Frage: Nachahmungen

Sehr geehrter Hr. Dr. Posth, mein Sohn ist 4 und seit seinem 3. Geburtstag im Kindergarten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und Gruppenwechsel hat er sich unheimlich gut eingelebt und findet den Kindergarten einfach toll. Er geht in eine altersgemischte Gruppe, in der er eins der ältesten Kinder ist. Seit einer geraumen Zeit ahmt er das Verhalten anderer Kinder nach, ihre Art zu lachen, zu sprechen, sogar ihre Art `Blödsinn`(wie Erwachsene es halt oft bezeichnen) zu machen. Es geht sogar so weit, dass er Deutsch mit Akzent spricht, weil ein Kindergartenfreund das tut. Dabei wechselt er das Òbjekt`seiner Nachahmungen von Zeit zu Zeit. Aktuell ist es ein zweijähriger, der nicht so gut sprechen kann, dafür einen wunderbaren Clown abgibt. Mein Sohn ist entzückt, lacht laut und legt los.... Warum macht er das? Ich habe Angst um seine Persönlichkeit, auch vor Mitläufertum, wenn Sie verstehen, wie ich es meine. Vielen Dank und herzliche Grüße, Vigoro

von Vigoro am 08.04.2013, 07:49



Antwort auf: Nachahmungen

Hallo, Kinder sind in diesem Alter noch nicht so gefestigt in Verhaltensweisen, was die charkaterliche Veranlagung betrifft. Noch probieren sie aus, welches Verhalten ihrer ureigenen Art entspricht und mit welchem Verhalten sie Wirkung in der Gruppe und der Gemeinschaft erreichen können. Wenn sie dann sehen, dass ein Verhalten eines anderen Kindes in der Gruppe irgendwie Anklang findet oder dieses Verhalten ihnen selbst großen Eindruck macht, dann versuchen sie es gerne zu kopieren, um denselben Effekt bei den Anderen zu erzielen. Dabei sind die einen Kinder eifriger unterwegs dabei als andere. Allein darin zeigt sich natürlich auch schon eine gewisse angelegte Persönlichkeitsstruktur. Aber warum aus dem einen Kind später ein Entertainer oder Schauspieler und aus dem anderen ein wissenschaftlicher Tüftler, exaltierter Künstler oder stiller und bescheidener Angestellter, das ist eine komplizierte Kombination aus Anlage, Vorbild, Erfahrung und Biographie. Die Neigung andere Kinder oder Menschen zu kopieren, nimmt automatisch wieder ab, wenn Kinder das sein dürfen, was sie sind. Je unsteter und unausgewogener sie in ihrem Selbst geworden sind, desto verfestigter und problematischer wird aber dieser Charakterzug andere zu kopieren. Allein deswegen ist es schon wichtig, sein Kind nicht in eine bestimmte Richtung zu drängen oder zu beeinflussen, die nicht seinen wahren Anlagen entspricht. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 11.04.2013