Wie kann Stillen beim zweiten Kind funktionieren?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie kann Stillen beim zweiten Kind funktionieren?

Hallo Mich beschäftigt eigentlich schon seit über zwei Jahren ein großes Problem. Und zwar hat das Stillen bei meinem Sohn nicht geklappt. Während der Schwangerschaft habe ich ein Buch und mehrer Artikel zu dem Thema gelesen, weil ich unbedingt stillen wollte und auch sehr davon überzeugt bin(war?)! Also fühlte ich mich durchaus gut informiert... Die Stillprobleme begannen eigentlich bereits im Kreißsaal. Ich habe in einem als stillfreunlichen bekanntem KH entbunden und so war auch die Hebamme sehr bestrebt, meinen Sohn nur wenige Minuten nach der Geburt anzulegen. Nur leider hat er nicht wirklich gesaugt, sondern eher genuckelt. Nach ein paar weiteren Versuchen begannen meine Brustwarzen bereits wund zu werden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass mein Sohn sehr viel Fruchtwasser im Magen hatte und demzufolge nicht wirklich Hunger hatte?! Auch die nächste Stillversuche waren sehr schwierig. Denn mittlerweile wollte mein Sohn zwar schon trinken, nur leider hatte ich höllische Schmerzen, die auch nicht nach den ersten Anlegemintuen weniger wurden. Ich habe alle möglichen Cremes und Einlagen ausprobiert und auch Hütchen zum Stillen bekommen. Da waren meine Schmerzen zwar erträglicher, nur leider konnte mein Sohn da nicht genug Milch saugen... Es musste dann lt. KH zugefüttert werden, denn mein Sohn hat sehr stark abgenommen. Ich habe Milch abgepumpt (was auch sehr schmerzhaft war). Diese Milch hat leider nicht gereicht und das KH-Personal riet zur Flaschennahrung zum Zufüttern. Wir wurden dann mit "Auge-zu-Drücken" entlassen, obwohl mein Sohn bereits 10% abgenommen hat. Zu Hause ging das dann genauso weiter. Ich hab versucht zu stillen, mal mit mal ohne Hütchen, hab abgepumpt und nur im äußersten Notfall Fertignahrung angerührt. Meine Brustwarzen wurden immer wunder und die Schmerzen immer größer. Ich habe bei jedem Stillen geweint und zum Teil geschrieen vor Schmerzen. Zwischenzeitlich litt ich auch zweimal an Milchstau. Laut meiner Hebamme war die Anlegetechnik gut, hab verschiedene Positionen ausprobiert, und mein Sohn konnte ihrer Meinung nach auch gut saugen... Irgendwann kam es soweit, dass mein Sohn Blut spuckte und dann bemerkten wir, dass es aus meinen Brustwarzen blutete. Meine Hebamme war völlig ratlos und konnte mir auch nicht mehr weiter helfen. Die von mir zusätzlich kontaktierte Stillberaterinnen sagten nur: Weiter stillen, stillen, stillen, wird schon besser... Nur leider ist das in dieser Situation nicht wirklich ein hilfreicher Ratschlag. Mein Sohn hatte mit drei Wochen immer noch nicht sein Geburtsgewicht erreicht, mir ging es so schlecht wir noch nie... Ich habe dann meine Frauenärztin kontaktiert und sie nahm mir die Entscheidung ab! Sie riet zum Abstillen! Sie meinte, meine Brustwarzen würden so aussehen, als ob da eine Pilzinfektion vorliegt. Mit dem Abstillen allerdings verschwanden die Beschwerden wieder... Ich bekam keine Medikamente oder so. Nun bin ich wieder schwanger und möchte es gern nochmal mit dem Stillen versuchen. Nur leider bekomme ich teilweise schon Angst, nur wenn ich daran denke... Gibt es denn irgendetwas, was ich anders machen könnte? Kann ich meine Brustwazen auf das Stillen vorbereiten? Ich habe auch im Nicht-Schwangeren-Zustand eher große und empfindliche Brustwarzen. Kann das die Ursache sein? Über einen Ratschlag würde ich mich sehr freuen, denn ich habe nun beim zweiten Kind auch weniger Energie erneut durch diese Hölle zu wandern... Ich muss mich nun auch um meinen Sohn kümmern und kann nicht wie beim ersten Kind mich 24 Std. am Tag mit dem Stillen (Kühlen, Wärmen, Pumpen,Kohlwickel, etc.) beschäftigen... Vielen Dank schonmal! Ich hoffe sie können mir helfen... Und Sorry für die lange und ausführliche Frage! Nicole

von frida2013 am 14.05.2013, 23:00



Antwort auf: Wie kann Stillen beim zweiten Kind funktionieren?

