Frage: Normal?

Guten Tag, meine Tochter (3+) hat eine seltsame Spielvorliebe und ich frage mich, wie ich damit umgehen soll. Sie ist fasziniert von negativen Situationen im Spiel (und nur da und auch vor allem mit mir) Also sie möchte immer wieder spielen, dass sich jemand weh tut und sie ihn dann tröstet. Wenn ich das nicht mit Spiele, dann haut sie das Stofftier. Oder das Stofftier möchte mehr Licht, dann macht sie Licht aus. Es soll weinen und dann kümmert sie sich ganz lieb. Sie möchte auch abends immer Geschichten, wo einer böse oder wütend ist. Es soll aber ein von ihr kontrollierter Rahmen sein. Ich darf zb nicht ein Geräusch nachmachen. Das ist schon ziemlich lange so, nicht nur eine Phase. Oder aber eine immer wieder kommende Phase, denn es ist mal mehr und mal weniger. Empfehlen Sie, da einfach mit zu gehen? Bei Geschichten mache ich es oft so, dass einer wütend oder traurig ist und die Geschichte einen nachvollziehbaren Grund und Umgang damit beinhaltet. Das einer wirklich böse ist spiele und erzähle ich nicht. Ich weiß nicht, ob das richtig ist? Woher kommt diese Faszination? Vielen Dank

von Elisa2022 am 10.01.2022, 20:57



Antwort auf: Normal?

Guten Tag, Ihre Tochter hat sich eine wunderbare Spielsituation geschaffen. Sie kann negative Situationen kontrollieren (Wünschen wir uns das derzeit nicht alle mal?). Es kann also nichts Schlimmes passieren, das nicht von ihr akzeptiert ist. Und vor allem kann Ihre Tochter helfen, trösten und sich kümmern. An dieser Stelle identifiziert sie sich sehr stark mit Ihnen und übernimmt die mütterliche Rolle. Das hilft ihr bei der Identitätsbildung und bei der Entwicklung sozialen Verhaltens. Wenn jedoch vorher nichts Schlimmes passiert wäre, gäbe es auch nichts zu trösten. Zum anderen bearbeitet Ihre Tochter mit ihren Rollenspielen vermutlich auch eigene aggressive Strebungen, die ganz normal und natürlich sind. Allerdings verlagert sie die Aggression in andere, die böse oder wütend sind wie in den Geschichten. Damit kann Ihre Tochter Aggressionen ausagieren, ohne dafür negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Auch hier geht es um unbewusste Impulse. Sie sind unabhängig davon, ob Sie wegen dieser Spiele mit Ihrer Tochter schimpfen würden. Gehen Sie ruhig intensiv mit in das Spiel Ihrer Tochter hinein. Sie dürfen gerne auch mal böse sein. Das hilft Ihrer Tochter zu erkennen, dass Aggression eine allgemeine menschliche Eigenschaft ist. Es kann Ihre Tochter erleichtern zu merken, dass die nicht nur bei ihr vorkommt. Im Spiel können Sie ihr auch helfen, Lösungen zu modulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 11.01.2022