Alleinerziehend, na und?

Forum Alleinerziehend, na und?

Kindererziehnung als AE anders

Thema: Kindererziehnung als AE anders

Hallo! Seit ein paar Tagen geht mir eine Frage durch den Kopf: Werden Kinder von Alleinerziehenden anders erzogen als Kinder von Nicht-Alleinerziehenden? Ich beobachte in meinem Bekanntenkeis und auch beruflich (habe mit Kindern zu tun), dass sich das Vorurteil, Kinder von Alleinerziehenden sind eher schwierig/auffällig/besonders, häufig bestätigt. Vielleicht weil eben, wenn zwei Elternteile erziehen, extreme Erziehungsstile doch eher ausgeglichen werden können? Oder bei Zwei-Eltern-Familien die Gesamtsituation (Wohnung, Finanzen, Betreuung...) eher entspannt ist? Oder weil Kinder die Trennung der Eltern oder den Stress davor oder danach nicht verarbeiten können? Oder weil das Kind, vorallem das Einzelkind einer Alleinerziehenden, alle Erwartungen erfüllen muss? Hängt es auch davon ab, in welchen Ausmaß man alleinerziehend ist? Ich bin zum Beispiel ziemlich alleinerziehend. Obwohl ich denke, dass es für ein Kind gesünder ist, von Oma, Opa... miterzogen zu werden, bei mir ist das nicht so. Selbst der Kindesvater ist bei uns leider maximal ein "Babysitter". Mir fällt auf, dass ich von meinen Kindern erheblich mehr Selbstständigkeit einfordere, als ich es tun würde, wenn noch eine zweite verantwortliche erwachsene Person da wäre. Außerdem binde ich vor allem das ältere Kind viel mehr in Entscheidungsprozesse ein. Auch muss das ältere Kind häufig Verantwortung für das jüngere Kind übernehmen. Das wäre sicherlich anders, wenn hier ein weiterer Erwachsener wäre. Das alles ist notwendig, weil ich eben auch Alleinverdienerin bin. Und dann bin ich auch ziemlich "streng". Wahrscheinlich weil ich die Verantwortung alleine trage. Insgesamt habe ich Glück gehabe oder das Richtige getan, meine beiden Kinder sind nicht schwierig. Das erste Kind war von Anfang an pflegeleicht, das zweite Kind die ersten zwei bis drei Jahre nicht. Aber jetzt ist er tatsächlich ein völlig normaler Junge geworden. Hätte auch anders kommen können. Beide Kinder werden auch von anderen Personen (Freunde, Kita, Schule) je nach Maßstab als völlig normal oder gut erzogen wahrgenommen. Aber es häufen sich in meinem Bekannten- und Freundeskreis die Kinder Alleinerziehender, die schwierig und auffällig sind oder vermeintlich hochbegabt (und im Zuge dessen auch schwierig und auffällig). Und bei mir verstärkt sich der Verdacht, dass es etwas mit dem Alleinerziehend - Sein zu tun hat. Oder mit dem Einzelkinddasein? Ich merke, bei mir schleicht sich gerade ein Vorurteil ein. Ich hätte gerne viele Meinungen dazu. Gruß, Sabri

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 11:08



Antwort auf diesen Beitrag

Natürlich ist die Erziehung eine andere. Irgendwie "einseitig". Der andere Elternteil fehlt ja im großen und ganzen. Und deswegen ist es ja besonderes wichtig, daß der andere Elternteil so oft wie es nur geht eingebunden wird, bei Erziehung und Umgang. Und daß Du von Deinen Kindern mehr Mitarbeit erwartest ist aus meiner Sicht normal. Muß aber kein Nachteil sein. Ob es Auswirkungen auf die Entwicklung hat und zu Auffälligkeiten führt? Kann durchaus sein, weil ja immerhin ein Elternteil fehlt. Wie soll man aber feststellen, ob es mit beiden Eltern im Haushalt anders kommen würde? Aber andere Kinder beobachten und sich eine Meinung bilden ist ein wenig subjektiv.

