Frage: Kleinkind mit Autismus

Hallo! Bei meinem Sohn wurde eine meinerseits schon lange Vermutete Autismus Spektrum Störung diagnostiziert. Mein Sohn war schon als Baby speziell, aber immer gut entwickelt, nach und nach wurde er aber immer ein Stück sonderbarer, und es fiel mir auch früh auf, da ich mit Kindern gearbeitet habe. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich ihn ein Stückweit verloren habe, durch seine schleichende Veränderung. Er ist nicht mehr so fröhlich und unsere Bindung hat unter allen Herausforderungen und Untersuchungen gelitten. Das Vertrauen zueinander ist bei uns beiden merklich geschädigt. Ich glaube wir sind beide voneinander enttäuscht- ich erlaube mir auch als Mama mal so zu empfinden,(wenn mein Sohn zb niemals hört, oder nichts was ich versuche ihn zufrieden stellen kann) Im Gegenzug bin ich oft ausgerastet, weil ich mit den Nerven am Ende war, daher ist mein Sohn enttäuscht und verunsichert, das spüre ich. Wir hatten so eine tolle Bindung und Beziehung als er kleiner war, und ich weine wenn ich daran zurückdenke. Wir haben immer noch tolle Zeiten, aber ich spüre dass es belastet ist. . . Wie finden wir uns wieder? Ich habe keine Erwartungen, wie mein Kind Leben oder wie es sein soll. Ich will dass er glücklich wird und für mich ist er perfekt, genau wie er ist. Liebe Grüße:-)

von Muschelnudel am 01.07.2021, 20:36



Antwort auf: Kleinkind mit Autismus

Guten Tag, bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihre Frage am Donnerstag nicht gesehen und nicht rechtzeitig beantwortet habe. Sie haben recht, es ist wirklich eine schwere Frage, wie Sie wieder zueinander finden. Zunächst ist es wohl wichtig sich klarzumachen, dass man als Eltern schon in der Schwangerschaft immer Erwartungen - mögen sie bewusst oder unbewusst sein - hat, wie das Kind werden und sein soll. Das kann man gar nicht vermeiden. Diese Erwartungen ändern sich in der Regel ohnehin mit der Entwicklung des Kindes. In Ihrer Situation haben Sie jetzt mit der Diagnose des Autismus die besondere Aufgabe, sich auf diese Einschränkung und Veränderung Ihres Kindes einzustellen. Manchmal hilft ja die Klarheit einer Diagnose, eine Enttäuschung zu verringern, weil man besser versteht, warum das Kind nicht anders handeln kann. So will Ihr Sohn Sie ja nicht ärgern, wenn er nicht hört oder nie zufrieden ist. Er kann einfach nicht wie erwartet reagieren. Ich kann nicht sagen, ob Ihr Sohn enttäuscht ist, aber eine Verunsicherung ist schon denkbar. Ihm fällt es schwer, sich auf die Umwelt und deren Anforderungen einzulassen. Daher ist er vermutlich irritiert, wenn er - für ihn unvermutet - ausgeschimpft wird. Sie haben aber nun die Möglichkeit, die Beziehung zu Ihrem Sohn neu zu gestalten. Sie werden mehr über Autismus erfahren und das wird ihnen helfen, sich auf Ihren Sohn einzustellen. Dann ist es zwar immer noch anstrengend, wenn er nicht hört, aber Ihr Verständnis ist ein anderes und das wird Ihnen einen geduldigeren Umgang ermöglichen. Vertrauen in der Eltern-Kind-Beziehung gründet immer darauf, dass die Kinder im Laufe der Entwicklung lernen den Eltern zu vertrauen. Hier kann Ihr Sohn sicher von seinen bisherigen Bindungserfahrungen mit Ihnen profitieren. Er wird aber sicher weiter intensiv auf diese guten Erfahrungen angewiesen sein, da er diese Erfahrungen sicherlich anders verarbeitet. Vermutlich wird es für Sie und Ihren Sohn sehr hilfreich sein, ein Autismuszentrum aufzusuchen. Dort gibt es Beratung und Hilfe für Eltern und Kinder. Die Einrichtung, die bei Ihrem Sohn die Diagnose gestellt hat, wird Ihnen da sicher weiterhelfen können. Ich halte es auch für sehr wichtig, dass Sie sich Ihre Enttäuschung und die eigene Unsicherheit angesichts dieser Diagnose zugestehen dürfen. Nur so können Sie Ihre Gefühle bearbeiten und verändern. Und für Ihre neuen Aufgaben als Mutter können Sie die dadurch frei werdende Kraft gut brauchen. Auch für Sie könnte sich daher eine therapeutische Hilfe als nutzbringend erweisen. Ich möchte Sie auch ermuntern, sich viel Unterstützung, auch bei der Betreuung Ihres Sohnes, in Ihrem Familien- und Freundeskreis zu holen. Das kann eine gute Entlastung angesichts Ihrer neuen und veränderten Aufgaben als Mutter sein. Ich wünsche Ihnen alles Gute und viele schöne Momente mit Ihrem Sohn. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 05.07.2021



Antwort auf: Kleinkind mit Autismus

NACHTRAG: Mein Sohn ist 2.5 Jahre alt. Diagnose steht seit kurzem erst, da wir ihm noch Zeit geben wollten. er hat eine starke Echolalie, kann aber gut kommunizieren und tut es auch wirklich gerne. Er macht ungewöhnliche Bewegungen, Spielt den ganzen Tag mit einem echten Schraubendreher oder meinem Schlüssel. Sein einziges Spiel besteht darin, echte Möbel auseinanderzuschrauben oder Schlösser zu öffnen. Er teilt seine Begeisterung darüber aber mit mir:-) Er schreit sehr sehr viel in unterschiedlichen Tonlagen und rastet auch viel aus. Er Ist nicht intelligenzgemindert. Auf Gefühlsausdrücke anderer ( starke Freude, weinen, aber auch Lob) reagiert er oft mit extremen Wutgeschrei. Ich glaube es verunsichert ihn. Ich würde ihn als für uns als Eltern und vertraute Personen als grundsätzlich zugänglich und offen/ Interessiert beschreiben. Wie finde ich mein Kind wieder?- eine schwere Frage . . :-)

von Muschelnudel am 01.07.2021, 20:47