"Diese große böse Welt" - gerne an alle

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Liebe Frau Ubbens, liebe Mamas, wir sind stolze Eltern von einem 1,5 Jährigen, allerliebsten kleinen Wirbelwinds, der sich prächtig entwickelt, unglaublich neugierig und aufgeschlossen ist und in jeder Hinsicht unser kleiner Sonnenschein ist! Wir erziehen (in unseren Augen :-) sehr liebevoll, geduldig und unser Kleiner darf viel ausprobieren. Wir sind jeden Tag stundenlang draußen und begleiten ihn gerne dabei, wie er seine kleine große Welt entdeckt. Trotzdem gibt es ab und zu Momente, in denen ich mir Rat und Unterstützung bei einem bestimmten Thema wünsche. Es gibt kein Schlagwort dafür, es ist einfach das komische Gefühl, ob wir wirklich das Richtige getan haben, so ein süßes, kleines, unschuldiges Wesen in diese "große böse" Welt gesetzt zu haben. Grundsätzlich sind wir wie gesagt sehr aufgeschlossen, tolerant und friedfertig erzogen worden (beide) und geben das selbstverständlich an unser Kind weiter. Unsere Hebamme sagte mal: "Du kannst nichts falsch machen, solange du dein Kind mit Liebe und Respekt behandelst". Das klingt sehr schön und danach richten wir uns gerne. Allerdings gibt es für mich einfach manchmal Momente, in denen ich mir denke: "Was hast du deinem Sohn angetan, ihn in diese Welt zu setzen...?". Die Nachrichten sind voll von schlechten Meldungen, und es scheint, als ob die Welt immer mehr in den Abrund rutscht - Katastrophen, Morde, Klimawandel, Korruption, Niedeträchtigkeit, Neid, Unmenschlichkeit... mein Gott ist die Liste lang. Nicht nur die "großen" Katastrophen wie z.B. in der Politik (unbrechbare Lobby-Arbeit zum Nachteil der Menschen, scheinheiliges Getue von Politikern, die sich nur selbst in die Tasche arbeiten...) als auch die "kleinen", alltäglichen Dramen (warum machen sich Mütter immer gegenseitig fertig? "Was, dein Sohn kann noch nicht....?" anstatt zu sagen, "komm, wir sitzen alle im selben Boot?"). Vor einigen Jahren mussten wir miterleben, wie unsere Mitbwohnerin von ihrem gewalttätigen Exfreund erschossen wurde und er sich danach selbst umgebracht hat. Es geht also nicht nur um die schlimmen Nachrichten, die man nur so hört und "große Verbrechen", die nur in Großstädten passieren (ja, ich übertreibe bewusst!), sondern ich weiß, dass das hier auch bei "uns" sehr ländlich passieren kann. Das Ereignis selbst haben wir verarbeitet, die beschriebenen Gedanken kommen sicher nicht davon. Ich bin weiterhin ein sehr lebenslustiger Mensch. Allerdings habe ich dadurch schon meine "Unschuld" verloren - ich war immer sehr "naiv" und allein sowas wie Seitensprünge, Gewalt in der Partnerschaft etc. gab es in meiner Beziehung und in der meiner Eltern nie, da bin ich sehr behütet aufgewachsen. Lange Zeit gab es sowas "in meiner Welt" einfach nicht. Natürlich bin ich nicht weltfremd oder dumm, aber ich war auch noch nie so hautnah bei einer Straftat dabei. "Die Welt kann sich nur ändern, wenn gute Menschen ihre Kinder zu guten Menschen erziehen". Das klingt schön, allerdings - bin ich die einzige die so denkt? Mein Kind soll ja nicht in einer Blase aufwachsen und geschockt sein, wenn es mal in die "wirkliche" Welt reist. Wie kann ich mein Kind schützen - vor ALLEM? Es geht ja schon bei der Sonne los - heutzutage kann man ja ohne Sonnencreme nicht mehr aus dem Haus. Leider, und das weiß ich, kann man sein Kind ja nicht vor allem schützen. Auch mein Kind hat blaue Flecken oder Schürfwunden, ganz klar. Im Alltag und bei der Erziehung spielen diese Gedanken selten eine Rolle. Also ich bin keine Übermutter, die ihrem Kleinen aus lauter Angst nichts erlaubt. Im Gegenteil, er darf so gut wie alles probieren, wenn er es nicht selbst schafft, dann holt er sich schon Hilfe. Meistens aber, und ich hoffe, das liegt auch etwas an dem Vertrauen, das ich in ihn habe, schafft er die allermeisten Dinge nach ein paar Versuchen selbst. Er weiß ziemlich genau, was er kann und was nicht. Diese trüben Gedanken kommen auch nicht ständig, ich würde sagen, so einmal in zwei Monaten, meist blitzen sie halt kurz auf, wenn man mal einen ruhigen oder traurigen Moment hat. Natürlich weiß ich, dass die Medien oft nur schlechte Nachrichten verbreiten. Es gibt genug tolle Geschichten von kleinen Alltagshelden, Geschichten von Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft, nur verkaufen die sich halt nicht so gut. Das weiß ich schon. Ich bin auch recht kritisch - SO schlecht, wie in den Medien dargestellt, kann die Welt nicht sein :-) Aber wenn man denn mal Alltagshelden kennen lernen darf - z.B. dieser Geschäftsmann, der Kinder schützen wollte und dafür tot geprügelt wurde - dann endet das oft genug in einer Katastrophe. ICH würde mich in vielen derartigen Situationen nicht mehr einmischen, wo ich es früher vielleicht doch getan hätte. Nicht, dass mir das ständig passieren würde. Trotzdem. Mich würde mal interessieren, ob andere Mütter auch ab und zu solche Gedanken haben und wie ihr die "verscheucht" oder euch damit auseinandersetzt. Auch die Meinung von Ihnen, liebe Frau Ubbens, interessiert mich sehr, denn obwohl ich selbst kaum schreibe, lese ich sehr viel still mit und finde Ihren Rat immer von Herzen und wunderbar! Herzlichen Dank für alle Antworten, Tips, Anregungen :-) Viele Grüße Anja

