Frage: überfordert

Hallo Frau Welter, leider bin ich ein wenig überfragt, was die Ernährung meiner 9 Monate alten Tochter angeht. Sie wurde bis zum 6. Monat voll gestillt. Anfangs klappte das Stillen überhaupt nicht gut, nach vier sehr sehr anstrengenden Wochen funktionierte das Stillen aber auf einmal sehr gut. Das Kämpfen hatte sich gelohnt; meine Tochter nahm sehr gut zu. Anfangs etwas mehr, jetzt stagniert das Gewicht. Darüber mache ich mir allerdings keine Gedanken, da meine Tochter gut genährt aussieht und aktuell 10 kg wiegt ( Geburtsgewicht 3310 kg). Meine Ärztin hatte die Gewichtszunahme als bedenklich angesehen und mich darauf hingewiesen, dass sie zu schnell zugenommen habe. So viel zur Vorgeschichte, meine Frage zielt aber auf etwas anderes hinaus. Nach Vollendung des 6. Lebensmonats habe ich wie üblich schrittweise den Gemüse-Kartoffel-Fleisch Brei eingeführt. Wenn ich gutes Gemüse zuhause habe, koche ich selber. Falls nicht, nehme ich auch mal Gläschen. Leider hat mich meine Ärztin so dermaßen eingeschüchtert, dass ich immer Angst hatte, dass meine Tochter zu viel zunimmt. Also beeilte ich mich nicht mit den weiteren Breien. Anfangs bekam meine Tochter deshalb oft nur ihren Mittagsbrei und wurde ansonsten weiterhin nur gestillt. Dies habe ich deshalb so gehandhabt, weil meine Tochter nach einer Breimahlzeit immer noch an die Brust wollte und dort auch lange getrunken hat. Ich hatte das Gefühl, dass es einfach zu viel werden würde. Aktuell gebe ich jedoch, mit reichlich schlechtem Gewissen, es nicht schon viel früher so gehandhabt zu haben, 3 mal am Tag einen Brei. Einen Mittagsbrei, einen GOB, selbst angerührt mit Getreideinstantflocken und Obst aus dem Gläschen. Abends bekommt sie einen Abendbrei, allerdings ohne Milch. Ich rühre den Brei ebenfalls mit Getreideflocken an, lasse das Obst aber im Gegensatz zu nachmittags weg. In der Nacht und am Abend wird danach noch ordentlich gestillt. Ich lese hier im Forum sehr gerne mit. Auch und insbesondere im Forum für Ernährung. Dort wird aber oftmals propagiert, dass mehrmals Stillen nicht mehr altersgemäß , sondern 2 Stillmahlzeiten und 3 Breimahlzeiten altersgemäß wären. Egal was ich tue, ich kann meine Tochter nicht vom Stillen abhalten. Sie möchte an die Brust, vor allem nachts. Da hilft mir leider der Rat mit liebevoller Konsequenz die Brust nicht anzubieten nicht weiter. Meine Tochter schreit so lange bis sie die Brust bekommt. Abgesehen davon, möchte ich sie deshalb auch nicht schreien lassen. Nun zu meiner Frage, was raten Sie mir? Soll ich die Ernährung wie oben geschildert erstmals beibehalten und nach Bedarf weiterhin stillen, oder maximal 2-3 mal Stillen und ansonsten die Brust verweigern...auch im Hinblick auf das Gewicht meiner Tochter. Meine nächste Frage wäre, ob ich den Abendbrei nicht doch lieber mit Milch zubereite. Könnte es sein, dass sie dann nachts nicht mehr so sehr nach der Brust verlangt? Auf Kuhmilch wollte ich nämlich wegen des Eiweißgehalts verzichten. Dies vor allem im Hinblick darauf, Übergewicht vorzubeugen. Wäre da Pre Milch eine alternative oder wäre das gar nicht notwendig, da ich ja noch ausreichend Muttermilch habe? Herzlichen Dank für die Mühe, die Sie sich hier machen. Liebste Grüße

von Schönfelder am 20.05.2019, 13:41



Antwort auf: überfordert

Liebe Schönfelder, es ist PERFEKT so :-). Im ersten Lebensjahr IST Milch die Hauptnahrungsquelle und viele Babys essen noch nicht viel feste Kost. Ich weiß, dass fast überall steht: „zunächst wird die Mittagsmahlzeit ersetzt und im Abstand von etwa vier Wochen ersetzen Sie die nächste Mahlzeit usw". Gleichzeitig wird „eine Mahlzeit" als die Menge definiert, die in ein Gläschen passt und zwar für alle Kinder gleich. Doch dieses Schema, das leider immer noch oftmals propagiert wird verursacht in vielen Fällen nichts weiter als Stress und Tränen. Es ist einfach zu sehr in den Köpfen vieler Menschen verwurzelt, dass eine Stillmahlzeit „ersetzt" werden müsse, dabei stimmt das gar nicht. Schon der Begriff BEI Kost drückt doch aus, dass es sich bei dieser Nahrung um eine ergänzende Nahrung und nicht um einen Ersatz für die Muttermilch handelt. Wäre es ein Ersatz, dass würde es ANSTATT Kost heißen. Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte. Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Wird das Kind ausreichen häufig gestillt, braucht es keine andere Milchnahrung und auch keinen Milchbrei oder Flaschennahrung. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit! Und hab auch keine Angst wegen dem Gewicht! Die Statur der Kinder ist genetisch festgelegt und bei einem Kind das nach Bedarf gestillt wird, ist nicht zu befürchten, dass dadurch der Grundstein für ein späteres Problem mit Übergewicht gelegt wird. Im Gegenteil, Stillen schützt vor Übergewicht. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch ein gestilltes Baby zwischendurch wie ein kleiner Buddha aussehen kann. Im Gegensatz zur (industriell) stark weiterverarbeiteten Nahrung enthält Muttermilch keine leeren Kalorien. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein gestilltes Kind, das rasch zunimmt, als Erwachsener Gewichtsprobleme haben wird. Im Gegenteil es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass Stillen eindeutig vor Übergewicht schützt und dass dieser Schutz nicht nur im Kindesalter sondern auch beim Erwachsenen anhält. Das Fett, das sich in der relativ passiven Phase vor dem Krabbelalter möglicherweise ansammelt, stellt einen Vorrat für die sehr aktive Phase dar, in der das quirlige Krabbelkind keine Zeit zum Essen haben will. Im Alter von ein bis zwei Jahren werden die Kinder, die schnell zugenommen haben, gewöhnlich von alleine schlanker. Gerade Kinder, die nach Bedarf gestillt werden, behalten ein gutes Gefühl dafür, wann sie satt sind, denn sie entscheiden ja selbst, wann und wie viel sie trinken. Also keine Sorge, durch das Stillen nach Bedarf wird sicher nicht den Grundstein für spätere Gewichtsprobleme gelegt. Ich kann Dir gerne empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem wirst Du sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Dein kleines Menschlein. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Lass Dir und Deinem Baby alle Zeit :-). LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 20.05.2019



Antwort auf: überfordert

Frau Welter herzlichen Dank, dass Sie mir meine Befürchtungen genommen haben. Ich habe stark an meiner Vorgehensweise gezweifelt. Allerliebste Grüße

von Schönfelder am 20.05.2019, 14:52



Antwort auf: überfordert

:-))))))))))))

von Biggi Welter am 21.05.2019