Normaler Alltag mit Kindern?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Normaler Alltag mit Kindern?

Hallo, ich krieche auf dem ZahnFleisch, weil ich keine Zeit für mich habe. Nicht mal eine halbe Std. am Tag.. Ich frag mich daher, ob ich was falsch mache oder wie die Mütter das früher gemacht haben. Meine Mutter hat mich um 19.00 Uhr damals ins Bett gebracht. Habe ich nicht gleich geschlafen, hat sie trotzdem den Raum verlassen. Der Abend gehörte ihr. Genau so lief es beim Mittagsschlaf. Viele viele Mütter erzählen mir, dass sie das früher so mit ihren Kindern gemacht haben (70er/80er Jahre). Bei uns geht das gar nicht. Das gab immer Gebrüll oder es wurde nicht im Bett geblieben. Einfach so ablegen-undenkbar. Ich hab Stunden mit Einschlafbegleitung verbracht u konnte oft selbst nach dem Einschlafen den Raum nicht verlassen, da wurde ich gleich wieder gerufen. Das ist bis heute so. Ich schaffe nix und bin wirklich frustriert. Gerade liege ich wieder im Bett, kann nicht weg, da dann nur geweint wird. Seit 4 Jahren geht das nun schon so. Mein Sohn (4) schläft mittlerweile durch, aber meine Tochter (fast 1) "pfeift" mich ständig ins Bett zurück. Ja, das bedeutet, dass ich seit 4 Jahren keinen Abend für mich habe. Ich hab kaum Gelegenheit mit meinem Mann zu sprechen und brauche Monate für zB die Steuererklärung oÄ. Kurze Zeitfenster, in denen meine Kinder spielen, sind besetzt mit Haushaltsaufgaben. Ich mag so nicht mehr. Ich will mal einfach in Ruhe fern sehen, quatschen, massiert werden oder iwas schönes.. nicht immer nur an meinen Kindern kleben.

von Sonntagsgoere am 05.07.2021, 01:01



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Hallo, nein, lösen kann ich das Problem für Sie nicht, aber vielleicht ein paar Gedanken hinzufügen. Die Erziehung in den 50/60 Jahren lief tatsächlich teilweise so wie Sie es beschrieben haben. Aber die Ergebnisse dieser autoritären und strengen Erziehung waren nicht besonders. Die Gegenbewegung des laissez faire konnte auch nicht die Lösung sein. Heute versuchen Eltern zu häufig alles, damit die Kinder zufrieden sind und sie mögen. Das gilt für die meisten Bedürfnisse - bis "der Kragen platzt". M.E gilt es, wieder ein gemeinsames Maß zu finden, in dem sich alle Familienmitglieder wiederfinden können. Natürlich gibt es dann trotzdem Zeiten, in denen man an die Grenzen kommt, aber es ist nicht so ein Ausgeliefertsein, da man den Modus mitentscheidet. Die Kinder merken, welche innere Position man hat, und wie wesentlich die Bestätigung in diesen Beziehungen ist. Die Bedürfnisse aller sind wichtig, auch wenn sie unterschiedlich schnell erfüllt werden. Und Liebevolle Klarheit ist eine Haltung, die wesentliche Bedürfnisse erfüllt, aber auch zumutet, wenn das sinnvoll und nötig ist. Das ist jetzt keine Handlungsempfehlung, da kommt vielleicht mehr von anderen Eltern, aber ein paar Gedanken, die die eigene Position vielleicht etwas ergänzen. Und wie Sie bei Ihrem Vierjährigen sehen, ändern sich die Zeiten und Notwendigkeiten. Alles Gute. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 05.07.2021



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Eigentlich ist es ja Quatsch, dass ich Ihnen das schreibe, sie können es ja auch nicht für mich lösen.. Glauben Sie, dass ich meine Kinder verhätschele (Das höre ich zumindest oft). Viell mag mir ja die ein oder andere Mama schreiben? Wie läuft das bei Euch? Liebe Grüße und vielen Dank

