Noch normal?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Noch normal?

Lieber Herr Nohr, ich habe 2 Kinder, eines von 3,5 Jahren und einen Kleinen von 15 Monaten um den es geht. Ich bin selbst Asperger Autistin aber nach langer Therapie in der Jugend sehr gut angepasst. Bei meiner Großen würde ich in Leben nicht denken, dass sie anders wäre als jedes andere Kind, aber bei meinem Kleinen frage ich mich manchmal, ist das normal? Ich habe natürlich nur den Vergleich in Spielgruppen und zu meiner Großen als Baby. Anfangs habe ich mir noch gar nichts gedacht, bis heute hält er Augenkontakt, lächelt viel, schmust und liebt Körperkontakt. Er ist super verschmust. Aber nuss ja auch kein Autismus sein was seltsam ist... Allgemein ist erstmal zu sagen, dass er eine extreme Essstörung hat. Waren schon mehrfach im Krankengaus weil er komplett verweigert hat zu essen. Waren auch im SPZ etc. - wird viel untersucht und nichts gefunden. Er ist winzig, leicht, hat noch immer ein Babygesicht, sodass er manchmal auf 8 Monate geschätzt wird, denn er läuft noch nicht (Krankengymnastik wegen Hypotonie). Jetzt das was ich sonderbar finde: Er sitzt oft in der Legokiste (kein Duplo, richtiges Lego) und sortiert aus all den Steinen die Felgen heraus in einen Becher. Nicht mal eben 2 Minuten, wie ich es von der Großen erwarten würde sondern auch gerne mal Stunden. Er hat 3 Kugeln die er immer alle in eine Hand sortiert obwohl sie kaum rein passen und lässt sie niemals irgendwo zurück. Sie kommen mit in den Garten, auf die Wippe, zum essen... er trägt sie einfach nur rum, nichts sonst. Man darf sie auf keinen Fall weg nehmen. Er liebt seit er 6 Monate ist Sachen mit Stiel. Alles wurde bereits mit 7 oder 8 Monaten immer am Ende angefasst. Er drehte (und dreht) alles so, dass er es ganz hinten am Stiel hat. Kenne kein Baby dass darauf mit dem Alter wert gelegt hat. Er liebt Bücher, was ja an sich nichts besonderes ist, aber er schaut sie auch allein sehr lange an, erzählt dazu. Sein Lieblingsbuch ist das Grüffelo. Er zeigt dann Grüffelo "grrrr!", dann die Maus "nam nam", macht ein Jammergeräusch, und so weiter. Das hat meine Große nicht mal mit 2 gemacht. Ist das normal dass er das so mitverfolgt? Er erklärt auch uns wie wir ewas zu machen haben. Wenn wir die andere Hand nehmen sollen etc. Sobald eine Veränderung eintritt wirft er sich flach auf den Boden, drückt das Gesicht auf den Boden und jammert leise. Er will das machen. Er weint aber nicht richtig. Erst wenn es wirklich zu viel wird (was schnell erreicht ist). Ich kann mit ihm nirgendwo hin. Keine Schwimmhalle, keine vollen Spielplätze, nicht ins Kitahaus die Große holen.. er kriegt einen totalen Anfall. Selbst im Tragetuch. In unsere Spielgruppe geht er nach längerer Eingewöhnungsphase (musste halt mit weil wir die Große nicht isolieren wollten) gerne und winkt auch anderen Leuten zu. Möchte eindeutig auch Aufmerksamkeit von anderen und zeigt ihnen Sachen. Z.B. Autos. Er fasst vieles nicht an. Allein schon deshalb die Essprobleme. Er probiert niemals etwas Neues. Meiner Großen muss ich ein Essen nur oft genug servieren, irgendwann guckt sie bestimmt mal was das ist. Der Kleine nicht. Er fasst es nicht mal an. Er will keinen Sand berühren, nichts was schleimig aussieht. Ansonsten ist er einfach nur feinmotorisch ganz gut dabei, weil er es ja mit der Grobmotorik nicht so hat. Er stellt Züge auf die Schienen und schiebt sie, stapelt Duploklötze aufeinander oder so was halt. Dafür läuft er eben nicht. Ich frage mich ob er irgendwas haben könnte oder das noch in einem halbwegs normalen Rahmen liegt. Ich finde ihn schon ab und an seltsam. Aber dennoch sozial unauffällig bis auf die Probleme wenn es voll wird oder zu laut (Wasser im Schwimmbad). Aber das haben ja auch andere Kinder teilweise. Achja er hat noch ein faible für Musik, spricht schon sehr viel. Er ist sehr ruhig und extrem folgsam. (Nicht erzwungen! Wir sind ganz lieb :) Was meinen sie? Könnte er irgendwie was haben oder ist er nur bisschen eigen? Und falls die Vermutung nahe liegt, ist es erstmal egal oder sollte das dann bereits angesprochen werden beim Arzt? Auf seine Bedürfnisse eingehen machen wir ja so oder so. Liebe Grüße

von Avraa am 20.03.2018, 20:23



Antwort auf: Noch normal?

Liebe Avraa, ich verstehe ihre Sorgen, gerade auf dem Hintergrund ihrer eigenen Geschichte. Aber gerade die lässt ja ahnen, was trotzdem möglich ist. Normal ist kein wichtiger Begriff. Ihr Sohn ist so und sollte gefördert werden, wo es nötig ist. Die Fähigkeit von Kindern zu Spielarten, die wir monoton nennen würden, ist bekannt. Drei Glücksbringer in der Tasche können helfen. Aber es kann natürlich sein, dass ihr Sohn sich anders entwickelt, aber dann muß man auch auf das jeweilig aktuelle reagieren. Vorhersagen sind da wenig möglich. Nehmen sie ihn an wie er ist und versuchen ihn wieder etwas gelassener zu sehen. Was nicht heißt, nicht auf Besonderheiten zu achten und evtl. kontrollieren zu lassen. Bei Vielem wird sich erst mit der Zeit zeigen, welches Bedeutung es hat. Aber das sollte ihre emotionale Bindung nicht schmälern. Herzlich Ludger Nohr (mit und ohne Dr.)

von Dr. med. Ludger Nohr am 21.03.2018



Antwort auf: Noch normal?

Entschuldigung, natürlich Dr. Nohr. Das war unbeabsichtigt.

von Avraa am 20.03.2018, 20:24