Liebe Nicole, ich bin sicher, dass Ihr Baby NICHT korrekt gesaugt hat und dass es zudem von der Flasche saugverwirrt war! Butte wenden Sie sich diesmal SOFORT an eine kompetente Stillberaterin vor Ort, die gleich in den ersten Stunden oder Tagen schauen kann, wie das Kind angelegt ist. Und bitte lassen Sie keine Flasche und keinen Schnuller geben, wenn zugefüttert werden muss, gibt es alternative Fütterungsmethoden! Ganz kurz kann man die wichtigsten Punkte für den Grundstein einer erfolgreichen Stillbeziehung auf die folgenden Schlagworte zusammenfassen: Bald stillen oft stillen uneingeschränkt stillen keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen. Das Baby sollte so bald wie möglich nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden und dann jederzeit und ohne zeitliche Einschränkung an die Brust dürfen, wenn es das will. Bei eher schläfrigen Kindern oder Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht muss die Mutter unter Umständen den Takt angeben und dafür sorgen, dass das Kind mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust trinkt. Tee, Glukoselösung oder Wasser sind überflüssig und vor allem bei einer eventuell verstärkten Neugeborenengelbsucht sogar kontraproduktiv. Das Bilirubin (der gelbe Farbstoff, der für die Gelbfärbung der Haut bei der Neugeborenengelbsucht verantwortlich ist) wird nur zu zwei Prozent über den Urin ausgeschieden, der Rest wird durch den Darm ausgeschieden. Daher ist es unsinnig, die Gelbsucht „ausschwemmen" zu wollen. Wichtig ist, dass der Darm mit Nahrung versorgt wird und die Verdauung angeregt wird, das Mekonium möglichst rasch ausgeschieden wird. Das Kolostrum, die wichtige erste Milch wirkt abführend und begünstigt damit die Ausscheidung des Bilirubins. Der Organismus eines Neugeborenen ist auf viele, kleine Mahlzeiten eingestellt. Sein Magen hat etwa die Größe eines Teebeutels. Kleine Mengen an Muttermilch sind also absolut richtig und in Ordnung. Wichtig ist, dass Ihr Baby ab dem zweiten, dritten Tag mindestens drei bis vier Darmentleerungen hat und ausreichend Urin ausscheidet. Eine Gewichtsabnahme von etwa sieben Prozent des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten Tage ist normal, bis zehn Prozent sind bei einem ansonsten gesunden Kind tolerierbar. Spätestens mit drei Wochen sollte Ihr Baby sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben. Milchbildungstee ist nicht notwendig und es hat keinen Sinn ihn bereits während der Schwangerschaft zu trinken. Wenn überhaupt Milchbildungstee getrunken wird, dann bitte auch nicht mehr als höchstens zwei bis drei Tassen täglich, da mehr zu Bauchproblemen beim Kind führen kann. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen können Sie am besten dadurch vorbeugen, dass Sie sich informieren. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Deshalb ist es entscheidend, dass Sie sich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informieren. Nochmals: Ganz wichtig ist dass Sie wissen, wie korrekt angelegt ist und woran Sie erkennen, dass das Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. "Stillen gesund und richtig" von Denise Both und Gabi Eugster, "Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, "Stillen einfach nur stillen" von Gwen Gotsch) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe treffen Sie nicht nur andere stillende Mütter, sondern Sie lernen auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC) Erkundigen Sie sich auch einmal, vielleicht gibt es in Ihrer Nähe ein stillfreundliches (zertifiziertes) Krankenhaus, dort verläuft der Start der Stillbeziehung oft sehr viel besser und es gibt echte und gute Unterstützung nach der Geburt. Ich wünsche Ihnen schöne restliche Schwangerschaftswochen, eine gute Geburt und diesmal eine problemlose und schöne Stillzeit. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 15.05.2013