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Weiterleben nach Tod des Babys

Thema: Weiterleben nach Tod des Babys

Hallo an Alle, ich war bisher nur stille Mitleserin. Leider ist letzte Woche meine komplette Welt aus den Fugen geraten. Ich bin 32 Jahre alt, verheiratet und war mit unserem ersten Kind schwanger. Ich hatte eine problemlose Schwangerschaft und alles war perfekt. Bei 37+0 war ich zur Vorsorge im KKH als bei unserem Sohn die Herztöne abfielen und ich sofort einen Not-Kaiserschnitt bekommen habe. Unser Sohn - Jonas - hat bei der Geburt gelebt, allerdings war sein Herz sehr schwach. Er kam sofort auf die Intensivstation, wo er allerdings nach 3 Tagen Kampf in unseren Armen verstorben ist. Die Ärzte können bis heute nicht sagen, weshalb er auf einmal so krank wurde und warum er nicht überlebt hat. Mein Mann und ich sind also alleine nach Hause gegangen, in unsere Wohnung, in der schon alles für seine Ankunft vorbereitet war. Mittlerweile bereiten wir die Beerdigung vor. Jede Minute ohne ihn ist so schmerzhaft. Wir wissen einfach nicht wie wir weiterleben sollen. Meinem Mann und mir geht es abwechselnd so schlecht. Wir sehen keinen Sinn mehr und wir wissen den ganzen Tag nichts mit uns anzufangen. Wir möchten einfach nur den ganzen Tag schlafen und dann brechen wir zusammen, wenn wir wieder aufwachen und uns erinnern was passiert ist. Ich habe unglaubliche Angst, dass unsere Ehe die Trauer nicht aushält und mein Mann und ich irgendwann daran zerbrechen. Morgen kommt eine Trauerbegleiterin bei uns vorbei, ich hoffe, dass die Gespräche mit ihr helfen. An Alle, die eine ähnliche Situation durchlebt haben: Was hat euch in den ersten Wochen und Monaten geholfen? Woher habt ihr die Kraft genommen weiterzumachen? Wann wird die Trauer ein bisschen besser? Wie schafft man wieder den Einstieg in einen normalen Alltag mit Arbeit, Freunden usw.... Ich weiß, jeder Mensch trauert anders aber ich benötige im Moment wirklich dringend einen kleinen Lichtblick in dieser unglaublich schweren Zeit. Danke für eure Antworten.

von Julia1990W am 26.06.2022, 19:07



Antwort auf Beitrag von Julia1990W

Mein herzliches Beileid. Es tut mir sehr leid, dass ihr euren kleinen Jungen gehen lassen musstet. Mein Sohn (meine erste SS) ist vor mittlerweile fast 5 Jahren kurz vor errechnetem ET nach bis dahin komplikationsloser Schwangerschaft in meinem Bauch gestorben. Die ersten Wochen haben mein Mann und ich quasi allein verbracht. Wir (oder besser er, da ich in der ersten Zeit nicht in der Lage war, mit jemandem zu sprechen) haben unserem Umfeld gesagt, dass wir uns melden werden, sobald wir bereit dazu sind. Im Nachhinein betrachtet hätte uns es wahrscheinlich gut getan, wenn zB jemand Essen gebracht oder den ein oder anderen Einkauf getätigt hätte. Die alltäglichen Dinge waren anfangs schwierig zu meistern. Ich kann Dir nur aus meiner Erfahrung berichten, dass es besser wird. Die Trauer wird immer da sein und auch noch lange sehr schmerzen, aber irgendwann kann man sogar mit einem Lächeln an sein Sternenkind denken und über es sprechen. Macht so viele Fotos wie ihr könnt. Das ist - neben den Erinnerungen - ja leider das einzige, was bleibt. Es gibt hilfreiche Gruppen bei Facebook und Co. Mir jedenfalls hat der Austausch mit anderen Betroffenen sehr geholfen. Auch Bücher fand ich hilfreich. Mir ganz persönlich hat in der Zeit auch Musizieren geholfen. Vielleicht gibt es bei euch vor Ort eine Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern. Manche Hebammen bieten Rückbildungskurse nur für verwaiste Mütter an. Ansonsten hilft leider nur Zeit, um es erträglicher zu machen. Dann kommt auch die Perspektive zurück. Für euch als Paar wäre es sicher noch hilfreich, immer im Hinterkopf zu haben, dass man unterschiedlich trauert. Auch zu unterschiedlichen Zeiten und unterschiedlich intensiv. Da ist es vermutlich ganz normal, dass es Tiefpunkte gibt. Ich wünsche euch, dass ihr das schafft. Viel Kraft und alles Gute!

