Frage: Zwei Fragen..

Lieber Herr Dr. Posth! Ich habe eine Frage zum Impfen. Meine Tochter bekommt jetzt die zweite Sechsfachimpfung. Das letzte Mal war schrecklich. Sie hat so geweint, dass ich sie danach nur noch sehr schwer beruhigen konnte. Würde es vielleicht helfen, wenn ich sie während dem Pieks stille? Ich habe gelesen, dass Babies beim Stillen weniger schmerzempfindlich sind. Oder überträgt sie diesen Schmerz dann aufs Stillen? Kennen sie vielleicht noch andere "Tricks"? Ich habe noch eine weitere Frage. Meine Tochter (3 Monate) beschäftigt sich jetzt schon über einen längeren Zeitraum (bis zu einer halben Stunde)alleine mit dem Spielbogen über ihrer Decke. Ist das in Ordnung?Ich habe dann immer ein schlechtes Gewissen, dass ich sie einfach "ablege" und mich solange mit etwas anderem beschäftige. Wenn sie quengelt, gehe ich natürlich gleich zu ihr und nehme sie zu mir. Vielen dank für Ihre Hilfe und ein dickes Lob für Ihre einfühlsamen und differenzierten Antworten hier im Forum!

Mitglied inaktiv - 13.08.2007, 00:39



Antwort auf: Zwei Fragen..

Hallo, das ängstliche und das weinende Kind beim Impfen ist ein Thema, das der kollektiven Verdrängung unterliegt. Wenn man gar als Arzt sagt, daß einem dieses nicht wegzudiskutierende Phänomen zu denken gibt, wird man schnell als Nestbeschmutzer betituliert. Es heißt, was ist schon das bißchen Schreien und Angst (später) gegen die mögliche Krankheit. Und mit diesem Argument werden hemmungslos neue Impfungen produziert, die die Ki-ärztinnen und -ärzte frei jeder Gewissensregung in die wehklagenden Kinder spritzen sollen. Das soll nicht heißen, daß man nicht impfen darf! Es soll nur heißen, daß Impfen ein Geschäft mit hoher ethischer Herausforderung und großer medizinischer Verantwortung ist. Normalerweise jagt man einem gesunden und zunächst noch fröhlichen Kind keine lange Nadel in das Fleisch. Es obliegt also der Ärztin, dem Arzt, die bestmöglichen Tricks und Kniffe zu entwickeln, das Impfen so atraumatisch zu gestalten wie es nur geht. Wie das aber der Arzt schafft, dafür gibt es keinerlei Richtlinien. Das muß er selbst erfinden. Man kann sehr schmerhaft und man kann relativ schmerzlos impfen. Im Einzelfall aber, bei großer Schmerzempfindlichkeit oder unünerwindbarer Angst, bleibt das Impfen ein nicht ganz gewaltloser Akt und verursacht auch danach noch Schmerzen. Nicht immer gelingt es dem Arzt , einem solchen Verlauf auszuweichen. Auch mir nicht. Ich bin danach immer wieder betroffen, aber auch ich sehe die Zwickmühle zwischen höchstmöglichem Schutz für das Kind (der bei den meisten Impfungen zweifelsohne besteht) und dem momentanen Trauma, das dem Kind zugefügt wird. Das Impfen so zu sehen, ist ein echten Dilemma. Darum wird es fast immer verdrängt und darf nicht diskutiert werden. Ob das gleichzeitig Stillen hilft, muß probiert werden. Eine Angst vor dem Stillen wird aber bei einem Mal sicherlich nicht konditioniert. Das halbstündige "Spielen" mit dem Spielereck geht hingegen völlig in Ordnung. Wenn ein Säugling zufrieden ist, dann geht es ihm gut! Was wollen Sie mehr? Viele Grüße und vielen Dank für Ihr Lob

von Dr. med. Rüdiger Posth am 13.08.2007