Warum hat mein Baby Nachts immer Bauchweh?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Warum hat mein Baby Nachts immer Bauchweh?

Hallo! Seit drei Wochen lege ich mein Baby (18 Wochen) mit Schnuller in ihr eigenes Bett ohne sie in den Schlaf zu stillen. Die erste Woche klappte wunderbar. Sie nahm die Umstellung an, ich stillte zweimal Nachts und legte sie wieder zurück ins Bett. Seit einer Woche jedoch wacht sie alle ein bis zwei Stunden auf. Ihr Bauch grummelt, sie pupst, ist wach und quängelt. Wenn ich ihr den Schnuller geben möchte zum Wiedereinschlafen verweigert sie mit weinen. Wenn ich sie an die Brust nehme, trinkt sie, schläft ein und ich lege sie zurück ins Bett. Nach ein bis zwei Stunden das selbe Spiel. So geht das die ganze Nacht bis ich in der Früh endlich mit ihr aufstehen kann. Resultat:müdes Kind und noch müdere Mutter! :( Ich habe schon alles mögliche ausprobiert. Lefax, Zäpfchen, Globolis, Bäuchleinöl, usw. Jetzt lasse ich schon seit Tagen den Latte M.(hatte ein Glas tägl.) und die Schokolade weg und die Nächte sind immer noch schrecklich. Ich stille voll und kann mir nicht erklären, warum mein Kind so Probleme mit der Verdauung hat. Tagsüber stille ich alle drei Stunden. Vielleicht macht es das nächtliche Dauerstillen auch nicht besser!? Neue Milch auf alte, oder stimmt das gar nicht? Weiß nicht, was ich tun soll!!!

von Eule am 22.10.2012, 12:22



Antwort auf: Warum hat mein Baby Nachts immer Bauchweh?

Liebe Eule, zunächst einmal gibt es keinen Grund, dass Du zwischen zwei Stillzeiten einen Mindestabstand einhältst. Es ist ein Ammenmärchen, dass ein Mindestabstand notwendig ist, um Bauchprobleme zu vermeiden oder sie zu beseitigen. Es gibt keinen Beweis, für die „Frische Milch auf halbverdaute Milch" Theorie. Irgendjemand hat damit angefangen zu behaupten, dass dadurch Probleme entstünden und seither geistert diese Theorie durch Deutschland und im Extermfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen.. Interessanterweise sagen aber selbst die Anhänger dieser Theorie, dass bei einem Wachstumsschub selbstverständlich häufiger angelegt werden darf und muss. Alle Stillexperten propagieren das Stillen nach Bedarf und ohne irgendeinen Mindestabstand. Muttermilch ist außerdem innerhalb von längstens 60 bis 90 Minuten vollständig verdaut. Lege dein Kind an, wenn es nach der Brust verlangt, ganz gleich ob die letzte Stillzeit vier Stunden oder eine Viertelstunde her ist. (Den Abstand zwischen zwei Stillzeiten berechnet man übrigens vom Beginn des letzten Anlegens bis zum Beginn des nächsten Anlegens). Verwendest Du einen Schnuller, um das Stillen hinauszuzögern? Wenn ja, dann kann es sein, dass wir schon die Ursache für das Stillverhalten gefunden haben. Das Saugen an einem künstlichen Sauger (und dazu gehören auch Beruhigungssauger) hat eine ganz andere Technik als das Trinken an der Brust. Versucht ein Kind an der Brust mit dieser Technik zu saugen, dann bekommt es weniger oder sogar gar keine Milch und ist verständlicherweise frustriert. Lass deshalb alle künstlichen Sauger weg, falls Du welche verwendest. Es ist sehr wichtig, dass das Baby korrekt angelegt ist und richtig saugt. Ein gut angelegtes Baby, das korrekt saugt schluckt weniger Luft beim Trinken und Luft, die nicht verschluckt wird, muss auch nicht wieder nach oben befördert werden. Blähungen sind leider in vielen Fällen durch eine nicht richtige Anlegetechnik und/oder ein falsches Saugen des Babys verursacht (und damit können wir wieder bei obigem Punkt mit den künstlichen Saugern sein). Ein Baby, das länger hingehalten wurde, trinkt in der Regel auch nicht gut an der Brust, so dass wir auch hier wieder bei einem Problem sind, das „hausgemacht" ist. Es ist deshalb auch immer wieder schade, dass Mütter mit solchen Ratschlägen wie dem des Mindestabstands verunsichert und zu neuen Problemen gebracht werden. Als Eltern glauben und hoffen wir immer auf eine lineare Weiterentwicklung der Fähigkeiten unserer Kinder. Beim Schlafverhalten können wir jedoch nicht davon ausgehen, dass die Entwicklung kontinuierlich verläuft, im Gegenteil, relativ viele Babys schlafen mit drei Monaten deutlich länger und anhaltender als mit sechs oder zehn Monaten. Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt dir in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Als stillende Mutter hast Du den ungeheuren Vorteil, dass Du dein Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten kannst, ohne dass Du richtig wach werden und aufstehen musst. Genieße dieses Privileg, dich einfach nur umdrehen zu müssen, so dass dein Kind an deine Brust kann und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen kannst. Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen kannst. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 22.10.2012