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Geschrieben von Lillimax am 24.04.2021, 14:51 Uhr

Noch was anderes ...

Hallo,

ich wollte noch ein paar andere Aspekte beisteuern, weil es mir früher so ging wie Deiner Tochter (auch soziale Phobie, auch Therapie als junge Frau).

Zunächst: Es klingt ein wenig so, als ob Du Deine Tochter zu statisch siehst. Du glaubst zu wissen, was sie später erreichen kann und was nicht. Sie kann aber viel mehr schaffen als sie sich jetzt selbst zutraut, und auch mehr als Du ihr gerade zutraust.

Das Zweite, was ich Dir sagen muss: Du hoffst, dass es Berufe gibt, in denen Deine Tochter weniger Probleme mit der Angst vor Kontakten haben wird. So dass sie nur durchs Abi kommen muss und es dann quasi „geschafft“ hat und irgendwo im stillen Kämmerlein in Sicherheit ist. Aber das ist leider nicht so.

Zum Beispiel sind die Jobs, die Du nennst, ausgesprochen kontakt-intensiv. Autoren (bin selbst Lektorin und Autorin) müssen Lesungen halten, müssen auf Buchmessen und literarischen Veranstaltungen, Diskussionen etc. auftreten, müssen viele Interviews geben - weil natürlich auch Buch ein Produkt ist. Und für dieses Produkt wird heute ein umfangreiches Marketing mit allem Pipapo gemacht. Mehr soziale Auftritte gehen kaum. Also nix stilles Kämmerlein. Außerdem kann man vom Schreiben nicht leben, man braucht also auch einen „richtigen“ Job.

Auch Forscher (mein Schwager ist Prof.) wechseln alle paar Jahre die Uni, reisen viel herum, halten Vorträge und Vorlesungen, gehen auf Symposien und Kongresse, machen Gast-Vorlesungen auf Englisch, tauschen sich stark aus, streiten untereinander auch ein wenig, diskutieren usw. Forschung findet heute immer im Netzwerk und umfangreichen Austausch statt, nur so kann sie ja Fortschritte machen und auf der Höhe der Entwicklungen sein.

Das gilt heute für die meisten Berufe, Verstecken ist nicht. Das war vielleicht vor 80 Jahren mal so. Heute gibt es eigentlich keine Jobs mehr ohne Teamworking und soziale Skills. Und auch eine Haus- oder Ehefrau muss sich selbst ernähren können in einer Zeit, in der die Hälfte aller Ehen scheitern. Zumal die meisten Männer auf getrennten Kassen bestehen und keine Frau mehr unterhalten wollen.

Deshalb finde ich es richtig, dass Deine Tochter eine Therapie macht. Und ich finde es sehr wichtig, dass Du sie nicht ermutigst, eine Schonhaltung einzunehmen und sich zu verstecken. Denn das Einzige, was gegen eine soziale Phobie hilft, sind Training und Routine. Nichts sonst.
Die ersten zehn Vorträge (respektive Referate etc.) sind furchtbar, ab dem elften wird es besser, und irgendwann wird es Routine. Auch ich habe es geschafft, dass aus der Phobie heute nur noch ein Unbehagen ist, das ich sehr gut im Griff habe.

Deine Tochter ist ja noch nicht erwachsen, deshalb ist auch bei ihr noch ein Riesen-Entwicklungspotential. Ich finde es bedenklich, dass Du sie jetzt schon als „Hausfrau“ siehst, weil Du Angst hast, sie könnte mit ihrer Veranlagung nichts anderes im Leben erreichen. Das ist nicht wahr und kann sie stark determinieren.

Die Wahrheit ist: Doch, sie kann die soziale Phobie loswerden bzw. so gut in den Griff bekommen, dass Außenstehende sie nicht bemerken. Und dass sie selbst Werkzeuge hat, um ohne zu großen Leidensdruck damit klarzukommen. So dass sie eines Tages Flügel bekommt und sich etwas mehr zutraut als einen Job, bei dem sie sich möglichst gut verstecken kann. Darin solltest Du sie ermutigen.

LG

 
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