Lieber Dr. med. Nohr, unser Sohn ist 1,5 Jahre alt und hat ein Verhalten, dass ich bei anderen Kindern noch nie beobachten konnte. Und zwar versucht er wie in einem Rudel immer alle zusammenzuhalten. D.h. wenn wir mit Oma u. Opa spazieren gehen, dann läuft er normal mit uns mit. Achtet aber penibel darauf, dass niemand vorgeht, stehenbleibt o.ä. Dann ruft er denjenigen und holt ihn zurück. Auch wenn er etwas entdeckt, muss er es allen zeigen. Z.B. einen Vogel.
Sind wir auf einer Familienfeier, dann holt er sich die Leute, mit denen er vertraut ist, zu sich auf den Boden. Er sammelt quasi alle vom Tisch ein.
Wenn mein Mann und ich beide zuhause sind, kann er es nicht ertragen, wenn Papa z.B. in der Badewanne ist und ich mit ihm runter in die Küche gehe. Er möchte immer, dass alle zusammen sind. Das ist von Anfang an so und recht anstrengend.
Wie deuten Sie dieses Verhalten? Ist es für ihn selbst nicht ziemlich stressig, dass er immer den Überblick behalten muss/will, dass alle zusammen bleiben?
Wir freuen uns sehr über Ihre Einschätzung hierzu.
LG
von
excellence2
am 29.10.2019, 12:01
Antwort auf:
Stresst er sich mit seinem Verhalten?
Hallo,
Sie beschreiben da ein interessantes und eigentlich sehr positives Sozialverhalten. Ich würde das so verstehen, dass Ihr Kind das Vertraute/die Vertrauten braucht, um sich zurechtzufinden. Kinder entwickeln ja oft ein ziemlich regelhaftes (fast zwanghaftes ) Verhalten, weil das Bekannte Sicherheit vermittelt. Es ist eine ungeheure Menge an Informationen, die Kinder verarbeiten müssen und das tun sie auch damit, indem sie feste und damit wiedererkennbare Regeln entwickeln (so muß das Märchen immer im gleichen Wortlaut vorgelesen werden, muß das Abendritual immer gleich sein, die Sitzplätze immer gleich verteilt usw.). Nur so gibt es in dem Gewirr der Erfahrungen ausreichende "Ruheplätze", die gerade dem stress entgegenwirken.
Man kann diesen Wünschen nicht immer nachkommen, aber wenn man sie als Sicherung versteht, ist es leichter und spielerischer möglich, auf sie einzugehen.
Mit der Zeit ändern sich diese Sicherungs-"Konzepte" und dann werden Sie schmunzelnd von diesem "Gruppenzwang" erzählen.
Dr.Ludger Nohr
von
Dr. med. Ludger Nohr
am 29.10.2019
Antwort auf:
Stresst er sich mit seinem Verhalten?
Hinzu kommt sein eiserner Wille. Z.B. darf ich ihm nur einen Schuh anziehen und Papa den anderen, wenn er da ist. Oder einen Schuh Opa und einen Oma.
Sein Gerechtigkeitssinn scheint ebenfalls ausgeprägt zu sein. Er hat noch nie jemandem ein Spielzeug weggenommen. Ganz im Gegenteil, er geht zu anderen Kindern hin und gibt ab/teilt.
Er wird übrigens nicht fremdbetreut. Ich habe 3 Jahre Elternzeit genommen.
LG
von
excellence2
am 29.10.2019, 12:07
Antwort auf:
Stresst er sich mit seinem Verhalten?
Hallo,
Sie beschreiben da ein interessantes und eigentlich sehr positives Sozialverhalten. Ich würde das so verstehen, dass Ihr Kind das Vertraute/die Vertrauten braucht, um sich zurechtzufinden. Kinder entwickeln ja oft ein ziemlich regelhaftes (fast zwanghaftes ) Verhalten, weil das Bekannte Sicherheit vermittelt. Es ist eine ungeheure Menge an Informationen, die Kinder verarbeiten müssen und das tun sie auch damit, indem sie feste und damit wiedererkennbare Regeln entwickeln (so muß das Märchen immer im gleichen Wortlaut vorgelesen werden, muß das Abendritual immer gleich sein, die Sitzplätze immer gleich verteilt usw.). Nur so gibt es in dem Gewirr der Erfahrungen ausreichende "Ruheplätze", die gerade dem stress entgegenwirken.
Man kann diesen Wünschen nicht immer nachkommen, aber wenn man sie als Sicherung versteht, ist es leichter und spielerischer möglich, auf sie einzugehen.
Mit der Zeit ändern sich diese Sicherungs-"Konzepte" und dann werden Sie schmunzelnd von diesem "Gruppenzwang" erzählen.
Dr.Ludger Nohr
von
Dr. med. Ludger Nohr
am 29.10.2019