von Sonntagsgoere am 05.07.2021, 01:06



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Hallo Meine Gedanken dazu: Wenn ein Kind stundenlange Einschlafbegleitung benötigt, muss man sich überlegen ob es auch tatsächlich müde genug ist? Vielleicht waren die Tagesschläfchen zu lange oder das Kind zu wenig ausgelastet. Von einem 4- Jährigen würde ich mich nicht mehr abends terrorisieren lassen. Falls er zur zu Bett geh Zeit nicht müde ist, müsste er sich selber ruhig beschäftigen können, z.B. mittels Hörspiel oder Bücher anschauen. Bei meiner 2 Jährigen mache ich das so, dass sie bei uns im Bett einschläft, während dem ich lese (nur wenig gedämmtes Licht). Sie ist sich das gewohnt und das klappt prima. Wenn sie dann fest eingeschlafen ist, schaue ich mir meine Doku‘s/Filme neben ihr auf dem Tablet mit Kopfhörern an. Wir sind auch nachts jederzeit für die Kinder da bei Bedürfnissen wie Hunger, Durst, Angst, Schmerzen etc. aber es gibt nach 20.00 Uhr kein Entertainment mehr. Für uns Mamis ist es auch wichtig, jemanden zu haben der uns die Kinder regelmässig abnimmt, damit wir mal 1-2 Stunden Zeit für unsere Hobbies haben. Und natürlich bleiben die Kleinen nicht ewig klein und wollen schon bald ganz gross sein und nicht mehr von Mami betüddelt werden :) Liebe Grüsse und alles Gute

von MarcelineCH am 05.07.2021, 21:55



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Ich verstehe dich gut, habe jetzt das Glück, dass mir die Abende wieder selbst gehören nach fast drei Jahren. Habe auch zwei Kinder, die aufgewacht sind, sobald ich das Zimmer verließ. Seit der kleine ein Jahr ist, schlafen sie zumindest ein paar Stunden gemeinsam in ihrem Zimmer aneinander gekuschelt und lassen sich auch vom Papa beruhigen. Es wird ganz sicher besser! Hast du die Möglichkeit, dass Papa oder Großeltern die beiden mal für ein paar Stunden übernehmen und zb an Wochenende auf den Spielplatz gehen? Nie Zeit für sich zu haben, ist auf Dauer nicht gesund, zumindest für mich nicht.

von ml1820 am 05.07.2021, 21:59



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Hallo, aus Deiner Frage liest sich nicht heraus, wie die Schlafsituation Deiner kleinen Tochter ist, wenn Du zurückgepfiffen ;) wirst. War sie da schon am Schlafen und wacht dann auf, wenn Du gehst? Oder versuchst Du zu gehen, während sie noch wach ist? Dass sie sich bei Letzterem meldet ist völlig normal; natürlich will (und soll!) kein Baby/Kleinkind alleine einschlafen; sie benötigen Nähe und Körperkontakt, um genügend Sicherheit zu empfinden, einschlafen zu können. Wo schläft sie überhaupt? Im eigenen Zimmer, im Zimmer mit ihrem Bruder, im Beistellbett bei Euch, im Elternbett? Falls es die erste Situation ist: Kinder haben auch Schlafzyklen; im Gegensatz zu unseren 1,5 Stunden sind das bei Babys etwa 30 bis 40 min (individuell unterschiedlich je nach Kind). Dann wachen sie leicht auf, vergewissern sich, dass weiterhin Schutz da ist, und schlafen dann wieder weiter. Die Kunst ist es also, während dieses leichten Aufwachens da zu sein. Ich glaube, dieser Artikel könnte Dir weiterhelfen; er geht auch auf Deine Fragestellungen ein: https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2013/02/einschlafbegleitung-warum-auch.html Du fragtest nach den Erfahrungen anderer Mütter. Unser Zweijähriger (Einzelkind) wird abwechselnd von Mama und Papa ins Bett gebracht, so dass der andere Elternteil zu der Zeit was machen kann. Unser Sohn bekommt seine Schlafroutine (bei uns: Zähneputzen, umziehen auf Wickelkommode, manchmal spielen oder lesen wir dort noch ein wenig, dann Katze, Aquarium und Spielzeug Gute Nacht sagen, auf Wunsch noch ein Spielzeug mitnehmen fürs Bett, zum Schluss immer an derselben Stelle dem anderen Elternteil Gute Nacht sagen/Nasenbussi geben, dann ins Schlafzimmer). Wir haben ein Beistellbett zum Rüberklettern an unserem Bett stehen, aber in den allermeisten Fällen will er eh in unserem Bett einschlafen. Aus alter Gewohnheit bekommt er noch eine Flasche verdünnte Milch. Selten schläft er dabei noch ein, meist aber nicht. Dann wird gekuschelt, im blödsten Fall schlafen wir mit ein. :/ Als Bettgehzeit haben wir nur einen groben Rahmen, keine feste Zeit, das machen wir vom jeweiligen Zustand des Kindes abhängig. Es kommt vor, dass wir die Zeichen falsch deuten und ihn zu früh ins Bett bringen. Dann zieht sich der Einschlafprozess seeehr hin (ist bei Euch vielleicht auch so, dass zu einer falschen Zeit gebracht wird? Auch diesbezüglich ist der oben verlinkte Artikel interessant). Und generell wegen freier Zeit: Viel Zeit für anderes habe ich auch nicht. Unser Sohn geht seit einem Jahr in die Krippe, zum Glück mag er es sehr da (eine gute Eingewöhnung spielt da eine elementare Rolle, denke ich). Währenddessen arbeite ich. Dank Home Office kann ich dann zwischendurch auch mal Wäsche aufsetzen etc. Aber natürlich leidet der Haushalt und meine persönlichen Interessen. Manchmal nähe ich noch nachts, wenn mich da was gepackt hat. Wäre es für Dich eine Option, Dir eine Haushaltshilfe zu leisten? Das könnte Dir den Rücken etwas freihalten. Hatte ich auch und es war sehr befreiend; seit Corona aber erst mal nicht mehr. Viele Grüße!

