Guten Tag Herr Dr.,
eine Frage zu meinem 13 Monate alten Sohn. Mein Sohn hat schon von Geburt an viel gequengelt und anfangs häufig geschrien. Bis heute ist er sehr auf mich fixiert, auf dem Vater nur teilweise. Anderen gegenüber fremdelt er sehr oft. Insgesamt ist er ein sehr bequemes Kleinkind. Möchte häufig auf dem Arm. Er kann krabbeln, sitzen und sich hochziehen. Allerdings ist es ihm oft am Liebsten, wenn er sitzen kann (z. B. in einer Schaukel) oder von mir getragen wird. Wenn ich dem nicht nachkomme gibt es Geschrei.Wie soll ich damit umgehen? Ich kann und will ihn nicht ständig umhertragen. Es ist außerdem sehr anstrengend für mich, wenn er Anderen gegenüber so "unaufgeschlossen" ist; demzufolge kann mich aus meinem Umfeld kaum einer entlasten. Ist das viele Fremdeln für sein Alter noch normal? Wie kann ich ihn dazu bewegen sich mehr auf "anderes" einzulassen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Herzliche Grüße Paula
Mitglied inaktiv - 10.04.2007, 15:57
Antwort auf:
Quengeln und Fremdeln
Stichwort Quengeln
Liebe Paula, am liebsten würde ich Sie erst einmal auf meine drei Langtexte, link oben links verweisen, oder auf die verschiedenen Antworten zu Fremdeln und Anhänglichkeit im gezielten Suchlauf. Aber ich kann Ihnen auch schon etwas vorweg sagen. Die Verhaltensweisen Ihres Sohnes, die Sie hier beklagen, sind zu einem großen Teil sicher angeboren und entsprechen seinen charakterlichen Anlagen und seinem Temperament. Allerdings kommt in der Ausgestaltung dieser Anlagen sehr viel darauf an, wie man als Eltern mit all diesen Erscheinungnen im Verhalten umgeht. So wird ein viel quengelnder und stark fremdelnder Säugling nicht einfacher, wenn man ihn jedem Nächstbesten auf den Arm gibt. Oder in dem man ihn ruhig viel quengeln läßt, damit er zu warten lernt. Genau das Gegenteil wird der Fall sein.
Wenn man aber meint, man brauche nur solange zu warten, bis er aufhört zu quenglen und erfüllt dann erst seinen Wunsch, dann wird man sich wundern, wie lange der Säugling qungeln und zum Schluß schreien kann, bis er damit aufhört. Dann aber möchte er das Erwünschte gar nicht mehr und meist ist dann auch ein kleines Stück in seiner Seele zerstört worden.
Also wird man sich, solange der Säugling sich noch nicht selbständig fortbewegen kann, damit abfinden müssen, ihn viel herum zu tragen und ihm möglichst schnell seine Bedürfnisse zu befriedigen. Aus dieser Zuwendungsintensität erwächst aber nicht maßloser Anspruch in Zukunft -wie einem die Altvorderen immer weiß machen möchten- sondern ganz im Gegenteil zunehmende Zufriedenheit mit der Fähigkeit, später sogar besser warten zu können, in der Gewißheit, daß ihm niemals etwas Wichtiges versagt bleibt. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 14.04.2007