Wann kommen die Wehen?

Wann kommen die Wehen?

Irgendwann endet jede Schwangerschaft - doch schon während dieser Zeit arbeitet die Gebärmutter, anfangs unbemerkt, intensiv an ihrer Aufgabe: der Geburt. Woher "kennt" die Gebärmutter den richtigen Zeitpunkt für eine bestimmte Art von Wehen?

 

Die Gebärmutter beginnt schon Monate vor der Geburt für den Tag "X" zu üben. Sogenannte Schwangerschafts- oder Übungswehen sind schon ab der 20. Woche nachweisbar. Die Gebärmutter zieht sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt bis zu drei Mal pro Stunde schmerzlos zusammen. Viele Mütter beschreiben diese Wehen als eine Art Druck im Bauch, ein Gefühl, als würde das Blut in Richtung des Kopfes gepresst.

Vorwehen, Senkwehen, Stellwehen ...

Später, in den letzten Wochen und Tagen bis zur Geburt, beginnen die Vorwehen. Auch sie sind schmerzlos und unregelmäßig, bleiben aber kaum mehr unbemerkt. Sie haben wichtige Funktionen: Senkwehen lassen den Bauch nach unten "rutschen", Stellwehen verankern den Kopf des Babys im Becken. So wartet es startbereit auf seinen großen Tag. Eröffnungswehen starten auch selten gleich schmerzhaft. Ein Ziehen im Kreuz, ein Druck im Becken- oder Bauchraum - so werden die frühen Eröffnungswehen oft beschrieben. Doch sie sind regelmäßig und steigern sich in ihrer Intensität.

Austreibungswehen leiten die eigentliche Geburt ein. Sie werden von fast allen Müttern als heftig beschrieben, aber die Schmerzen sind leichter erträglich, denn der Pressdrang lässt die Frau mitarbeiten - das Baby wird geboren! Schließlich folgen noch Nachgeburtswehen, die die Plazenta austreiben helfen. Sie sind weniger intensiv und fast schmerzlos. Nachwehen im Wochenbett begleiten die Rückbildung der Gebärmutter und bleiben manchmal fast unbemerkt.

Welche Wehen wann ...?

Woher "kennt" die Gebärmutter den richtigen Zeitpunkt für eine bestimmte Art von Wehen?

Eine Forschungsgruppe der australischen Universität Newcastle unter der Leitung von Roger Smith scheint der Antwort auf diese Fragen ein wenig näher gerückt zu sein. Die Forscher haben in der Planzenta das Hormon CRH - Corticotropin Releasing Hormon - nachgewiesen, das sich nur bei Schwangeren auch außerhalb des Gehirns findet.

Dieser Botenstoff liegt je nach Fortschreiten der Schwangerschaft in verschiedenen Konzentrationen vor: Es scheint, als sei CRH die Hormon-Uhr der Geburt. Roger Smith untersuchte 500 Frauen in der 16. - 20. Schwangerschaftswoche und verglich die Werte mit dem späteren Zeitpunkt der Geburt. Er konnte einen klaren Zusammenhang nachweisen: Ein erhöhter CHR-Spiegel weist auf eine Frühgeburt, eine niedrige Konzentration auf einen verspäteten Geburtsbeginn hin.

Auch Joseph Mazoub von der Harvard Universität, widmet sich intensiv der CRH-Forschung. Er vermutet, dass das Hormon auf zwei verschiedenen Wegen wirkt und so sicher stellt, dass der Zeitpunkt der Geburt dem Reifegrad des Babys entspricht.

Einerseits regt CRH die Nebennierenrinde des Babys dazu an, DHEAS Dehydroepiandrosteronsulfat - zu bilden. Dieses Steroid gelangt durch den Blutkreislauf wieder in die Platzenta zurück und kann von ihr zu Östrogen synthetisiert werden, das - zusammen mit anderen Hormonen - der Gebärmutter das Signal für den Beginn der Geburtswehen gibt. Andererseits stimuliert CRH die kindlichen Nebennierenrinden auch dazu, Cortisol zu bilden, das die Organreifung, besonders die der Lungen, fördert.

Was bewirkt Cortisol ...?

Frauen, bei denen eine Frühgeburt zu befürchten ist, bekommen Cortisol meist als "Lungenreifungsspritzen" vom Arzt verordnet, damit die Lunge des Babys bei einer möglichen Frühgeburt schon etwas weiter entwickelt hat. Cortisol selbst veranlasst aber auch die Plazenta noch mehr CRH zu bilden; die Vorbereitung auf die Niederkunft wird also beschleunigt.

CRH dürfte auch der Grund für die Tatsache sein, dass extremer Stress bei einigen Frauen Frühgeburten auslöst. Das Stresshormon Adrenalin kann nur unter Mitwirkung von CRH gebildet werden. Wird bei einer schwangeren Frau ein erhöhter CRH-Spiegel gemessen, überwachen Ärzte und Hebammen besonders sorgfältig die Wehentätigkeit der Gebärmutter vor der Geburt. Meist können vorzeitige Wehen durch Ruhe oder auch Medikamente gestoppt werden.

Das CTG macht die Wehen sichtbar

Am Ende der Schwangerschaft, spätestens bei der Geburt, machen fast alle Mütter Bekanntschaft mit einem besonderen Gerät: Das CTG - Cardiotokogramm - zeichnet Wehen und Herztätigkeit des Babys auf einem Papierstreifen auf (siehe Grafik oben). Zwei Messköpfe werden mit einem Gurt oder einer Binde am Bauch der Mutter befestigt, sie geben die Impulse an zwei Schreiber weiter. Über einen Lautsprecher kann man außerdem noch zuhören, wie das Herz des Babys arbeitet. Aus den CTG-Kurven von ca. 20 Minuten können Ärzte und Hebammen nicht nur interpretieren, wie es dem Baby geht - ob es schläft, spielt, unter Stress steht oder auch Probleme hat - sondern auch den Verlauf, die Stärke und Häufigkeit der Wehen ablesen.

Viele Erstgebärende sind unsicher, ob sie die Anzeichen für die Niederkunft auch bestimmt rechtzeitig wahrnehmen; schließlich arbeitet die Gebärmutter ja die gesamte Schwangerschaft hindurch! Doch die Angst, Geburtswehen zu "verwechseln" ist normalerweise unbegründet: Die durch die Hormon-Uhr ausgelöste Kaskade teilt der Frau auch mit: "Jetzt ist es so weit!"

Zuletzt überarbeitet: Dezember 2018

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