bewerten, aber du nicht, weil ich dir offiziell nicht Recht geben will"? Die Hausaufgaben haben sich leider das ganze Schuljahr so gezogen und ich habe es geduldig (mal mehr mal weniger) hingenommen. Aber der Druck wird größer und die Aufgaben mehr, auch der Lernaufwand. Ich habe Bedenken, dass er es selbst einfach übersieht und ihm nach und nach alles über den Kopf wächst. Zur Zeit fällt ihm der Lernstoff leicht, aber es werden auch Zeiten kommen, in denen er mehr dafür tun muss, alles gut zu erledigen. Sollte ich mich Ihrer Meinung nach trotzdem zurücknehmen und darauf vertrauen, dass er seinen Weg zur richtigen Einteilung seiner Aufgaben schon finden wird? Vielen herzlichen Dank nochmals!

von aines77 am 27.06.2018, 16:46



Antwort auf: Verhalten verstehen/Motivation geben

Wenn er bewertet, ist das für ihn völlig anders. Wenn Sie es tun, erlebt es es scheinbar als Besserwissen, Überredung, zumindest Beeinflussung. Und dagegen wehrt er sich. Zum Lernen: Können Sie ihm zutrauen, dass er mehr tut wenn mehr nötig ist? Gewisse Rahmenbedingungen sollten bestehen, verständlich gemacht werden und auch eingehalten werden. Aber der Dauerkampf ist für alle Beteiligten nicht förderlich. Der Kontakt wird zunehmend als "nur kritisierend" erlebt. Da gilt es die Mitte zu finden, noch genügend Positives miteinander zu leben. In der Tat nicht einfach. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 29.06.2018



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