von Curcuma am 06.07.2021, 11:10



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Hallo und vielen Dank für Eure Antworten. Wir schlafen im Familienbett und natürlich versuche ich erst zu gehen, wenn alle eingeschlafen sind. Mein Sohn wird davon nicht mehr wach, aber meine Tochter. Selbst nach erfolgreichem "Arm-Test" ist sie doch wieder gleich wach, wenn ich aufstehen will. Bei meinem Sohn haben wir alles probiert an Schlafenszeiten. Mittagsschlaf macht er nicht mehr, er sollte abends daher auch müde sein. Nicht ausgelastet kann ich wohl auch ausschließen, da er den ganzen Tag unheimlich mobil ist. Dann dachte ich, dass er viell "über dem Punkt" ist, aber früher ins Bett klappte auch nicht. Vor 22 Uhr geht nix! Ich verstehe es auch nicht, wo er die ganze Energie her nimmt. Allein und leise beschäftigen hab ich auch versucht, aber nach ein paar Minuten ist das auch vorbei.. Leider bin ich viel allein mit den Kindern und muss es iwie hinkriegen. Noch weiß ich nicht wie, aber ich werde mir mal den Text zu Gemüte führen und dann noch mal überlegen, was eine Lösung sein könnte.

von Sonntagsgoere am 07.07.2021, 15:13



Antwort auf: Normaler Alltag mit Kindern?

Hallo, Ich kann Dich gut verstehen, ich glaub zu einem gewissen Grad kennt das jede Mutter, dass man sich den Hintern aufreißt und sich dann noch anhören muss, selbst Schuld zu sein, weil man die Kinder verhätschelt, was eine Frechheit. Unser Kind schläft leider schon immer sehr wenig, ohne Unterstützung durch Großeltern, die mir mal ein paar Stunden Ruhe am Tag verschafft haben, hätte ich die ersten Jahre sicher kaum ausgehalten. Zum Glück wird es ja besser. Ausprobiert hast Du sicher schon viel. Mir hat am meisten geholfen, die Zubettgehzeit immer wieder neu auszuloten, da der beste Zeitpunkt da ja schwankt im Laufe der Entwicklung. Beispiel: Du bringst ihn um 20.00 Uhr ins Bett und er schläft erst um 21.45 Uhr ein? Wie ist es, wenn Du ihn um 21.00 Uhr hinlegst? Falls er dann z.B. um 22.00 Uhr schläft, hat er letztlich nur 15 min Schlaf verloren (die er vermutlich eh am Folgetag aufholen wird), aber Ihr beide habt Euch 45 Minuten quälendes Einschlafwarten gespart. Und vielleicht klappt dasselbe ja am nächsten Tag sogar mit 21.15 oder 21.30 Uhr? Das ist nur ein Beispiel, was zeigen soll, dass man einen eigenen Weg finden kann, der vielleicht nicht der vermeintlichen Mehrheitskonvention entspricht ("Waaas, so spät bringst Du ihn ins Bett????"), aber die Familie entlasten kann. ;-) Viel Erfolg und Durchhaltevermögen!!

von susisorglos123 am 24.07.2021, 22:33