von Regenbogenfarben am 26.06.2022, 21:15



Antwort auf Beitrag von Regenbogenfarben

Es tut mir wahnsinnig leid was ihr nun durch machen müsst und ich weiß nur im Ansatz wie schmerzhaft das ist. Ich hatte nämlich vor 5 Jahren nur eine Fehlgeburt, aber es schmerzt dennoch.... Auch wenn man erneut schwanger wird und sein Regenbogenkind in den Armen hält vergeht die Trauer leider nicht. Auch Angst wird einen in der Schwangerschaft ein Begleiter sein. Aber man kann besser damit umgehen, wenn man den Weg gefunden hat. Wir haben eine Art Altar gemacht, das half uns sehr gut. Vorallem reden darüber tat mir wahnsinnig gut. Auch wenn ich mich 6 Wochen verkrochen habe und jeglichen Umgang mit Müttern gemieden hab. Was leider kaum möglich war, da meine ehemalige Freundin gleichzeitig mit mir schwanger war und unsere Kinder fast den gleichen ET hatten. Erst im Nachhinein hatte ich erfahren das ich sogar eine Hebamme in Anspruch hätte nehmen können. Denn diese bieten auch eine Art Trauerbegleitung an und eine Nachsorge. Und im ersten Jahr hab ich regelmäßig Briefe an unseren Stern verfasst (es gab zum Glück ein Sammelgrab) und diese am Grab niedergelegt. Und in Facebook gibt's viele Gruppen. Als ich ungeplant erneut schwanger wurde und es zweimal nach Fehlgeburt aussah, war der Schmerz, die Trauer und Angst ganz stark da. Heißt nicht das es bei dir genauso wäre. Aber auch die Trauer kam hoch als mein Sohn auf meiner Brust endlich lag. Ich merkte das da eigentlich jetzt eine kleine aufgeregte Maus an meinem Bett stehen würde was das Geschwisterchen begrüßen möchte.... Aber es sah vom Himmel herab. Aber desto größer mein Sohn nun wird, desto mehr lasse ich unser Sternenkind ziehen, da es auch größer wird. Was Männer betrifft, sie trauern anders, meist für sich. Wollen oft nicht reden, ob das gut ist kann ich nicht sagen, denn meiner war so. Und oft werden Väter auch vergessen. Das sie auch mit dem Verlust kämpfen. Deswegen gehen oft Beziehungen kaputt weil wir Frauen ihre Art zu trauern nicht verstehen. Auch ich musste lang damit zurecht kommen es zu akzeptieren. Ich hätte zu gern auch einen Anhaltspunkt gehabt Warum ich mein Kind in der 10. Ssw verlor, woran es lag. Ich kann höchstens spekulieren aber obs die Trauer besser gemacht hätte bezweifle ich.... Eine Freundin von mir verlor ihren Sohn in der 36. Ssw, er verstarb im Mutterleib. Er hatte nicht mehr getreten 8 Stunden lang.... Daraufhin bekam ich einen Tag später die traurige Nachricht von ihr. Alles verlief bis zu dem Tag ohne Komplikationen, ein Grund fand sich nicht. Es wurde auf SIDS geschoben..... Ein schwächer Trost.

von Pumpum090120 am 27.06.2022, 20:24



Antwort auf Beitrag von Julia1990W

Ach ist das traurig!! Unser kleiner Jona lebte auch bei seiner Geburt und verstarb kurz darauf, er wurde noch notgetauft von unserem Gemeindepfarrer. Eine Auffälligkeit war urplötzlich im US gesehen worden und die Ärzte entschieden sich zum Kaiserschnitt. Ich arbeite selbst in einem medizinischen Beruf, ich wollte unbedingt diese tausend Fragen beantwortet haben, deshalb ließen wir ihn obduzieren- das war für mich ganz wichtig und hilfreich. Damals hatten wir bereits 5jährige Zwillinge. Zu sehen, wie sie litten und um ihn weinten, das brach mir das Herz und hat meine eigene Trauer fast in den Schatten gestellt. Allerdings waren es natürlich auch die 2, die mich in den Alltag zurück brachten. Kita, Hobbys, Schuhe zu klein, Schürfwunde am Knie,....das Leben ging eben weiter, obwohl die Welt für uns Eltern stehen blieb. Mich haben in den ersten Tagen viele Leute besucht, in unserem Freundeskreis wurde er nicht totgeschwiegen, das war sehr hilfreich. Es war kurz vor dem Advent. Eine Freundin brachte gebackene Plätzchen, eine andere einen Adventskranz.... Für all diese Dinge hatte ich keinen Nerv, umso schöner, wenn andere das ahnen und bringen. Für uns ist unser Jona fester Bestandteil der Familie. Es gibt ein Grab, wir feiern seinen Geburtstag, die Geschwister bestehen auf einen Geburtstagskuchen Jahr für Jahr.... Im August würde er Einschulung haben. Wir wurden 1,5 Jahre nach seiner Geburt mit einer bildhübschen Tochter beschenkt. Niemals kann sie ihn ersetzen, aber sie brachte uns die Sonne zurück! Und ich wünsche Euch, dass Ihr Menschen um Euch herum habt, die Euch in dieser lähmenden Traurigkeit auffangen, nehmt Euch Zeit für diese Trauer und bleibt vor allem mit - und beieinander als Paar. Alles Gute,!!!!

