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Andere stecken mich mit Unzufriedenheit/Suche nach Lebenssinn an

Thema: Andere stecken mich mit Unzufriedenheit/Suche nach Lebenssinn an

Ich bin in der Regel nicht überlastet, wusste aber nicht, in welchem Unterforum ich dieses Post sonst platzieren sollte. Ich bin sogar recht zufrieden, brauche nicht viel zum Leben. Bin mit meiner familiären und beruflichen Situation sehr zufrieden. Jetzt rufen mich in letzter Zeit immer öfter Freunde an, die mir erzählen, wie sie ihre Zukunft planen und was sie verändern werden in ihrem Leben. Dazu muss man sagen, wir sind jetzt alle Mitte 40. Die einen wollen in eine sich selbst versorgende Ökokommune aufs Land ziehen, die anderen legen sich einen VW-Bus und Hund zu, die nächsten kaufen ein Ferienhaus auf Ischia oder in Griechenland... Ich habe das alles nicht und dachte bisher, dass ich es auch nicht brauche. Aber irgendwie hinterlässt das bei mir Spuren. Einerseits langweilen mich inzwischen diese materialistischen Gespräche über Hauskauf, Autokauf, Einkommen oder auch teure, verkrampfte Selbstverwirklichungsversuche. Andererseits entsteht bei mir dann leider auch ein Zustand, dass ich denke: Vielleicht sollte ich mich auch noch mehr selbst verwirklichen, vielleicht brauche ich ja auch ein Ferienhaus etc.? Ich weiß, das ist absurd, aber so ist es leider. Es beeinflusst mich. Kennt das jemand von euch? Ich finde es schwierig, in der heutigen Gesellschaft zufrieden zu bleiben, mit dem, was man hat. Es geht doch alles immer mehr in Richtung: größer, schneller, mehr und Selbstoptimierung. Findet ihr nicht auch? Klar liegt es auch an meinem Selbstbewusstsein, dass ich mich beeinflussen lasse. Und wahrscheinlich ist es auch normal Mitte 40, dass alle noch nach was suchen.

von Kl.Leon am 30.04.2020, 11:38



Antwort auf Beitrag von Kl.Leon

Ich glaube, die Sache wird für Dich klarer, wenn Du deutlich unterscheidest zwischen der Sinnsuche mancher Deiner Freunde - und der Befriedigung durch Konsum, wie andere Freunde und Bekannte es machen. Denn das ist natürlich ein Riesen-Unterschied: Wer immer mehr kaufen will und ein Ferienhaus zu seinem Glück braucht, der muss Dich ja nicht interessieren, weil Du mit dem zufrieden bist, was Du hast. Wer aber einen VW-Bus kauft oder in eine Gemeinschaft aufs Land zieht, ist ja kein Konsument, sondern er möchte etwas in seinem Leben verändern, möchte zufriedener werden und ja: vielleicht mehr Sinn für sich selbst finden. Letzteres ist etwas Gutes, Du solltest das nicht verächtlich abtun als „verkrampfte Selbstverwirklichungsversuche“, sonst nimmst Du Dir auch selbst etwas weg. Jeder Mensch möchte sich entwickeln, und ab Mitte 40 nehmen viele Menschen eine neue Tiefe in sich selbst und in ihrem Leben wahr. Sie erkennen, dass ihr Auto, ihr Haus, ihre Kleinfamilie, ihr Partner sie nicht so erfüllen konnten, wie sie das erhofft haben. Sie möchten ihr Glück in etwas Tieferem als dem finden: in einer neuen Freiheit (Reisen mit dem VW-Bus), in einer neuen Gemeinschaft (Hofgemeinschaft statt Kleinstfamilie) und in vielen anderen Lebensentwürfen. Dass das Ganze Dich nicht kalt lässt, ist vielleicht ein bisschen ein Weckruf. Vielleicht hast auch Du noch ein paar Sehnsüchte, etwas Unerfülltes, den Wunsch nach mehr Tiefe. WIE Du das lebst, ist ganz offen, Du musst das nicht machen, wie Deine Bekannten. Du kannst einen ganz eigenen Weg finden. Dabei darfst Du das Konsumlastige ganz weglassen, für Dich geht es sicher nicht um teurer, mehr, größer, toller, angeberischer. Sondern etwas in Dir flüstert vielleicht: Höre ein bisschen mehr auf Deine Intuition, Dein Inneres, gehe einen anderen Weg als bisher, finde heraus, welche Geheimnisse das Leben noch birgt, wenn man sich tiefer darauf einlässt. Das nennt man auch Spiritualität: Sie geht schlicht davon aus, dass das Leben nicht platt, zweidimensional und oberflächlich ist, sondern es einfache, gute, erfüllende Dinge gibt dort, wo man bisher nicht gesucht hat. Insofern kannst Du einige Deiner Freunde und ihre Neuorientierung als Anschubs für Dich selbst sehen. Denn angeschubst bist Du schon, sonst hättest Du dieses Posting nicht verfasst! LG