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 11:34



Antwort auf diesen Beitrag

Für meine Kinder: Ich bin mir ziemlich sicher, daß zumindest die in diesem Haushalt lebende Pubertitstin in einer Zwei-Eltern-Familie mit ihrem leiblichen Vater eher problematischer wäre als in dem vorhandenen AE-Haushalt. Natürlich kann ich diese Ansicht nicht beweisen, aber durchaus begründen - wobei ich nicht ausschließen kann, daß ich mir das in meiner grenzenlosen Selbstüberschätzung nur einbilde. Grundsätzlich leiden meine Kinder durchaus unter der väterlichen Abwesenheit. Wobei ich immer wieder denke, daß sie ihren Vater vor allem deswegen vermissen, weil sie ihn mal hatten. Es gibt da ein Verlusterlebnis, und das hat Auswirkungen - durchaus auch (nicht nur, aber eben AUCH) vor dem Hintergrund, daß der Vater als sichtbarer Teil ihres Migrationshintergrundes bei der "doppelten" Identitätsfindung fehlt. Aber: Meine Kinder sind in KEINSTER Weise auffällig, problematisch oder "schwierig". Im Gegenteil: Sie tendieren zur Überangepaßtheit, was auch Experten auf den Verlust des Vaters (NICHT auf den AE-Status an sich) schieben. Allgemein: Wenn ich die Kinder in meinem (großen!) Bekanntenkreis mal durchgehe, dann ergibt diese (statistisch natürlich nicht repräsentative) Stichprobe keine Häufung von schwierigen Kindern bei AEs. Problematische Kinder gibt es hier wie da - genauso wie total unauffällige. Gruß, Elisabeth.

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 11:37



Antwort auf diesen Beitrag

Will man das vielleicht so sehen ? Alleinerziehenden eilt ohnehin oft der Ruf vorraus überfordert zu sein (selbst erlebt). Diese Unterstellungen kommen zudem von Menschen, denen man einmal im Leben begegnet ist. Ich kenne Elternpaare mit auffälligen oder schwierigen Kindern , ebenso wie ich Alleinerziehende mit "gut erzogenen" Kindern kenne. Es gibt Eltern, die glauben, Kinder erziehen sich von alleine, genauso gibt es Alleinerziehende die permanent um das Kind herumglucken und das Kind am liebsten unter die Käseglocke setzen würden. Würde ich mein Kind mit Partner anders erziehen ? Nein, glaube ich nicht. Vielleicht bringen besondere Umstände besondere Probleme mit sich ? Wie in unserem Fall, der fehlende Vater. Mein Sohn leidet sehr unter der ablehnenden Haltung seines Vaters ihm gegenüber. Und das nagt sehr an seinem Selbstbewusstsein. Was widerum Probleme mit sich bringt. Das hat aber nichts mit meiner Erziehung zu tun. Birgit

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 11:38



Antwort auf diesen Beitrag

Kurz gesagt kenn ich mehr Verhaltensauffällige Kinder aus sog. intakten Familien als von Ae´s....