von BB0208 am 27.06.2022, 14:21



Antwort auf Beitrag von Julia1990W

Es ist eine abgedrosche Floskel, aber die Zeit hilft... Unser Minimann ist vor einigen Jahren einfach so und unerwartet im 9. Monat gestorben. Zum Glück hatten wir da unsere Tochter (zu dem Zeitpunkt 2 3/4 Jahre), da MUSS es irgendwie einigermaßen "geordnet" weitergehen. Ich habe mich lange innerlich sehr zurückgezogen, nach außen lief es fast normal weiter. Es ist schwer als Paar. Als Mutter trauert man um das Kind, das man schon so lange gespürt und in sich getragen hat. Aber auch die Papas trauern und können das vielleicht nicht so zeigen. Mir hat es wirklich geholfen, mich zum Alltag zu "zwingen". Einkaufen, spazieren gehen, nach einigen Wochen auch mal wen treffen. Nicht nur vergraben, auch wenn viele Wochen lang täglich Tränen geflossen sind. Ich habe bewusst den Grabstein gestaltet, dem Steinmetz einen Entwurf gegeben. Meine Nachsorgehebamme, die ich schon locker vom Vorbereitungskurs kannte, kam zwei Stunden nach der Geburt zu mir ins kh. Ich hatte sie noch gar nicht informiert, aber sie wusste inoffiziell durch Mitarbeiter des kh bescheid. Sie hat ohne Scheu unseren kleinen Mann so liebevoll aus seinem Bett geholt und mir gegeben, das hat sich mir total eingebrannt. Sie ist außer mir die einzige, die ihn auf dem Arm gehabt hat. Sie kam auch zur Nachsorge und nach einigen Wochen haben wir uns nochmal getroffen und über alles gesprochen. Wenn der Tod des Kleinen eine gute Sache hat: meine damalige Hebamme ist eine ganz tolle und liebe Freundin von mir geworden. Sie ist Patentante unseres Folgemädchens und ich bin Patentante ihres kleinen "Nachzüglers"... Fühl dich umarmt...

von blattlaus am 27.06.2022, 20:54



Antwort auf Beitrag von Julia1990W

Hallo Julia1990W, es ist sehr, sehr traurig, was Euch widerfahren ist, mein herzliches Beileid. Als ich in der 18. Woche, auch sehr überraschend, eine "späte Fehlgeburt" mit Zwillingen erlitt, war das, was mich in den Wochen und Monaten danach einigermaßen aufrecht erhielt, meine Arbeit. Da fühlte ich mich auf einigermaßen sicherem Terrain und hatte eine gewisse Ablenkung. Zuhause ging es mir am schlechtesten. Du warst natürlich viel, viel weiter mit der Schwangerschaft und bist jetzt sicherlich auch im Mutterschutz, aber wenn Dich Deine Arbeit früher einigermaßen erfüllt haben sollte, kann es Dir vielleicht auch helfen, wieder arbeiten zu gehen, wenn die körperlichen Folgen um sind. Aber es ist eine extrem schwierige Zeit, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Wenn ich heute an die Zeit "danach" zurückdenke (es ist jetzt bald sieben Jahre her), habe ich den Eindruck, dass ich unter einer dicken Käseglocke gesessen habe, ich war wie betäubt und habe alles sehr verzerrt wahrgenommen, schrecklich. Hinzu kam die Hilflosigkeit meines Mannes, dem es auch sehr schlecht ging, aber nicht so sehr wegen der stillen Geburt als solcher, sondern weil ich so neben mir stand, so kannte er mich gar nicht und er hatte Angst um mich. Da habe ich auch oft Sorgen gehabt, dass wir das alles nicht gemeinsam durchstehen können, zumal bei uns das Kinderkriegen sowieso nicht "einfach so" klappte, sondern wir reproduktionsmedizinische Hilfe brauchten. Ich habe mir Hilfe gesucht, bei einer Heilpraktikerin, die ich auch privat ein bisschen kannte, eine Hebamme aus dem erweiterten Freundeskreis bot ihre Hilfe an, die ich gern in Anspruch genommen habe (meine eigentliche Hebamme war leider ein ziemlicher Ausfall in der Situation), und ich habe eine Psychotherapie begonnen, das vor allem, um eine Rückmeldung zu erhalten, ob ich noch "normal" tickte oder womöglich drauf und dran war, verrückt zu werden. Und bis heute nehme ich die viel zu frühe Geburt unserer Zwillinge als Zäsur in meinem Leben wahr und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke. Sehr geholfen hat mir und uns dann im weiteren Verlauf, das war aber erst 1,5 Jahre später, eine erneute Schwangerschaft (mit der wir eigentlich gar nicht mehr rechnen durften und ich selbst hätte mich aus eigenem Antrieb darauf auch nicht mehr eingelassen, aber mein Mann hat mich überredet, zum Glück), die dann auch wirklich zu unserem nun fast fünfjährigen quicklebendigen Sohn geführt hat. Er hat nicht ungeschehen gemacht, was in der Zwillingsschwangerschaft passiert ist, aber unser Kinderwunsch ist mit ihm doch noch in Erfüllung gegangen und er ist ein tolles Kind und je älter er wird, desto schöner finde ich es mit ihm. Die Schwangerschaft mit ihm war allerdings mental sehr belastend, aber sie ist gut ausgegangen und das wird bei Euch (Du bist ja noch jung und kannst Dich irgendwann in Ruhe auf eine neue Schwangerschaft einlassen) dann sicherlich auch der Fall sein, so schreckliche Ereignisse wiederholen sich ja glücklicherweise normalerweise nicht. Hoffentlich konnte Euch das Gespräch mit der Trauerbegleiterin weiterhelfen. Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute!

