Frage: Ankommen als Zweifachmama

Liebe Frau Rex, ich habe vor 6 Wochen unseren zweiten Sohn geboren, der Große ist vier Jahre alt.  Während ich direkt am Anfang großes Glück und eine tiefe Dankbarkeit empfand, tauchten ab der zweiten Woche immer wieder Stimmungsschwankungen auf, ich fühlte Beklemmungen und blickte eher "eingeengt" in die Zukunft, da unsere "gewonnenen Freiheiten" nun erst einmal wieder eingeschränkt sein würden. So fühle ich mich aber nicht die ganze Zeit, oftmals geht es mir auch richtig gut und ich blicke voller Vorfreude in die Zukunft.  Aber die Stimmungstiefs belasten mich - ich habe in diesen Momenten das Gefühl, noch nicht als Zweifachmama angekommen zu sein und noch keine gute emotionale Bindung zum Baby aufgebaut zu haben (er schläft auch sehr viel). Auch steckt der Große sowohl in der Autonomiephase als auch in der nachgeburtlichen Geschwisterkrise und provoziert teilweise sehr stark - auch das geht mir zu Herzen und ich fühle mich dann einfach nicht so richtig wohl und mir ist dann alles etwas zu viel. Nachts habe ich teilweise Schlafprobleme, da ich es nicht schaffe, obwohl alle schlafen, selbst in den Schlaf zu finden (auch weil der Kleine selbstverständlich noch wach wird und ich dann denke "noch x Stunden...").    Ich weiß noch, dass ich auch beim Großen Zeit zum Ankommen gebraucht habe, ich meine wirklich gut ging es mir erst nach 3-4 Monaten. Aber so richtig blühte ich auch erst auf, als die Babyphase vorbei war, also so mit 18 Monaten, da wir ihn dann einfach viel mehr in unser "ursprüngliches" Leben integrieren konnten und wir nicht mehr so fremdbestimmt waren.  Dabei habe ich eigentlich gute Vorraussetzungen, um nun gut anzukommen - der Kleine schläft viel und gut und weint nur wenig. Mein Mann hat Elternzeit und der Große geht in die Kita. Da ich nicht stille, übernimmt auch mein Mann mit in der Nacht. Familiäre Unterstützung haben wir jedoch nicht. Frau Rex, sind meine Gefühle normal, geht es vielen Frauen so? Ich habe in zwei Tagen einen Termin in der Uniklinik um zu testen, ob ich eine Wochenbettdepression haben könnte - ich hatte den Termin vor zwei Wochen vereinbart, als ich eine ganze Nacht nicht schlafen konnte. Ich denke inzwischen eher nicht, dass ich eine Depression habe und vielleicht einfach noch Zeit benötige. Daher überlege ich noch, ob ich den Termin vielleicht doch absage, um es nicht noch größer zu machen, als es vielleicht ist. Haben Sie vielleicht Tipps um ein Ankommen zu erleichtern? Kennen Sie viele Frauen, denen es so geht? Was kann ich wegen des Schlafes machen? Vielen Dank fürs Lesen!

von Zitronensorbet am 22.01.2024, 08:16



Antwort auf: Ankommen als Zweifachmama

Liebe Zitronensorbet,  vielen Dank für deine ehrlichen und offenen Worte!  Mit deiner Frage werden sich sicherlich sehr viele Mütter angesprochen fühlen und du redest ihn aus der Seele. Ich möchte dir damit sagen, dass dies ein Thema ist, welches sehr viele Mamas haben und leider zu viele mit sich herum tragen. Daher finde ich es sehr gut, dass du dich öffnest. Dies ist auf jeden Fall schon einmal der erste Schritt!  Mein erster Gedanke: such dir einen Kurs, an dem du mit deinem Baby teilnehmen kannst. Dies wäre zum Beispiel Babymassage oder auch ein Babyschw Schwimmkurs. Auf der einen Seite ist das intensive Zeit mit deinem Baby und auf der anderen Seite natürlich auch Zeit, sich mit anderen Müttern auszutauschen. Dazu kommt, dass deine Konzentration in diesem Moment nur auf einem Kind liegt und du somit auch aus dem Haus kommst. Wichtig finde ich in deiner Situation, dass es ein Kurs ist, der angeleitet wird. Nicht eine Krabbelgruppe, wo die Mütter Kaffeetrinken und die Kinder sich selbst überlassen sind. Es gibt sicherlich auch Krabbelgruppen, in denen gesungen, und gespielt wird. Sorry für die klaren Worte.   Deine große Tochter hat sicherlich auch Hobbys oder regelmäßige Treffen in der Woche. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, dass sie einen Tag nur mit Papa oder nur mit dir hat. In diesem Moment ist sie die Nummer eins, so wie sie es gewohnt ist. Für Geschwister Kinder ist es immer wichtig, dass Rituale und ihre Struktur, die es vor der Geburt schon gab, beibehalten werden! Diese Struktur gibt den Geschwisterkinder Sicherheit, da es etwas bekanntes für sie ist und nichts Neues.   Für mich deine Tochter ist momentan ein Baby im Haus zu haben sehr viel. Viele Kinder würden sich auch viel Verantwortung selber auf, zusätzlich zu der Verantwortung, die von ihren Eltern kommt. Daher testen Sie natürlich aus und durch dieses austesten, bekommt eure Tochter Aufmerksamkeit. Fazit: sie möchte gesehen werden! Also sind wir wieder an dem Punkt Zeit für sie alleine zu haben. Vielleicht ist eurer Tochter auch folgender Satz zu viel: „du bist nun große Schwester!" Oder der Satz „das musst du jetzt aber können, du bist jetzt die große Schwester!". Diese sind alles Sätze, die wahnsinnigen Druck auslösen, obwohl die Kinder in dieser neuen Kennenlernen Phase mit dem Baby gar nicht groß sein möchten. Sondern noch mal genauso klein wie das Baby, was aktuell voller Aufmerksamkeit bekommt.   Zu deinem Freiheits Gefühl: ist natürlich auch absolut nachvollziehbar. Hier kann ich dir nur empfehlen, dass ihr euch irgendwann einen Babysitter besorgt, der wenigstens auf die große aufpasst. Vielleicht vielleicht ist eure Tochter so groß, um bei einer Freundin zu übernachten, so dass ihr nur noch euer Baby habt. In verschiedenen Institutionen werden auch Mütter frühstücke oder nachmittags Kaffee angeboten. Vielleicht wäre dies auch eine Möglichkeit, damit du mal außer Haus kommst. Wichtig ist natürlich immer, dass du auch mit deinem Mann darüber sprichst und vielleicht hat deine Hebamme auch noch die ein oder andere Idee, was bei euch vor Ort für dich möglich ist.  Alles liebe Steffi Rex   

von Stephanie Rex am 23.01.2024