Wie lange stillen und wann erster Brei?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie lange stillen und wann erster Brei?

Guten Tag, Diese Frage quält mich schon seit längerem. Mein Söhnchen wird kommende Woche sechs Monate alt und ich stille noch voll. Ich werde oft gefragt "Und, gibst du schon den ersten Brei?" Wenn ich sage, dass ich noch voll stille werde ich mit großen Augen angeschaut. Nun fragte ich mal meine Mutter, wie das früher gehandhabt wurde und sie meinte, solange wie ich selbst Milch habe und diese meinem Baby genügt und es satt davon wird, wäre das Einführen von Brei überflüssig. Sie sagte, dass Muttermilch das Beste ist, was man einem Kind geben kann. Also nach ihrer Meinung nach, und wie es damals zu "ihren zeiten" gemacht wurde, solle ich stillen, solange mein Kind satt davon wird. - Bedeutet das aber nicht, dass man als Frau noch Milch produzieren und das Kind stillen könnte, auch wenn es schon zwei Jahre alt ist? Ich finde diese Vorstellung ein wenig verstörend, ein Kind an meiner Brust hängen zu haben, dass schon Worte spricht und laufen kann. Auch habe ich eine Übersicht von der Kinderärztin bekommen, bis wann man stillt, wann man mit dem ersten Brei beginnt (4. bis Ende 6. Monat) und wie es dann mit den Folgebreien weitergeht. Mein Mann hatte die Idee, solange zu stillen (wenn die Milch noch kommt und das Baby satt wird), bis unser Kind selbständig sitzen kann. Aber was empfehlen Sie? Können Sie mir einen Rat geben? Muss ich schon nächste Woche anfangen, meinem Sohn ein Gläschen Brei zu geben? Mit freundlichen Grüßen, und vielen Dank im Voraus!

von Gothic-Mama am 13.08.2015, 18:55



Antwort auf: Wie lange stillen und wann erster Brei?

Liebe Gothic-Mama, wenn es also um die Frage geht, wie lange ein Baby voll gestillt werden kann, dann sollte niemals nur der Kalender betrachtet werden, sondern in erster Linie das Kind selbst. Es ist durchaus möglich, ein Baby deutlich länger als sechs Monate ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren, ohne dass es dabei zu Mangelerscheinungen kommt, doch die Initiative sollte immer vom Kind ausgehen und keinesfalls sollte von vorne herein geplant werden, ein Kind acht, neun Monate oder gar ein Jahr ausschließlich zu stillen und ihm die Beikost zu verwehren, wenn es im zweiten Lebenshalbjahr deutlich danach verlangt. Ein Baby gibt normalerweise deutlich zu erkennen, wann es so weit ist, dass es zusätzlich und ergänzend zur Muttermilch andere Nahrung haben möchte. Die Bereitschaft zur Beikost erkennen Sie bei einem voll ausgetragenen gesunden Kind an den folgenden Anzeichen: • es ist in der Lage alleine aufrecht zu sitzen, • der Zungenstoßreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, • es zeigt Bereitschaft zum Kauen, • es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken, • es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen läßt. Wenn alle diese Punkte erfüllt sind, ist der Zeitpunkt für den Beginn der Beikost gekommen (meist ist das Kind dann etwa ein halbes Jahr alt, es kann aber auch eventuell jünger (eher selten) oder älter (nicht ganz so selten) sein). Keinesfalls sollte einem Kind nach den ersten sechs Monaten die Beikost verwehrt werden, wenn es danach verlangt und Interesse dafür zeigt. Wenn der Kleine keinen Brei mag, dann spricht auch nichts dagegen, ihm fingergerechte Nahrung zu geben. Brei ist kein Muss. Die Einführung der Beikost sollte langsam erfolgen und keinesfalls kann die feste Kost die Muttermilch anfangs bereits in größerem Maße ersetzen. Ich weiß, dass fast überall steht: „zunächst wird die Mittagsmahlzeit ersetzt und im Abstand von etwa vier Wochen ersetzen Sie die nächste Mahlzeit usw". Gleichzeitig wird „eine Mahlzeit" als die Menge definiert, die in ein Gläschen passt und zwar für alle Kinder gleich. Doch dieses Schema, das leider immer noch oftmals propagiert wird verursacht in vielen Fällen nichts weiter als Stress und Tränen. Es ist einfach zu sehr in den Köpfen vieler Menschen verwurzelt, dass eine Stillmahlzeit „ersetzt" werden müsse, dabei stimmt das gar nicht. Schon der Begriff BEI Kost drückt doch aus, dass es sich bei dieser Nahrung um eine ergänzende Nahrung und nicht um einen Ersatz für die Muttermilch handelt. Wäre es ein Ersatz, dass würde es ANSTATT Kost heißen. Die Empfehlung lautet also nicht strikt erst eine komplette Mahlzeit vollständig zu ersetzen, ehe die nächste Mahlzeit ersetzt wird, sondern erst etwa eine Woche abwarten, ehe ein neues Nahrungsmittel eingeführt wird und die Beikost als Ergänzung und nicht als Ersatz für die Muttermilch betrachten. Daher gibt es auch keine festgelegte Zahl für die Stillmahlzeiten, sondern das Kind kann weiterhin nach Bedarf gestillt werden. Im gesamten ersten Lebensjahr sollte Muttermilch das Hauptnahrungsmittel des Kindes sein. Man kann eine Faustregel aufstellen, dass ein Baby mit sieben Monaten eine bis zwei zusätzliche Beikostmahlzeiten ergänzend zur Muttermilch bekommt, mit acht Monaten zwei bis drei, mit neun Monaten zwei bis vier, mit zehn Monaten vier und mit zehn bis zwölf Monaten drei bis fünf. Daneben kann und darf es so oft gestillt werden, wie es möchte. Mit sieben bis neun Monaten braucht das Kind noch mindestens drei Milchmahlzeiten, mit zehn bis zwölf Monaten noch mindestens zwei. Wird das Kind ausreichen häufig gestillt, braucht es keine andere Milchnahrung und auch keinen Milchbrei oder Flaschennahrung. Für Tipps rund um das Thema Beikost bietet sich das Buch „Babyernährung gesund & richtig – B(r)eikost und Fingerfood“ von Gabi Eugster an. Dort finden sich sehr viele Informationen und Tipps zum Thema Ernährung ab dem siebten Monat. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 13.08.2015