von Mörchen17 am 27.06.2022, 21:57



Antwort auf Beitrag von Julia1990W

Hallo Mein aufrichtiges Beileid zu eurem Verlust. Was hilft ist so pauschal nicht zu sagen. Allerdings zeigt meine Erfahrung persönlich wie mit meinem Verein das Erinnerungen schaffen eines der wichtigsten Dinge ist. Bilder Bilder und nochmal Bilder von allem möglichen auch von der Beisetzung. Manchmal hilft es die Beisetzung als das einzige große Fest zu sehen euer Sohn hat euch zu Eltern gemacht. Mir ist von der Beisetzung des Sohnes einer Freundin in Erinnerung geblieben das sie blaue Taschentücher mit Baby Füßen drauf und dem Spruch schön das du da bist. Weil unser Erscheinen eben ihren Sohn gesehen anerkannt und gewert schätzt hat als Mensch als Person als ihr Sohn. Ansonsten sind Rituale oft hilfreich. Kerzen anzünden etwas kreativ gestalten etwas Pflanzen z.b einen Baum wie man es ja so traditionelle oft macht. Ich fand das Buch trauernde Eltern von natalie himmelreich sehr gut und dein sternenkind. LG nita

von nita83 am 24.07.2022, 00:47



Antwort auf Beitrag von Julia1990W

Hallo. Euer Verlust tut mir wahnsinnig leid. Meine Tochter wurde im Mai 2020 auch nur 8 Tage alt. Sie starb an einem Herzfehler. Ich weiss nicht wie wir die erste Zeit überlebt haben. Wir hatten das Glück bereits ein Kind an der Hand zu haben für die wir da sein mussten. Die auch verstand das ihre Schwester gestorben ist. Ich wollte damals einfach nur raus, raus aus der Wohnung, raus aus dem Leben. Wir sind dann nach der Beerdigung weggefahren damit ich nicht völlig durchdrehe. Meine Mama hat zwischenzeitlich in ihrem Kinderzimmer einiges verräumt und abgebaut damit ich es nicht jeden Tag sehen muss. Ich stand Nächtelang in ihrem Zimmer und dachte ich werde das nicht überleben. Aber schlussendlich bin ich nach 7 Monaten wieder arbeiten gegangen, habe wieder so gut es ging am Leben teilgenommen. Auch wenn ihr euch das jetzt noch nicht vorstellen könnt ich konnte es auch nicht. Mein Mann und ich hatten wahnsinnig schwierige Zeiten. Ich dachte auch unsere Ehe schafft das nicht. Aber wir haben zusammen gehalten. Wir leben nun jeden Tag mit dem Verlust, ich fahre oft 2 mal am Tag zum Friedhof wenn ich das verlangen habe, wir haben eine Gedenkecke mit Fotos und Geschenken die sie bekommen hatte gemacht. Haltet fest zusammen, schrei wenn dir danach ist, weine wenn du willst. Es gibt einfach nichts schlimmeres auf der Welt. Es wird besser mit der Zeit aber der Schmerz ist immer da egal wann und wo. Ich schicke euch viel Kraft. Liebe Grüße Larissa

von Larissi34 am 24.07.2022, 06:44