Liebe Frau Ubbens,
unsere Tochter ist nun 10 Monate alt. Das erste Vierteljahr mit ihr war sehr schwierig. Wir hatten eine sehr schwere Geburt, die in einem Notkaiserschnitt endete, infolgedessen ich auch einige Tage kaum für sie da sein konnte. Sie war wohl das was man ein Schreikind nennt und ich hatte mit einer postnatalen Depression zu kämpfen, die ich aber mit medikamentöser Unterstützung innerhalb kurzer Zeit prima bewältigt habe.
Alles in allem also kein guter Start, aber wir sind inzwischen ein super Team und lieben uns heiß und innig! Seit 2 Monaten ist nun der Papa zuhause und ich arbeite (25 Stunden) wieder. Mir tut das richtig gut und ich bin mit einer Mischung aus Job und Kind sehr viel glücklicher. Natürlich "klammert" meine Tochter wenn ich zuhause bin. Sie freut sich wahnsinnig wenn ich nach Hause komme und weicht kaum von meiner Seite. Wir verbringen dann viel Zeit zusammen, gehen zum Babyschwimmen, spielen, machen Ausflüge. Meist sogar mit Papa, wir gönnen uns den Luxus einer gemeinsamen Zeit im ersten Lebensjahr. Alles gut soweit.
Wir hatten geplant, dass sie nach einem Jahr in die Krippe geht und beide Eltern Teilzeit arbeiten. Grds. liebt sie andere Kinder und kein Tag ist so entspannt wie der an dem wir andere Kinder zu Besuch haben oder mit anderen Kindern etwas unternehmen. Kaum zu glauben eigentich, aber sie liebt die Action und den Input den wir ihr so nicht bieten können. Ich halte es also für richtig und bereichernd, wenn sie die Möglichkeit auch regelmäßig in der Krippe bekommt.
Nun reden mir alle rein, dass ich "das arme Kind" doch nicht "abschieben" kann. Es würde das Urvertrauen zerstört und die Bindung kaputt gemacht. Gerade nach allem was wir hinter uns haben... Für gute Mütter wäre das Kind in den ersten Jahren das wichtigste und alles andere gehört hintenan gestellt.
Ja, mein Kind ist mir auch das wichtigste. Aber ich bin ja auch für sie ein "Rolemodel". Sie lernt, dass Mama auch ihren eigenen Weg geht. Dabei ist sie mir doch nicht weniger wichtig! Lernt ein Kind Bindung und Verlässlichkeit nur und ausschließlich durch ständige Anwesenheit der primären Bezugsperson?
Ich kann das kaum glauben. Wir haben die Krippe sorgfältig ausgewählt. Die Eingewöhnung erfolgt nach dem Berliner Modell. Ich werde mir so viel Zeit nehmen wie nötig und wenn sie wider Erwarten die Krippe ablehnt, werde ich selbstverständlich meinen Beruf hintenan stellen. Ist es zwangsläufig so, dass ein Kind keine gute Bindung entwickeln kann wenn es so früh "abgegeben" wird? Ich kann es mir nicht vorstellen, dann müssten doch überall "Bindungsopfer" durch die Gegend laufen. Aber nach den ganzen Sprüchen, die mir anhören muss mache mir echt Gedanken gerade.
Worauf sollten wir achten? Danke für Ihre Meinung!
von
Karin32
am 16.05.2017, 18:04
Antwort auf:
Gestörte Bindung durch Kita?
Liebe Karin32,
ich kann mich den Worten meiner Vorrednerin nur anschließen. Kurz zusammengefaßt: Eine entspannte Mutter ist für eine gute Mutter-Kind-Beziehung wichtiger, als eine, die gereizt ist, weil sie nur von Kind und Haushalt umgeben ist. Eine stundenweise Fremdbetreuung schadet einer guten Bindung nicht.
Sie werden einen guten, Ihrer Familie entsprechenden Weg gegen.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 17.05.2017
Antwort auf:
Gestörte Bindung durch Kita?
Hallo!
Ich bin zwar nicht die Expertin, möchte dich aber mit meiner Erfahrung etwas beruhigen.
Mein Sohn wurde aufgrund von Schwierigkeiten per Kaiserschnitt geholt, 10 Tage über dem ET. Für mich war die Erfahrung damals fürchterlich, die erste Zeit dann auch sehr schwierig. Leichte Depression, Schreibaby, privater Stress. Auch wir haben eine ganze Weile gebraucht. Aber wie ihr sind auch wir ein super Team geworden.
Ich habe ihn mit 10 Monaten bei Tageseltern begonnen einzugewöhnen. Es hat über 2 Monate gedauert. Dann bin ich Vollzeit arbeiten gegangen. Ich hatte auch Sorgen, denn die Mütter, die einem ein schlechtes Gewissen einreden, kannte ich damals auch. Aber die Arbeit tat mir gut, ich habe mir immer wieder gesagt, dass eine entspannte und zufriedene Mutter meinem Kind auch gut tut.
Und was soll ich sagen? Sohnemann ist inzwischen 3 1/2 Jahre alt, geht mittlerweile in den Kindergarten und zwar gerne. Aber noch lieber ist es ihm, Zeit mit mir zu verbringen. Er ist fröhlich, wenn ich mich morgens verabschiede und freut sich, wenn ich ihn abhole. Er erzählt mir auch immer von seinem Tag, seinen Erlebnissen, kuschelt und ist entspannt. Er verhält sich anders, wenn mein Mann oder meine Mutter ihn abholen. Reservierter. Bei mir gibt es Küsse, Liebesbekundungen, aber auch die schlimmsten Trotzanfälle. Weil er sich sicher ist, dass unsere Beziehung das aushält. Er weiß sicher, dass er so sein kann wie ein er ist und ich ihn immer lieb habe (tun alle anderen auch, aber da traut er sich nicht, weil er mit ihnen einfach weniger Zeit verbringt und sich gerade nicht sicher ist).
Zusammen gefasst kann ich dir also nur sagen, dass eine gute Beziehung durch die Betreuung durch "Fremde" nicht beeinträchtigt wird. Achtet einfach darauf, dass die Eingewöhnung gut läuft und geht selbst mit einem positiven, offenen Gefühl zur Eingewöhnung. Die Kinder merken, wenn ihr euch Sorgen macht, ob das so richtig ist und das verunsichert sie. Wenn sie unbefangen in der Betreuung ankommen dürfen, wird das schon klappen.
Und du wirst ja auch mehr Zeit haben als ich anfangs (bin inzwischen auch in Teilzeit, da keine Ganztagsbetreuung im Kindergarten möglich war). Du wirst sehen, deinem Kind wird es gut tun, mehr vertraute Personen zu haben. Aber eure Bindung wird sich nicht ändern.
von
2fachJungs
am 16.05.2017, 18:34