Schwierigkeiten sich in emotionalen Situationen zu entscheiden

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Schwierigkeiten sich in emotionalen Situationen zu entscheiden

Mein Sohn, 5 Jahre, (seit dem 3. Lebensjahr halbtags im KiGa) hatte nie eine spürbare Trotzphase. Er ist extrem unkompliziert & aufmerksam. Seit ein paar Monaten hat er emotional zu kämpfen, wenn ich ihn aus dem KiGa abhole. Sieht er mich oder den Papa, kullern die Tränen. Er wird extrem kuschelbedürftig, will mich nicht mit dem Bruder teilen, der gleichzeitig abgeholt wird und kriegt Wutanfälle wegen Nichtigkeiten (weil ich seine Tasche schon geholt habe, oder, sie noch nicht geholt habe). Normalerweise haben wir feste Abläufe für das Abholen. Er versucht bei diesen Wutanfällen verzweifelt schreiend alle diese Rituale zu durchbrechen und will bestimmen. Wenn ich ihm die Freiheiten einräume die er fordert, ist er emotional überfordert. Wir haben heute 30min im Kindergarten gesessen um zu klären, wer die Tasche aus der Gruppe holen darf. „Ich will Sie holen, Mama.“ „Ok“ „Nein das sollst Du nicht sagen, Du musst meine Tasche holen.“ „Ok, ich hole Deine Tasche.“ „Nein, das ist meine Tasche, Du bist gemein!“ Das ganze mit einen schrecklich traurigen, weinenden Kind. Ich beende diese Kreisläufe nach spätestens 30min (inkl Kuschel- Beruhigungsphasen), indem ich ihn mit irgendetwas ablenke. Diese Unfähigkeit Entscheidungen zu treffen zeigt er nur während der Wutanfälle (ca 3x im Monat). Darf ich das als Bestandteil der Entwicklung betrachten oder müssen bei mir Alarmglocken läuten?

von Die_Mami am 15.11.2018, 09:02



Antwort auf: Schwierigkeiten sich in emotionalen Situationen zu entscheiden

Hallo, diese komm-geh-Phasen gibt es in der KK-Zeit immer mal wieder. Sie drücken aus, dass das Kind im gleichen Moment verschiedene Ideen oder Gefühle hat, wo bei jeder Lösung eine Seite verloren geht. Und dieser Verlust ist in dem Moment unerträglich (auch Erwachsene kennen die Gefühlsambivalenz). Es gibt also keine ideale Lösung, nur mehr oder weniger gute. Auch fragen hilft nicht viel, weil es das Problem nur an ihn zurückgibt. Ich glaube aber, dass wir Erwachsenen die Kinder nicht so lange in diesem Konflikt lassen sollten. Eingedenk dessen, dass es keine ideale Lösung gibt, können wir die Situation im Kontakt und empathisch früher beenden und damit das Kind "erlösen". Dann ist Neues möglich. Und bei 3x im Monat ist auch jede andere Lösung erträglich und vor allem muß es keinen Alarm auslösen. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 16.11.2018