Antwort auf: Wie lange stillen und wann erster Brei?

Hallo, die Empfehlung der WHO lautet ungefähr so: "Stillen Sie ihr Kind ein halbes Jahr ausschließlich, beginnen Sie dann Beikost anzubieten (anzubieten!). Stillen Sie insgesamt zwei Jahre und gern darüber hinaus, wenn Mutter und Kind das noch möchten." Die Mutter, die Dir also erzählt hat, das Einführen von Brei wäre überflüssig, hat nach aktuellen Erkenntnissen absolut Recht. Denn irgendwann wird das Kind von sich aus nicht nur Interesse am Essen zeigen, sondern dies auch vehement einfordern. Ob das mit 6 Monaten, mit 8 Monaten oder mit 12 Monaten ist, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Und dann braucht es auch nicht zwingend Brei, das Kind kann theoretisch auch gleich am Familientisch mitessen. Das Ersetzen von Mahlzeiten ist auch ein recht veraltetes Konzept - der Begriff B-E-I-kost ist hier wörtlich zu nehmen. Es heißt ja nicht Ersatzkost. Im gesamten ersten Lebensjahr ist Milch (egal ob Muttermilch oder Pre) als Hauptnahrungsmittel zu betrachten. Dass es Dir befremdlich erscheint, ein sitzendes/laufendes/sprechendes Kind zu stillen kann ich gut nachvollziehen! :-) Das liegt aber nicht daran, dass das seltsam ist, sondern daran, dass das Stillen in unserem Kulturkreis leider an Natürlichkeit verloren hat. Fast überall auf der Welt ist es völlig normal, ein Kind mit zwei Jahren noch zu stillen. Du kannst Also getrost damit warten, Deinem kleinen Baby Brei (oder Fingerfood) zu reichen, wenn es noch nicht so weit ist. Und stillen kannst Du, solange Du Dich damit wohl fühlst. Ich war vor der Geburt meines Sohnes quasi Stillgegnerin. Nun stille ich ihn noch immer. Er ist über 2,5 Jahre alt und in 2-3 Wochen wird sein kleiner Bruder zur Welt kommen. :-) LG Sarah mit Jendrik und Joris

von Jendriks_Mama am 13.08.2015, 19:19



Antwort auf: Wie lange stillen und wann erster Brei?

Ich glaube Du hast den Gedanken, das Beikost SOFORT Stillen ablöst. Das sollte aber so nicht sein. Gedacht ist es so, das die Kinder langsam Beikost bekommen, das kann Brei sein, das kann Fingerfood sein. Dazu wird dann weiterhin gestillt. Anfangs essen die meisten nur wenig beikost, das steigert sich dann langsam und dazu wird immer weniger Milch getrunken. Viele machen den Fehler das sie das machen indem sie ganze Mahlzeiten erst von Milch auf beikost umstellen, andere machen es so, das sie zu jeder Beikostmahlzeit so lange noch anschließend die Brust anbieten bis das Kind nicht mehr will. Vorteil bei diesem Vorgehen, die Nährstoffe aus der Beikost werden weitaus besser auch dank der Muttermilch verwertet. Und, viele Mütter haben mitunter Probleme Milch zu bekommen wenn die Pausen zu lange werden. So mit 1nem Jahr essen die Kleinen dann vom Familientisch soweit fast alles mit. Und mit etwa 2 Jahren kann man dann in Ruhe drüber nachdenken endgültig mit dem stillen aufzuhören. Oder man lässt das Kind alleine entscheiden, dann ist es so meist zwischen dem 2ten und 4ten Lebensjahr der Fall. Wobei in dem Alter meistens nur noch abends bzw nachts gestillt wird. Du siehst also, nicht entweder oder, sondern beides nebeneinander.

Mitglied inaktiv - 14.08.2015, 09:06