Hallo,
Ich habe zwei Fragen:
1.)Meine Tochter ist 7 Monate alt. Nachdem sie die ersten Monate super geschlafen hat (entweder durchgeschlafen oder einmal aufgewacht und gestillt), wacht sie jetzt immer häufiger auf und will gestillt werden (Zurzeit alle 2 Stunden !) Ich habe bis zum 5. Monat vollgestillt, gebe seither Beikost.
Mittlerweile isst sie richtig viel ( morgens: Obstgläschen, mittags: Gemüse oder Gemüsefleischgläschen, nachmiitags nochmal Obst und abends
Milchbrei) Ich stille trotzdem noch viel nach Bedarf. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass sie nachts so hungrig ist, sie lässt aber nicht durch Schnuller oder Streicheln beruhigen, was tags ganz gut klappt.
Woran kann das nächtliche Aufwachen und an die Brust wollen liegen und wie komme ich wieder zu etwas mehr Nachtruhe?
2.) Meine Frauenärztin hat mir mir die Minipille Cerazette vrschriben. Jetzt habe ich gelesen das das Gestagen doch in ganz geringen Mengen in die Milch übergeht. Gibt es irgendwelche Studien auch zu Langzeitwirkungen auf das Kind? Bin mir etwas unsicher, ob ich meinem Baby wirklich Hormone zumuten soll.
Vielen Dank und liebe Grüße
von
luischen
am 08.08.2011, 15:23
Antwort auf:
Woran liegt das nächtliche aufwachen?
Liebe luischen,
es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte.
Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe.
Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können.
Cerazette enthält 75 Mikrogramm Desogestrel pro Tablette, das ist ein Gestagen. Gestagenmonopräparate (Minipille, Depotpräparate) oder niedrigdosierte Kombinationspräparate sind in der Stillzeit erlaubt (Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Spielmann, Steinhoff, Schaefer und Bunjes, 7. Auflage, 2006).
Laut Herstellerangaben beeinflusst Cerazette weder die Menge noch die Zusammensetzung der Muttermilch. Viele stillende Mütter verhüten mit der Cerazette.
Ich zitiere noch aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, Vetter, 7. Auflage 2006:
"Gestagene (Norethisteron, Levonogestrel, Medroxyprogesteron) als Bestandteil einer Mini- oder Kombipille oder eines Depotpräparates beeinträchtigen die Milchmenge kaum und haben - wenn überhaupt - nur einen sehr geringen Einfluss auf die Zusammensetzung. Manche Untersucher beobachteten sogar eine längere Stillperiode unter Depot-Medroxyprogesteron gegenüber Müttern ohne hormonale Kontrazeption (Übersicht in Bennett 1996).
...
Bei täglicher Einnahme von 0,05 mg ist Ethinylestradiol in der Muttermilch nicht nachweisbar.
...
Die Gestagenaufnahme des Säuglings liegt zwischen 1 und 2 % der gewichtsbezogenen mütterlichen Dosis kontrazeptiver Zubereitungen. Dies wurde für "Pillen" mit Desogestrel (in Cerazette), Megestrol (Megestat), Norethisteronacetat, Noretynodrel und Norgestrel nachgewiesen.
...
Empfehlung für die Praxis: Reine Gestagenmonopräparate (Minipille) sind in der Stillzeit die oralen Kontrazeptiva der ersten Wahl. Verträgt die Mutter diese nicht, sind auch die heute üblichen, niedrigdosierten Kombinationspräparate (aus 0,035 mg Ethinylestradiol plus Gestagen) oder Gestagendepot akzeptabel. Etwa 6 bis 8 Wochen nach der Entbindung kann, falls erforderlich, mit der Einnahme hormonaler Kontrazeptiva begonnen werden."
Es besteht also absolut kein Grund zur Sorge.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 08.08.2011