von Jorinde17 am 30.04.2020, 15:13



Antwort auf Beitrag von Jorinde17

Ich finde Jorinde hat das ganz gut geschrieben… Ich habe mit Mitte 40 das Laufen angefangen, Du hättest mich die ganzen Jahrzehnte davor damit JAGEN können! I meiner Jugend war ich der Sprintertyp, 00m, 100m Hürden, max 200 m. 400 m war totale Folter. Jetzt mag ich es, 12 km und mehr zu laufen. Ich schaffe keine superschneller Zeiten, aber darum geht es mir auch gar nicht. Meine Freundin fing an Alphorn zu blasen und begann dann später selbst eines zu bauen. Ach ja, Zither spielen hab ich auch ab dem Alter gelernt :-) Konsum kann ein Vehikel sein, muss aber nicht. Oh! fällt mir ein: meinen Motorradführerschein hab ich mit ca. 47 gemacht :-) Aber das hat sich einfach so entwickelt. Ich habe mir nie gesagt:"So, ich bin jetzt Mitte40, ich mach jetzt was anderes, neues!". Jetzt im Rückblick, sieht das aber interessant aus... LG D

von desireekk am 01.05.2020, 14:15



Antwort auf Beitrag von Kl.Leon

Hallo selbst überlegen, wohin man möchte. Für den einen ist es Konsum, für den anderen das Helfen bei der Tafel, bei älteren Menschen etc., Für den nächsten Singen im Chor, für den Übernächsten Auswandern...... Einfach sich fragen wo möchte ich hin, wie soll mein Leben in 1, in 5, in 10, in 20.. Jahren aussehen. Und wie komme ich da hin.... viele Grüße

von RR am 02.05.2020, 13:28



Antwort auf Beitrag von Kl.Leon

Die anderen stecken dich ja eher nicht an, sondern du fühlst Dich durch Ihre Pläne in der Pflicht auch was "aufregendes" zu tun. Das ist ein Unterschied. Ich (frisch 50 geworden) sehe es inzwischen so, dass man sich selbst fragen muss, ob man tatsächlich aus eigenem Antrieb heraus was ändern will oder nur, um "dazuzugehören" und weiterhin mithalten zu können. Mit zunehmendem Alter ist es mir auch zunehmend egal was die anderen tun. Ich muss nicht mehr zwingend von anderen für gut befunden werden um glücklich zu sein. Sicher legt man es nie ganz ab dass man den anderen gefallen möchte, das man bewundert werden möchte. Aber wenn es einen nur noch unzufrieden macht weil man ständig im Zugzwang ist dann macht das keinen Sinn. Lass sie doch erzählen, und sich ausprobieren. Es sind ja deine Freunde, also freu dich für sie wenn sie sich freuen. Und echte Freunde mögen dich nicht weniger weil Du kein Ferienhaus hast oder keinen Bock hast auf Ökokommune. Ich selber bin auch zufrieden mit meinem ganz normalen Leben. Ich mag meinen Job, ich mag meine Familie und mein Heim. Ich habe keine ungewöhnlichen Hobbys, will nicht plötzlich einen Marathon laufen (vielleicht kommt das noch....) oder sonstwas "total verrücktes ausprobieren". Vielleicht bin ich ja schon allein deswegen was ganz Besonderes!

Mitglied inaktiv - 02.05.2020, 14:42



Antwort auf diesen Beitrag

Vielen Dank für all die netten, feinfühligen und mich zum Nachdenken bringenden Postings Danke dafür, dass Ihr alle meine Gedanken ernst genommen und mich nicht fertig gemacht habt!

von Kl.Leon am 04.05.2020, 09:48