Frage: Was lief schief?

Hallo liebe Stillberaterinnen! Seit einiger Zeit beschäftigt mich der gesamte Werdegang, der dazu geführt hat, dass ich meinen heute sechseinhalb Monate alten Sohn nie richtig stillen konnte. Ich habe ihn am Ende dann drei Monate mit Muttermilch aus dem Fläschchen ernährt bis meine Milchmenge abrupt aufgrund einer simplen Grippe zurückgegangen ist und ich einfach nicht mehr die Kraft fand, sie wieder zu steigern. Jetzt hadere ich immer noch damit, weil das mit dem Stillen nicht klappen wollte und suche nach Dingen, die ich vielleicht beim nächsten Mal besser machen kann. Ich versuche einmal kurz die Ausgangssituation zusammenzufassen: - nach einer recht langen und schweren Geburt wurde mir mein Sohn nur kurz auf den Bauch gelegt und dann meinem Mann gegeben, weil ich genäht werden musste - danach wurde direkt im Kreißsaal ein erster Stillversuch unternommen, aber der Kleine zeigte kein Interesse an der Brust - im Zimmer bei den Schwestern hatte er dann zum ersten Mal Hunger und zu Dritt haben die Damen dann versucht, den kleinen Kerl anzulegen, der ununterbrochen geschrien hat - mir wurden sehr flache Brustwarzen attestiert (was auch stimmt) und Stillhütchen gegeben, an denen mein Baby auch saugte, nebenbei pumpte ich mit der el. Milchpumpe - ohne mein Wissen wurde der Kleine am zweiten Tag schon mit der Flasche ernährt, wobei man mir dann erklärte, dass das Umgewöhnen an die Brust kein Problem sei - mein Sohn hatte ein sehr verkürztes Zungenbändchen, das man ihm in der Klinik noch entfernte Zuhause habe ich dann weiter die Stillhütchen benutzt und nebenbei gepumpt, der Milcheinschuss kam auch nach 3-4 Tagen. Mein Sohn verlor in der Zeit aber mehr als die 10% seines Körpergewichts, weswegen sich meine Hebamme von meiner Panik anstecken ließ und ihm HA Milch aus der Flasche gab. Nebenbei riet sie mir von den Stillhütchen ab, die ich dann nicht mehr benutzte. Ich habe dann Tag und Nacht gepumpt, um die Milchmenge zu erhöhen, was auch ganz gut geklappt hat. Aber er ließ sich nicht an die Brust anlegen, auch wenn die Brustwarze durch Anpumpen nach außen gerichtet war. Ich habe ihn jedesmal, wenn er Hunger hatte, versucht anzulegen, aber da es nicht klappte dann immer die Flasche gegeben. Wir waren beim Ostheopaten, eine Ihrer Kolleginnen von der LLL war bei mir und auf ihr Anraten habe ich dann eine Zeitlang mit dem Becher gefüttert. So richtig wollte das auch nicht funktionieren und mein Kleiner schrie sich jedes Mal die Seele aus dem Leib, weswegen ich dann wieder die Flasche gegeben habe. Ich habe mich dann mit dem Abpumpen abgefunden und das eben für drei Monate durchgezogen, wobei ich auf recht gute Milchmengen kam und zeitweise fast ganz aufs Zufüttern verzichten konnte. Nun stelle ich mir immer noch einige Fragen. Kann es tatsächlich sein, dass meine Brustwarzen so flach sind, dass ein Neugeborenes sie einfach nicht fassen kann (anfangs kam es mir tatsächlich so vor, als wäre der Mund meines Sohnes viel zu klein, um Warze samt W.hof zu fassen)? Hätte ich doch mit den Stillhütchen weiterprobieren sollen? Oder ist es sinnlos, sich weiterhin darüber Gedanken zu machen, da es meinem Kleinen ja gut geht und er trotz Flaschenmilch und mittlerweile etwas Beikost wunderbar wächst und gedeiht? Über eine Einschätzung Ihrerseits würde ich mich sehr freuen, auch weil ich vielleicht so endlich mit dem Thema abschließen kann. Danke und viele Grüße!

von Siz am 05.02.2013, 17:51



Antwort auf: Was lief schief?

Liebe Siz, es tut mir so leid, dass Du so traurig bist und so schlecht beraten wurdest, denn mit Sicherheit war dein Kind saugverwirrt und konnte einfach nicht effektiv und korrekt an der Brust saugen. Um deine Frage zu beantworten zitiere ich dir aus dem "Handbuch für die Stillberatung" von La Leche Liga: „Viele Stillexperten haben beobachtet, dass ein Neugeborenes auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren kann (Neifert, 1995). Diese Verwirrung kann dadurch verursacht werden, dass das Baby seine Zunge, seinen Kiefer und seinen Mund beim Stillen anders bewegt als beim Saugen an einer Flasche, einem Beruhigungssauger (Schnuller) und den meisten Formen der Stillhütchen (Newman, 1990). In einer Studie zeigte sich, dass 30 % der Mütter, deren Babys im Krankenhaus Flaschen erhalten hatten, von ernsthaften Stillproblemen berichteten, gegenüber 14 % der Mütter, deren Babys keine Flasche erhalten hatten (Cronenwett, 1992). Kittie Frantz, eine frühere LLL Stillberaterin, Kinderkrankenschwester und Ausbilderin für Stillberatungskurse an der Universität von Kalifornien, Los Angeles, schätzt, dass künstliche Sauger während der ersten drei bis vier Wochen bei 95 % der Babys zu einer Saugverwirrung führen. Manche Babys reagieren nach einer Woche, während der sie mit der Flasche gefüttert wurden, mit einer Saugverwirrung, andere bereits nach ein oder zwei Flaschen – oder anderen künstlichen Saugern. Ein Baby, das in den ersten drei oder vier Wochen gut an der Brust trinken gelernt hat, ist weniger anfällig für eine Saugverwirrung. ... Dr. Ruth Lawrence warnt vor dem Gebrauch eines Beruhigungssaugers während der ersten Lebenswochen, weil die Möglichkeit besteht, dass das Baby auf den Sauger »geprägt« werden kann. Diese »Prägung« kann dazu führen, dass das Baby eine Vorliebe für feste und unnatürlich geformte Sauger entwickelt. Der Begriff »Prägung« wird auch benutzt, um die Bindung zu beschreiben, die manche Tiere zu dem ersten Objekt oder Lebewesen aufbauen, das sie zu Gesicht bekommen. »Das Saugen am Daumen oder Beruhigungssauger stellt eine Ersatzhandlung dar für etwas, was normalerweise zu einer Prägung auf die mütterliche Brustwarze führt. ... Auch wenn der Begriff ›Saugverwirrung‹ noch keinen Eingang in die medizinische Literatur gefunden hat, gibt es eindeutige psychosomatische Beweise dafür, dass die Prägung eines Menschen durch die Einführung eines Fremdobjektes während der Prägephase verändert werden kann« .“ Lass deine Gefühle der Trauer zu, aber bleibe nicht dort stehen. Du hast viele Möglichkeiten, deinem Kind Liebe, Nähe, Geborgenheit und Trost zu geben, auch wenn Du nicht mehr stillst. Nicht nur stillende Mütter sind gute Mütter. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 05.02.2013