von AnjaMitBaby am 21.06.2017, 13:43



Antwort auf: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Liebe Anja, ich kann mich den Antworten meiner Vorrednerinnen anschließen. Es ist ganz normal, sich Gedanken über die nicht sehr schönen Dinge des Lebens zu machen. Dem gegenüber sollte man sich immer wieder die schönen Dinge bewusst machen. Überkommen Sie Gedanken über die "böse" Welt, gucken Sie Ihren Sohn an und freuen sich über die neuesten Fortschritte, ein selbstgemaltes Bild, den Gänseblümchenstrauß usw. Ihr Sohn wird Ihnen zeigen, dass man ein unbeschwertes Leben auch trotz der vielen Schreckensnachrichten haben kann und dieses liebens- und lebenswert ist. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 23.06.2017



Antwort auf: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Hallo Anja. Ich finde es schön, das es Menschen gibt, die sich über das Thema Gedanken machen. Meine Meinung hierzu ist die, das wir versuchen sollten, unsere Kinder ebenso zu Toleranten und Starken Persönlichkeiten zu erziehen. Ich denke, mit der richtigen Einstellung zum Leben und mit der Ruhe in sich selber werden unsere Kinder diese Welt nicht als Gefährlich wahr nehmen,-sondern als etwas schönes. Du hast deinem Kind nix ''böses'' angetan- von dem Gedanken muss man sich verabschieden! Das gibst du unbewusst deinem Kind mit. Ich versuche meinen (jetzt 6 jährigen Sohn) so zu erziehen, das er immer weiß woran er ist, ich verschone ihn nicht und pack ihn erst Recht nicht in Watte. Er bekommt altersangemessene Aufgaben und angemessenes Lob-auch für Dinge die sonst nicht gut klappen. Ich seh das er zufrieden so ist und sollte er Fragen zu der 'bösen Welt' haben so werde ich sie ihm Wahrheitsgemäss ,für ihn verständlich beantworten. Wie ist denn die wirkliche Welt? Jeder Mensch hat diesbezüglich eine andere Wahrnehmung. Habe sie selbst in meiner Jugend als bedrohlich empfunden und jetzt im Erwachsenenalter empfinde ich sie trotz allem Pipapo als angenehm und sehr schön. Sieh dir dein Kind an und es zeigt dir seine Welt. ;) Versuche nicht diese Gedanken zu verscheuchen-nimm sie an und dann findest du einen Weg damit zu arbeiten! junima2011

