Frage: Empathie und "ist mir doch egal"

Ab wann ist es einem Kind möglich empathisch zu sein?Bsp. draußen: seine Schw. (18M) fuhr mit Bobbycar einen Berg runter, beim Versuch sie zu stoppen stürzte ich u verletzte mich am Bein. Schw. fuhr in eine Absperrkette, blieb dort mit ihrem Hals hängen u schrie. Sohn (fast 5) stand daneben u lachte sich kaputt, hat mich sehr provoziert. Hab ihm erklärt, dass es nicht lustig ist u dass ich noch nie gelacht habe wenn er sich weh getan hat. er:"ist mir doch egal ob du lachst oder nicht." Dieses "ist mir doch egal" hören wir in letzter Zeit öfter. Ich war nur so schockiert, dass er den Vorfall so lustig fand. Auch abends im Bett sagte er nochmal:am lustigsten fand ich, als L. in die Kette gefahren ist. Kann er das wirklich nicht einschätzen? Warum immer dieses "ist mir doch egal". Versuchen Konsequenzen immer logisch zu erklären u sind konsequent in der Einhaltung, trotzdem ist es ihm oft egal. Was machen wir falsch?

von svela am 07.10.2013, 07:24



Antwort auf: Empathie und "ist mir doch egal"

Hallo, was man sicher gut unterscheiden muss, ist wirklich mangelnde Empathie und Schadenfreude. Letztere ist kein Mangel an Empathie, aber ein Ausdruck von Missgunst. Auf dieser Basis funktionieren ganze Fernsehsendungen. Das Missgeschick des Anderen löst Schadenfreude aus, weil man sich bei der heimlichen Missgunst ertappt. Das Lachen ist dann Verlegenheit, weil man ein schlechtes Gewissen bei seinen Empfindungen und Gefühlen bekommt. Aber die Missgunst ist in einem drin, und man muss sich fragen, warum diese zustande kommt. Missgunst steht im Gegensatz zu Mitleid. Und Mitleid ist wiederum eine Zusammensetzung aus tatsächlichem Mitgefühl und damit Empathie, aber auch einem Gutteil Wahrnehmung und Erkenntnis, das Leid eines anderen zu verhindern oder zu beenden. Bei der Schadenfreude kommt zwar der emotionale Teil der Empathie durch, sonst würde man auch nicht negativ empfinden bzw. gar nicht reagieren, aber der kognitive Teil stimmt nicht mehr. Dabei wird das eigene empathische Gefühl unterdrückt und dem anderen wird der Schaden gegönnt. Da muss also per geistiger Arbeit und damit auch per Bewusstsein etwas Flasches in das Normalverhalten (das eine funktionierende Moral voraussetzt) hineingeraten sein. Was das ist, ist nicht ganz einfach zu beschreiben. Auf jeden Fall spielt das einem selbst nur selten bewusste Empfinden eine Rolle, mit einem "Schaden" aus der Vergangenheit hervorgegangen zu sein. Der kann auch auf dem seelischen Gebiet liegen (d.h. ohne vergleichbares konkretes Erlebnis), er muss nur stark genug sein, dass man ihn als ungerecht und störend empfindet. Um von sich selbst "abzulenken" kommt es dann zur Missgunst, dem anderen gegenüber (dem allerdings nichts Schlimmeres passieren darf, sonst regt sich das Gewissen). Gegen Schadenfreude etwas zu unternehmen ist kompliziert und schwierig. Selbstsicherheit und eine hohes Selbstwertgefühl schützen davor, sie zu empfinden. Denn dadurch verstärkt sich noch einmal die Empathie mit ihrem fühlenden Teil und der rein geistige Teil verbessert sich dadurch automatisch. Am besten fragt man das schadenfreudige Kind, was es am Missgeschick des Anderen so lustig findet. Auf diese Weise findet man einen Einstieg in eine Gespräch über echte Empathie. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 08.10.2013



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