Sehr geehrter Dr. Posth,
unser Sohn (4 1/2J.) wird von vielen Leuten (Ärzten, Ergotherapeut ,..) für hochbegabt gehalten. Wir sollen ihn unbedingt testen lassen. Warum ist das so wichtig? Ihm wird allerdings auch attestiert, dass er sich für weit weniger begabt hält als er ist. In letzter Zeit fällt er im Kindergarten dadurch auf, dass er, wenn er andere für besser hält oder Sorge hat, nicht hinreichend anerkannt zu werden, andere Kinder haut und schubst, wenn etwas nicht läuft, wie er das will, dann wird er wütend. Wie können wir für ein besseres Selbstbild sorgen? Besonders extrem ist sein verhalten nach dem letzten Besuch in einer Epilepsieklinik aufgefallen, wo er viele Schwerstbehinderte erlebt hat. Er hat Sorge "auch so zu werden", was aber nicht zu erwarten ist.
Viele Grüße
Tomika
Mitglied inaktiv - 25.10.2010, 07:46
Antwort auf:
Sozialverhalten
Liebe Tomika, zwischen tatsächlicher Begabung und Selbsteinschätzung des Menschen gibt es immer einen Unterschied. Aber bei kleinen Kindern gibt es diesbezüglich so gut wie keine Übereinstimmung, denn das Kleinkind bewertet sich häuptsächlich so wie es ihm Eltern und soziale Umwelt widerspiegeln. Ist es dabei sehr erfolgreich, hält es sich für gut, selbst wenn es nur schwach begabt ist.
Das Erkennen einer Hochbegabung (sofern es nicht nur Frühbegabung ist, s. gezielter Suchlauf) ist insofern wichtig, als man diesen Kindern genügend Anreiz bieten muss, ihr Wissen und Können unter Beweis zu stellen. Andernfalls "verkümmert" mit der Zeit ihr Talent. Außerdem fühlen sie sich schnell unterfordert, wodurch sie äußerst unzufrieden werden. So können hochbegabte Kinder später in der Schule richtig schlecht abschneiden, weil sie nicht aureichend gefördet werden. Sie können auch soziale Probleme entwickeln.
Was mich irritiert, ist Ihre Aussage, dass sich ihr Sohn so stark mit den Kindern in der Epilepsie-Klinik identifiziert hat, dass er Befürchtungen hat, selbst so zuwerden. Hat ihm da jemand falsche Aussagen gemacht? Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 27.10.2010