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 11:59



Antwort auf diesen Beitrag

hallo sabri, das ist eine schwierige frage - es kommt sicherlich auf gaaaaaaaaanz viele faktoren an. ich habe 2 mädchen, die gelten doch eigentlich immer als lieber und pflegeleichter - im gegensatz zu den (körperlich?) wilderen jungs. zurückgreifen kann ich in erster linie auf meine persönliche geschichte mit 3 jüngeren brüdern und "intakter" familie, von denen eigentlich jeder so ziemlich gegensätzlich zum anderen war. aber alle sind irgendwie was geworden und normale, unauffällige, nette zeitgenossen. was meine erfahrungen mit meinen eigenen kindern im vergleich mit den kindern meiner bekannten angeht, kann ich schlecht ein fazit treffen. ich war die erste alleinerziehende in meinem umfeld, noch dazu seit geburt und mit einem vater, der nicht präsent ist. meine bekannten haben sich (oder wurden) alle aus einer beziehung heraus getrennt, so dass die kinder teilweise lange jahre den vater mitbekommen haben, und wo sie teilweise nach der trennung mehr zeit mit dem vater verbringen als vorher. insofern empfinde ich mich selbst da nicht als repräsentativ. wenn ich allerdings nur meine ganz persönliche erfahrung bewerten soll, würde ich sagen, ja, ich habe mich mit meiner großen sicher ein stück weit anders "sozialisiert" (ist das hier der passende ausdruck? *grübel*) als das ein elternpaar tun würde, das eben noch glücklich in seiner beziehung zusammenlebt. hat man nämlich keinen partner, wird das kind ganz sicher ein großes stück weit zum partnerersatz, man beredet mit dem kind dinge anders, weit intimer und emotionaler, als man das sicher tun würde, wenn eben noch ein partner da wäre. das ist aber, wie gesagt, meine ganz persönliche meinung, die aus meiner eigenen geschichte resultiert... dazu kommt bei mir ja noch die alte leier (dazu mach ich oben nochmals ein posting), dass ich eben bei mir selbst ADS vermute. ich hatte niemals probleme, mich irgendwo in bestehende strukturen einzufügen, aber ich bin als "chaot" bekannt und kann - das sage ich ja immer offen - schlecht selbst strukturen vorgeben oder organisieren. mit ein grund, weshalb ich z.b. immer die panik vor einer position mit führungsaufgaben hatte. ich bin niemand, der führen kann. und genau DAS bräuchten meine kinder. es nützt mir nichts, dass man mir sagt "das brauchen die kinder aber!". das weiss ich selbst. aber ich KANN eben keine strukturen vorgeben (was dann wiederum zu dem konflikt mit meinem vater beiträgt, für den DAS dann eben "unfähigkeit" ist. kann man ja einfach mal so in den raum werfen, ohne zu gucken, was dahintersteckt. ein ewiger kreislauf, aus dem ich nicht rauskomme). wenn ich dann meine kinder angucke, sind beide aber schon wohlgeraten. vor allem über die große singen alle leute immer wahre loblieder, und viele leihen sich mein kind gerne aus, weil es eben ein wahres musterkind ist. du hast ja vielleicht unsere "geschichte" verfolgt und kannst dich daher erinnern, dass meine große eben ein ADS-kind ist, und sie hat - genau wie die mama - keinerlei probleme, sich in bestehende strukturen einzufügen, braucht sie geradezu. nur wir - ich als mutter und die kinder - scheitern daran eben mit schöner regelmäßigkeit. soifz. auch bei mir ist kind #2 ein gaaaaaaaaaaanz anderer typ als kind #1. gut, beide haben verschiedene väter, beide sind ja individuelle, eigenständige wesen, aber wo kind #1 schon sehr früh als sehr intelligent und ihrer zeit voraus galt (und sich die entwicklung irgendwann ins gegenteil verkehrt hat, irgendwann galt sie dann als entwicklungsverzögert oder -auffällig), ist die kleine da noch schneller mit ihrer entwicklung und in vielem ihren altersgenossen voraus (wobei das auch nur für einige bereiche gilt, in meinen augen ist sie einfach ein ganz normales "mädsche"). aber sie hat ja auch eine große schwester zum vorbild und der eifert sie einfach nach. was ganz sicher bei jüngeren kindern meist der fall ist, die eben den großen geschwistern alles nachmachen wollen (und sich gegen diese ja auch irgendwie durchsetzen müssen)... keine ahnung, ob dir das jetzt weiterhilft? liebe grüße, martina.

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 15:28



Antwort auf diesen Beitrag

Mir wurde von Fachleuten folgendes gesagt: Kinder, die nur mit einer Person einen engen Kontakt haben, konzentrieren ihre ganze Gefühlswelt auch auf diese eine Person. So ist bspw. meine Tochter hin und wieder auf mich sauer, aber mit diesem Gefühl kann sie nirgendwohin. Damit muß sie entweder alleine klar kommen, oder wieder damit zu mir kommen. Das führt unweigerlich auch zu starken Konflikten zwischen uns, was für Außenstehende sicherlich oft so wirkt, als wäre mein Kind nicht erzogen. Somit erfüllen wir dieses Klischee voll und ganz. Ich stelle mir jetzt vor, dass es für Kinder, die zwar nur mit einem Elternteil zusammenleben, aber mit dem anderen einen guten Kontakt haben, oder viel Kontakt mit Oma, Opa, oder auch Geschwister haben, insofern einfacher ist, weil die sich mal eben über die 'böse Mama' auskotzen können. Der Frust ist dann weg und sie können der Mama wieder ohne Vorbehalte gegenübertreten. Bei uns ziehen sich Situationen, wo ich mal die 'böse Mama' war, oft über Tage hin, was für uns beide eher anstrengend ist.

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 16:28



Antwort auf diesen Beitrag

Wobei die Konsequenz eben auch die o.g. Überangepaßtheit sein KANN - je nach Disposition, Situation und diversen anderen Umständen. Nach dem Motto: Ich habe nur noch einen Elternteil, mit dem will ich es mir nicht (auch noch) verderben - wenn ich "böse" bin, verläßt der mich auch noch.

