Frage: Sprachenwirrwarr – wie helfen?

Sehr geehrter Herr Posth, Unser Sohn (3,5) spricht Deutsch (Schweiz), Englisch und Polnisch. Er ist für sein Alter in allen Sprachen weit entwickelt und bis Dato gab es diesbezüglich wenig Probleme (kann noch nicht „r“ aussprechen und verwechselt „l“ und „n“, wobei das letzte immer weniger). Er hat im letzten Jahr die Sprachen so gut wie nicht vermischt. Seit einigen Wochen habe ich aber beobachtet, dass seine Deutschkenntnisse wie ein Sprung nach vorne gemacht haben und er sich in der Sprache viel komplizierter ausdrucken kann, spricht er fängt an, die Vergangenheit- Zukunft und Konditionalformen richtig zu bilden. In den anderen Sprachen und vor allem im Polnischen ist die Entwicklung nicht so fortgeschritten und die Ausdrucksmöglichkeiten scheinen zu fehlen. Seitdem es so ist, fing er an, sich mit dem Deutschen in anderen Sprachen zu behelfen. So z.B. bildet er Sätze wie „I’ll be wait“ (übernommen aus Deutschem „ich werde warten“ anstatt I’ll wait). Im Englischen sind seine Sätze dennoch verständlich und nach ein paar mal sagen lassen sich die Fehler korrigieren, im Polnischen ist es manchmal eine wahre Katastrophe, die keiner ohne Kenntnis der beiden Sprachen verstehen kann. Er ist auch nicht gewillt, die korrekte polnische Grammatik (die sehr abweicht) zu übernehmen, auch wenn ich die Sätze mehrmals richtig wiederhole. Er reagiert auch gereizt, wenn ich zuviel korrigiere, was irgendwie verständlich ist, weil letztendlich kein Gespräch zustande kommt. Ich weiss momentan nicht, wie ich weiter fortfahren soll. Wenn ich ihn nicht korrigiere, sondern korrekt frage „aha, Du wolltest das und das sagen“ – sagt er „ja,....“ und wiederholt seinen „falschen“ Satz genauso wie er es davor gesagt hat. Wenn ich korrigiere, wiederholt er es selten richtig und meistens wird er wütend und redet fortan nur noch Deutsch. Wird es sich „von selbst“ legen und falls nicht, was kann ich machen, damit er die Sprachen wieder trennt und korrekt spricht? Und noch eine „Zukunftsfrage“: Ich weiss, es hört sich vermutlich sehr verfrüht an, dennoch ist es so, dass er anfängt, nach Buchstaben zu fragen und kann zumindest seinen Namen aus Magnetbuchstaben zusammensetzen (schreiben kann er sie nicht – er schafft es nicht mal einen „richtigen“ Kreis zu zeichnen). Mir ist dabei aufgefallen, dass wenn ich jetzt anfange, ihm die Buchstaben zu erklären wird es darauf hinaus laufen, dass er die polnische Schreibweise lernt. Da ich mir überhaupt nicht sicher bin, ob das richtig ist (was wird passieren, wenn er dann anfängt, Deutsch zu lesen?) habe ich die Buchstaben weggepackt und lenke ihn bei Büchern ab, so dass das Buchstabieren gar nicht zum Thema wird. Ich bezweifle aber sehr, dass ich ihn solange „hinhalten“ kann, bis er im Kindergarten (ab 5 oder 6? ) lesen lernt. Was soll ich aber machen? Ihm die Buchstaben auf Deutsch erklären, auch wenn wir sonst nur Polnisch miteinander sprechen? Und wie soll generell das Lernen von Lesen / Schrieben in den drei Sprachen verlaufen? Gleichzeitig, mit Abständen, wie gross müssten die Abstände sein, was wäre dabei zu beachten? Ich bin momentan ziemlich verwirrt und wäre für jeden Rat sehr dankbar. Schöne Grüsse, Hanna

Mitglied inaktiv - 12.07.2004, 14:23



Antwort auf: Sprachenwirrwarr – wie helfen?

Liebe Hanna, Sie müssen sich schon irgendwie dazu einstellen, was Sie Ihrem Sohn beibringen wollen. Ihr Sohn scheint ja bereits eine Wahl getroffen zu haben. Sie leben in der deutschsprachigen Schweiz? Da wird Ihr Sohn Kontakte mit Kindern bekommen, die deutsch sprechen. Also ist das die favorisierte Sprache. Die genannten Ausspracheprobleme sind übrigens noch in der Altersnorm. Es kann ja zu Hause Momente geben, in den Sie gezielt polnisch oder englisch mit ihm reden, aber die entscheidenden Sprachelemente sollten aus der Sprache kommen, die er in seinem sozialen Umfeld spricht. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 14.07.2004