von junima2011 am 21.06.2017, 18:01



Antwort auf: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Hallo liebe Anja Mach dir keine Sorgen hätte dein Sohn nicht auf diese Welt kommen wollen wäre er nicht hier seine Seele hat sich bewusst dazu entschieden er wird das Leben hier meistern und die Aufgaben bewältigen die auf ihn zu kommen. Ich kann dir das Buch Seelenverträge Band 1 Absprachen in liebe von leila Eleisa Ayach empfehlen danach habe ich so einiges anders gesehen und verstehe so einiges mehr glg

von Andy-Pagal am 21.06.2017, 19:47



Antwort auf: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Hallo! Deine Worte hätten auch so von mir sein können. Wir haben eine 14 Monate alte Tochter, die wir mit viel Liebe, Vertrauen und Respekt erziehen. Auch wir (mein Mann und ich) sind behütet und liebevoll aufgewachsen. Manchmal überkommt ein der Gedanke. Wie sieht die Welt wohl in 20,30 Jahren aus, wenn meine Tochter erwachsen ist?! Manchmal erdrückt ein diese Sorge. Ich bin eigentlich auch ein positiver Mensch und versuche das auch so meiner Tochter weiter zu geben. Diese Gedanken sind aber einfach manchmal da. Ich glaube, man muss sie einfach akzeptieren und aufpassen, dass sie nicht überhand nehmen. Wichtig ist, auch die schönen Dinge zu sehen ...Auch die Kleinigkeiten. Die Hilfsbereitschaft der Menschen, wenn dein Kind lacht, spielende Kinder auf der Straße, die Natur...... Auch hier kann man eine lange Liste schreiben. Kriege gab es schon immer...vor tausenden vor Jahren schon. Heutzutage wird einfach viel mehr darüber berichtet. Ich weiß ganz genau, was du fühlst und man sollte diese Sorgen vielleicht einfach zwischendurch zu lassen, damit man sie danach wieder gegen schöne Gedanken eintauschen kann :) Und dann ist "diese böse Größe Welt" auf einmal gar nicht mehr "nur" böse! LG

von Frieda19 am 22.06.2017, 22:43



Antwort auf: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Hallo, wir hatten diesen Gedanken auch lange, bis wir uns entschieden haben, doch ein Baby zu bekommen. Ich denke, auch vor 30 Jahren, als wir zur Welt kamen, gab es schlimme Dinge in der Welt, und als unsere Eltern gezeugt wurden, war die Situation im der Welt auch nicht immer rosig, sondern ganz im Gegenteil: ein vom Krieg noch immer gezeichnetes Land, in dem nichts mehr so war, wir man es vorher kannte. Jede Generation muss mit anderen Schwierigkeiten leben und auskommen; wichtig ist, wie wir unseren Kindern die Welt erklären, ohne ihnen Angst zu machen. Mit den kleinen Widrigkeiten des Alltags kann man vielleicht mit etwa mehr Lockerheit angehen (z.B. die von dir beschriebene Sonneneinstrahlung), die großen Dinge des Weltgeschehens, wir IS-Terror etc. kann man nicht oder nur sehr schwer ändern und man muss jeden Tag genießen und dankbar sein, dass wir in unserem doch sehr sicheren Land leben dürfen und unsere kleinen Zwerge haben - die es vielleicht schaffen, die Welt in Zukunft doch wieder etwas besser zu machen.

von Anniquita83 am 23.06.2017, 14:39



Antwort auf: "Diese große böse Welt" - gerne an alle

Und ich dachte, dass ich alleine bin mit solchen Gedanken. Dein Text hätte auch von mir sein können. Manchmal mache ich mir Vorwürfe, weil ich 2 Kinder gemacht habe. Dann schaue ich sie mir an und bin überglücklich. Ich versuche die Bosheit auf der Welt zu vergessen. Aber gleichzeitig gebe ich mein Bestes dafür, dass sie zu selbstbewussten Menschen werden, die sich wehren und schützen können. Ich hoffe, dass sie ein glückliches Leben vor sich haben und der Welt was etwas Liebe und Güte geben werden.

von Whity am 24.06.2017, 16:18