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 17:31



Antwort auf diesen Beitrag

Hm, wenn ich mal darüber nachdenke, kann ich nur sagen, ich bekomme oft zu hören, meine Kinder wären so klasse erzogen und würden sich supertoll benehmen. Es gab sogar mal die Aussage, ich hätte nicht gedacht, daß Sie die Kinder alleine erziehen. Hallo???? Nur weil der vater nicht hier wohnt, heißt das doch nicht, meine Kinder müssen sich schlecht benehmen! Allerdings muß ich gestehen, ich bin in gewissen Dingen wie Manieren, Höflichkeit, Anstand, Ordnung und Pünktlichkeit recht streng. Meine Eltern, die ja irgendwie "miterziehen", wenn ich arbeite, ziehen zum Glück am selben Strang und arbeiten nicht gegen mich. Auch Fluses Vater, den sie zwar selten sehen, aber sehr an ihm hängen, arbeitet in keinster Weise dagegen, sondern zieht mit. Mein Freund, selber ae, staunt auch wie gut sich die Räuber behehmen können. Mit seinem Sohn klappt es nicht so easy, aber das liegt auch an der Mutter, die völlig andere Einstellungen hat und das bis vor kurzer Zeit halt die Haupterziehungsperson war. Da kommt eben auch noch die unterschiedliche Erziehungsmethode in einer "kompletten" Familie erschwerend dazu. Weiterhin kann ich nur sagen, ich kenne viele Kinder, die aus 2-Eltern-Familien kommen und sich längst nicht so gesittet benehmen wie meine Jungs. Da würd ich meine nicht tauschen wollen, obwohl sie manchmal echt unerträglich sind. Klar, es ist nicht immer einfach konsequent zu sein und seine Linie durchzuziehen, aber es ist etwas, was sich lohnt. Eine Freundin von mir macht es sich recht leicht. Die Kinder speilen Nintendo, schauen in die Glotze, schmatzen beim Essen, benehmen sich wie Schweine. Nein danke, muß ich nicht haben. Erziehung ist Arbeit, sowohl bei AE´s als auch in Komplettfamilien. LG mousy

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 18:21



Antwort auf diesen Beitrag

... "früher" habe ich auch geglaubt, dass Kinder am "wohlsten" in einer intakten Familie geraten... Heute weiß ich, dass das nur Theorie ist und die Praxis ganz anders aussieht! Ich beobachte viel und nehme viel auf, so nehme ich oft auf, dass Kinder von Paaren ähnliche Verhaltensweisen aufzeigen wie die, die ich von Alleinerziehenden kenne. Ich kenne allein Erziehende, wo es nicht rund läuft, ich kenne aber auch ausreichend Paare wo es nicht rund läuft... Heute bin ich glücklich und stolz, dass mein Sohneman "sehr wohl geraten ist" und viele Menschen denken, bei uns sei "alles in Ordnung" - im Sinne von Ehemann, Haus und Hof... neue Menschen sind oft verwundert wenn wir sie näher kennenlernen, dass ich alleinerziehend bin und Sohnemann von Geburt an ohne Vater. Das merkt man ihm nämlich gar nicht an!!! selbst das nicht, dass Omas und Opas überwiegend auch ausfallen. Mein Sohn - und das kann ich außerhalb der Trotzphase in der er auch "auffällig" ist - zurecht sagen, ist ein ganz wohl geratener, lieber, offener und herzlicher Junge! absolut unbeschwert. Vergleich kann ich z. B. mit einem ewig befreundetem Ehepaar (ca. 15 Jahre kennen wir uns), ihr Kind (2 Paare kenne ich, die das betrifft) ist so bockig, laut und auffällig - auch ohne Trotzphase - das man meinen könnte, da stimmt was nicht... Daher: Vorurteile sind gut zum Selbstschutz, aber sehr schlecht für die Verallgemeinerung. Nein, Kinder in Ein-Elternfamilien sind nicht gleich auffällig und anders. Auf den Umgang kommt es an. Klingt banal, aber auf die Liebe, Sicherheit und Geborgenheit kommt es an, die wir unseren Kindern schenken, schenken können. Und auf eine kindgerechte Umgebung. Manchmal macht mich das "Paarverhalten" mit Vorurteilen wütend... so sind doch Alleinerziehende oft immer noch stigmatisiert "minderwertiger" weil sie gescheitert sind. Ja, wir sind vielleicht gescheitert, vielleicht ist aber auch unser Partner gescheitert... wer weiß das schon... ??? zu allem gehören immer 2

Mitglied inaktiv - 05.09.2010, 18:27