Frage: Auf Konfrontationskurs

Hallo, ich habe zwei Söhne: 2 3/4 Jahre und 15 Monate. Beide Kinder werden von mir betreut, allerdings ist der Große an zwei Tagen in der Woche zusammen mit einem anderen Jungen (zufällig so alt wie unser Kleiner) bei einer Tagesmutter. Diese hat mehr als 20 Jahre Berufserfahrung und beschreibt ihn als sehr intelligent, zwar als "Räuber", aber als sehr lieben Kerl, stets gut gelaunt etc. Allerdings ist er Zuhause ganz anders. Noch vor ein paar Monaten waren wir davon überzeugt, dass der geringe Altersabstand zwischen unseren beiden Jungs zwar anstrengend aber genau richtig ist. Wir hatten zwar immer mal wieder mit leichten Eifersüchteleien des Großen zu tun, aber nie gravierend. Jetzt ist es allerdings schon seit Wochen so, dass unser Großer mir und meinem Mann gegenüber extrem auf Konfrontationskurs geht. Fast hat man den Eindruck, er tue den ganzen Tag mit voller Absicht nur das, was verboten ist: Essen runterwerfen, auf der Couch springen, seine Getränkeflasche ausschütten, etc. Auch ignoriert er quasi alles, was wir sagen. Er verweigert sich oft komplett, als würde er uns nicht hören, beispielsweise wenn wir ihn bitten, ein Buch aufzuheben, das er hinuntergeschmissen hat, die Fliegengittertür zu schließen, die er geöffnet hat, etc. Zudem kneift, schlägt und schubst er den kleinen Bruder immer wieder. Und auch mich und meinen Mann haut er, wenn er nicht bekommt, was er will, bzw. wenn wir ihn ermahnen, weil er etwas tut, das er nicht tun soll. Ich (und auch mein Mann) versuche immer ruhig zu bleiben, ihm zu erklären, dass ich zum Beispiel nicht will, dass er den Kleinen haut, weil das weh tut. Ich erlaube ja auch nicht, dass er gehauen werde. Allerdings macht er dann immer weiter und treibt es so weit, bis ich schließlich doch meine Fassung verliere und ihn anschreie und/oder zur Strafe den Schnuller wegnehme, aus dem Zimmer schicke oder ähnliches. Ich habe sogar den Eindruck, dass das sein eigentliches Ziel ist. Natürlich ist mir klar, dass ich ruhig bleiben müsste, aber dies fällt mir von Tag zu Tag schwerer. Mittlerweile ist unsere Mutter-Sohn-Beziehung schon völlig von dieser Situation überschattet. Mein Großer kommt mir insgesamt traurig vor. Es gibt kaum mehr harmonische Zeiten. Ständig bin ich nur am Schimpfen. Und obwohl ich mich von Anfang an sehr bemüht habe, beiden Jungs gleich viel Zeit, Aufmerksamkeit etc zu widmen, muss es dem Großen wohl so erscheinen, dass er nur geschimpft wird, während ich mit dem kleinen Bruder lache und spiele. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kleine noch viel gestillt werden will, was unserem Großen deutlich missfällt. Klar, so hat der brave kleine Bruder ja noch mehr Harmonie-Zeit mit der Mama. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass unser Großer auch schon vor der Geburt des Geschwisterchens sozial nicht einfach war. Er ist zwar freundlich und aufgeweckt, schon seit er sich fortbewegen konnte (sehr früh gekrabbelt und gelaufen), hätte ich jedoch das Problem, dass er anderen Kindern und teils auch Erwachsenen gegenüber aggressiv auftrat: an den Haaren ziehen, auf den Kopf hauen, in die Augen langen etc. Lange haben wir versucht, dieses Verhalten damit zu erklären, dass er eben noch keine andere Art der Kontaktaufnahme hat, da er erst recht spät anfing zu reden, aber mittlerweile sind wir zunehmend verunsichert. Ich könnte noch sehr viel mehr schreiben, hoffe aber, dass Sie hoffentlich auch so schon ein Bild von unserer momentanen Situation bekommen haben. Vielleicht können Sie mir ja ein bisschen weiterhelfen. Ich bin am Verzweifeln und mit meinem Latein am Ende. Langsam habe ich Angst, dass das eben nicht nur eine Phase der Eifersucht ist, sondern unser Verhältnis und das gesamte Familienleben dauerhaft schädigt. Wie bekomme ich meine großen Räuber nur aus dieser "Bad Guy" Ecke und kann ihm helfen, wieder fröhlich und halbwegs friedlich am Familienleben teilzunehmen? Ich habe Angst vor einer stetigen Abwärtsspirale. Vielen Dank!

von Aboutagirl am 23.07.2015, 13:34



Antwort auf: Auf Konfrontationskurs

Liebe Aboutagirl, Ihr Sohn testet seine Grenzen aus. Das tun fast alle Kindern in seinem Alter, die meisten in etwas abgeschwächterter Form. Versuchen Sie nicht, Ihrem Sohn zuviel zu erklären. Ein einfaches NEIN genügt. Sie wollen etwas nicht, also heißt und bedeutet es NEIN. Ihr Sohn spielt mit dem Essen, dann ist nach einem NEIN die Mahlzeit für ihn beendet. Er spingt auf der Couch, dann darf er das Wohnzimmer verlassen, die Getränkeflasche gibt es nur noch in Ihrem Beisein und wird nach dem Trinken wieder außer Reichweite gestellt usw. Soll er etwas tun, dann formulieren Sie die Bitte nicht als Frage "Würdest du bitte das Buch aufheben?", sondern als klare Aufforderung: "Hebe bitte das Buch auf." Haut er, dann sagen Sie deutlich NEIN. Macht er weiter, dann verlassen Sie mit den Worten, dass Sie nicht gehauen werden wollen und darum jetzt den Raum verlassen, das Zimmer für ein paar Minuten. Haut, schubst, kneift er den kleinen Bruder, dann gehen Sie mit dem Bruder raus. Strafen Sie ihn nicht damit, dass Sie ihn rausschicken, nehmen ihm aber sein Gegenüber. So spürt er eine direkte Konsequenz auf sein Handeln, denn was hat das Wegnehmen des Schnullers mit dem Hauen zu tun? Während der Stillzeiten können Sie dem Großen vielleicht ein Buch vorlesen. Er kann sich dabei ankuscheln und hat dann genausoviel Harmonie-Zeit mit der Mama, wie der Bruder. Am Wochenende oder wann immer der Papa Zeit hat, versuchen Sie beiden Jungs jeweils alleinige Aufmerksamkeit zu schenken. Das muss nicht über Stunden sein, ein paar Minuten reichen oft schon aus. Nicht immer alle zusammen. Jeder bekommt für sich Exclusivminuten mit Mama und Papa allein. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 25.07.2015



Antwort auf: Auf Konfrontationskurs

Liebe Frau Ubbens, herzlichen Dank für die schnelle Antwort! Viele Grüße, Aboutagirl

von Aboutagirl am 25.07.2015, 23:42