Hallo, ich weiß nicht genau, ob das hier das richtige Forum für meinen Post ist. Ich stelle ihn auch noch bei "Partnerschaft" ein, weil es sehr viel um meinen Partner zu tun hat. bin seit 19 Jahren mit meinem Mann zusammen, wir haben zwei Kinder (13 und 17 Jahre alt). Ich bin an sich sehr glücklich mit meinem Leben. Ich mache nach einer nebenberuflichen Weiterbildung bald das, was mir großen Spaß bereitet: Ich werde mit Mitte 40 Lehrerin, nachdem ich 20 Jahre in einem anderen Beruf gearbeitet habe. Ich habe zwei tolle Kinder und gute Freunde. Ich habe einen Mann, den ich liebe. Vom Geld her ist es auch ok. Nun habe ich mich am Wochenende seit langer Zeit mal wieder mit meinem Mann gestritten. In den Streitereien geht es immer um dasselbe: seine Bequemlichkeit, sein Phlegma und seine Angst dem Leben gegenüber und dass er mich so oft im Stich und alleine lässt mit Entscheidungen und Tätigkeiten. Auslöser waren wie immer Kleinigkeiten: Er wollte nicht zum Elternabend gehen, auf den ich nicht konnte. Er wollte in der Früh, als ich mal nicht hätte um 5.30 Uhr aufstehen müssen und bis 7 Uhr ausschlafen können, keine Brotzeit für die Kinder richten. Sein Argument: Er möchte keine Aufträge und Ansagen von mir erhalten. Wenn ich aber keine Aufträge erteile oder Ansagen mache, passiert rein gar nichts zu Hause. In diesen Fällen ist abe leider auch nichts passiert. Ich habe einen Termin verschoben und bin zum Elternabend gegangen. Ich bin in der Früh aufgestanden und habe Brotzeit gerichtet. Unser Leben sieht so aus: Ich bin ein sehr, sehr aktiver Mensch, der Sozialkontakte pflegt, Spaß am Leben hat und immer Ideen, Vorschläge, was man in der Freizeit machen könnte. Ich kann nicht anders. Ich liebe es, unser Leben zu gestalten. Mein Mann ist sehr lieb, ein sehr guter Vater (außer, dass er in der Früh keine Brote mehr schmieren möchte ), ruhig, introvertiert, phlegmatisch, oft überfordert, leidet an Sozialphobie und ist generell sehr ängstlich dem Leben gegenüber. Er zieht sich sehr gerne (in seine Komfortzone) zurück, wenn ihm was zu viel wird. Er scheut sich vor Entscheidungen. Das hat zur Folge, dass ich die Dinge übernehme, die ihn überfordern. Zum Beispiel habe ich unser Auto gekauft, obwohl ich mich mit Autos gar nicht auskenne und er sich aber gut auskennt. Ich mache mehr oder weniger alles bei uns: Ich treffe alle Entscheidungen, die unsere Kinder und unser sonstiges Leben betreffen, ich mache den Haushalt alleine, ich gestalte unsere Freizeit und unser Sozialleben, ich verdiene Geld. Was er macht: Er kocht gerne und repariert unsere Fahrräder. Und natürlich geht er arbeiten. Er ist der Hauptverdiener bei uns. Aber mich macht es langsam wahnsinnig, es enttäuscht, verletzt und kränkt mich immer wieder, wie sehr er sich aus dem Leben herauszieht, wie oft er mich alleine mit allem Möglichen lässt, zum Beispiel mit allem Möglichen im Alltag oder wenn es zu Streitigkeiten mit seiner sehr komplizierten Familie kommt. Das ist doch keine Partnerschaft. Ich werfe ihm das dann vor und werde auch laut und ungehalten, weil ich es einfach nicht mehr aushalte. Er beschwert sich dann darüber, dass ich aggressiv sei und dass ich eh immer alles alleine mache und Entscheidungen alleine treffe. Aber ich mache doch nur immer alles alleine, weil er mich durch sein Verhalten, seinen Rückzug, seine Verweigerung dazu gedrängt hat. Und ich werde doch nur agressiv, weil mich sein Verhalten, sein Nichtreagieren inzwischen wahsninnig machen. Er bekommt auch oft den Mund nicht auf, frisst Dinge in sich hinein, implodiert förmlich, weil er nichts raus lässt. Meiner Meinung nach hat er oft nicht die Eier, seine Meinung zu vertreten. Und wenn er sich dann weigert, mir zu helfen oder an etwas teilzunehmen, denke ich mir inzwischen: "Egal, dann mach ich es halt alleine. Das bin ich ja eh schon gewohnt." Das hat den positiven Effekt, dass ich weiß: "Ich schaffe es auch ohne ihn, ich brauche ihn nicht." Je mehr Angst er vor dem Leben entwickelt, desto stärker werde ich. Das ist absurd und das wollte ich auch nie. Wobei man sagen muss: Da ich Eltern hatte, die sich nie richtig um mich und meine beiden Schwestern gekümmert haben, habe ich es sehr früh lernen müssen, auf eigenen Beinen zu stehen. Das liegt also auch in meiner Vergangenheit begründet. Und daher reagiere ich wohl auch so gereizt, wenn ich mal wieder das Gefühl habe, allein gelassen zu werden mit allem Möglichen. Wir kommen beide aus sehr verkorksten Familien und manchmal denke ich: Aus zwei kaputten Teilen kann man kein Ganzes mehr machen. Und wenn sich das jetzt so anhört, als wäre mein Mann ein Waschlappen: Ja, das ist er. Aber das hat auch sehr, sehr viel mit seiner Kindheit zu tun. Er ist aber ein sehr lieber Mensch und eigentlich will ich vor allem, dass er glücklich wird. Aber es geht einfach nicht, dass ich alles mache. Ich habe zwar enorm viel Energie, doch ich merke, wie meine Kräfte langsam nachlassen. Ich kann mit meiner Energie nicht auch ihn immer noch ins Leben zerren. Ich würde mir so sehr wünschen, dass er auch mal unser Leben mitgestaltet, dass er Ideen einbringt, mich überrascht und mir zur Seite steht. Dass er sich wie ein erwachsener Mann und nicht wie ein kleines Kind verhält. Dass ich einen Partner auf Augenhöhe habe, der mich inspiriert. Das weiß er alles, ich habe es ihm gestern gesagt. Wir sind sehr ehrlich mtieinander. Nur vermisse ich bei ihm, dass er die Dinge reflektiert und etwas ändert. Am Ende unserers Gesprächs hat er immerhin gemeint: "Ich muss wohl mehr mein Leben leben." Ja, das muss er, aber ich hoffe, er vergisst darüber unsere Partnerschaft nicht! Und jetzt noch mal am Ende dieses langen Posts: Ich bin nicht total überfordert, ich bekomme mein Leben auf die Reihe. Aber ich merke, wie viel Energie und Kraft mich unser gemeinsames Leben die letzten 19 Jahre gekostet hat. Ich würde mich freuen, wenn ich auch mal Energie von außen, also von ihm, erhalten würde. Und noch etwas: Trotz allem liebe ich meine Mann und es hat mich in den 19 Jahren unserer Partnerschaft nie ernsthaft ein anderer interessiert. Dennoch befinden wir uns inzwischen in einer Sackgasse - und ich weiß nicht, wie wie da wieder herauskommen sollen. Wir haben schon zwei Paartherapien gemacht - aber unser Grundkonflikt bleibt immer derselbe.
von Beppeline am 14.10.2019, 12:18