Benimmregeln- was muss ein vierjähriges Kind können

 Ingrid Henkes Frage an Ingrid Henkes Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

Frage: Benimmregeln- was muss ein vierjähriges Kind können

Liebe Frau Henkes, heute habe ich mal eine Frage, die sich sicher vielen so kurz vor Weihnachten stellen. Welche Benimmregeln muss ein Kind zeigen. Meine Tochter gerade vier geworden, sagt zu Menschen die ihr vertraut sind immer fröhlich hallo und tschüss und auch ein Danke geht ihr gut von den Lippen. Anders ist es, wenn sie auf Menschen trifft die nicht zu ihrem engsten Kreis gehört. Aktuell sind wir bei meinen Großeltern und gestern kam mein Onkel und wollte ihr Hallo sagen und die Hand geben. Meine Tochter hat sich an mich geschmiegt und kein Wort raus bekommen. Ich hab gesagt, dass muss sie jetzt gerade nicht und ich bekam zu hören, dass sie unerzogen ist! Beides fand ich unpassend vor meiner Tochter, meine Antwort sowie die Aussage meines Onkels. Jetzt bekomm ich schon Angst wenn ich an Heilig Abend denke. Die ganze Familie ist zusammen und auch Onkels und Tanten, die meine Tochter nur zwei dreimal im Jahr sieht. Muss ich meine Tochter dann zu hallo und danke zwingen? Meist lass ich ihr den Raum, bis sie es von selbst schafft. Dass gelingt allerdings nie sofort sondern erst etwas später. Ist das Altersentsprechend, oder muss ich meine Tochter zwingen?  Mal allgemein gefragt, ist es noch wie früher, dass man Kinder zwingt zu Benimmregeln oder geht es eher darum, dass ich es gut vorlebe und sie wird es von alleine übernehmen? Was ist der richtige Weg? Ich freu mich von Ihnen zu lesen. 

von Susan1312 am 21.12.2023, 12:12



Antwort auf: Benimmregeln- was muss ein vierjähriges Kind können

Guten Tag, Sie müssen Ihre Tochter keineswegs zu Wohlverhalten zwingen. Kinder lernen sogenannte Benimmregeln eher so, wie Sie das vermuten. Das gute Beispiel hilft. Je nach Alter kann man Kinder auch ermuntern oder Erwartungen äußern. Das gilt aber nicht für Vierjährige. Ich finde nicht unpassend, was Sie in der Situation mit dem Onkel gesagt haben. Seine Bemerkung war unpassend und zudem nicht zutreffend. Ihre Tochter ist sehr wohl gut erzogen, nämlich dazu, auf ihren Selbstschutz zu achten, soweit ihr das jetzt schon möglich ist. Von fremden Menschen hält sie sich zunächst fern, bis sie mit Ihrer Unterstützung zu mehr Sicherheit gefunden hat. Das ist heute ein wichtiger pädagogischer Ansatz, um Kinder selbstbestimmter zu machen. Wenn sie nicht mehr dazu erzogen werden, die Erwartungen fremder Menschen blindlings zu erfüllen, können sie sich selbst besser vor unangemessenem Umgang mancher Erwachsener schützen. Sie kennen vermutlich die griffigen Parolen "Nein heißt Nein" oder "Kein Küßchen auf Kommando". Bleiben Sie weiter bei Ihrer Art des Umgangs mit Ihrer Tochter. Den entfernten Verwandten können Sie Weihnachten behutsam spiegeln, dass ihre Erwartungen nicht angemessen sind. Das erspart es Ihnen, vor Ihrer Tochter über sie zu sprechen. Wenn Sie sich so innerlich vorbereiten, wird es bestimmt ein schönes Familienfest. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 21.12.2023