Hallo, ich weiß, dass zum Stillen schon alles Mögliche gefragt wurde, aber ich brauche trotzdem einen Rat.
Mein Sohn ist jetzt bald 5 Monate alt. Von Geburt an stille ich ihn nach Bedarf alle 1.5 bis 2h - Tags wie nachts, ausnahmslos. Er trinkt auch nicht wenig. Wir haben das schon öfter getestet indem ich abgepumpt und ihn aus der Flasche habe trinken lassen. Er kam trotz 180-210ml nach zwei Stunden wieder. Bei einem Wachstumsschub (wie jetzt gerade), kriege ich ihn nachts gar nicht mehr von der Brust. Er schläft sehr unruhig, nur bei uns im Bett und auch nur, wenn ich mich mit ihm zusammen hinlege. Das Beistellbett ist ihm zu weit weg. Ginge es nach ihm, würde ich jeden Abend um sieben mit ihm ins Bett gehen und ihn die ganze Nacht dauernuckeln lassen. Ich bin manchmal so fertig, dass ich das mache, aber das ist kein Zustand mehr. Ich will nicht immer so früh schlafen gehen :D Auch würde ich mich in den wenigen Stunden Schlaf gern mal strecken oder drehen können bzw. habe ich immer Angst ihn zu verletzen. Es geht mir hier natürlich NICHT ums durchschlafen, aber um eine Besserung unserer Situation. Keiner in meinen Babykursen scheint das so zu kennen, keiner hat einen Rat. :( Wie kann ich ihn an sein Beistellbett gewöhnen? Hat er wahrscheinlich Hunger oder sucht er Trost in der Nacht? Muss er nicht selbst an Schlafentzug leiden? Vielleicht hast du eine idee?
Achso - ich habe ihn tagsüber soviel in der Trage bzw im Tuch, wie er das möchte. Das sind immer zwischen 2-4 std auf den Tag verteilt, er bekommt also viel Nähe.
Liebe Grüße
von
Kathinka225
am 19.02.2019, 09:08
Antwort auf:
Wann verlängern sich Stillabstände?
Liebe Kathinka225,
Babys sind von Geburt an (bzw. bereits im Mutterleib) eigene, individuelle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter, Temperament und auch mit eigener Stimmungslage. Ob eine Mutter ein ruhiges, zufriedenes, (fast) immer lächelndes Baby hat oder ein Kind, welches extrem viel Nähe braucht, das hängt nicht zwingend von ihrer Fähigkeiten als Mutter ab. Vieles ist einfach angeboren.
Wenn dein Kind so sehr viel Nähe braucht, dann kann es sein, dass es ein Baby mit erhöhten Bedürfnissen ist, ein High Need Baby, wie diese Kinder von dem amerikanischen Kinderarzt Dr. William Sears genannt werden. Ein High Need Baby braucht sehr viel mehr Einsatz von seiner Mutter/Eltern. Es ist kein „pflegeleichtes" Kind. Oft zeigen sich die Erfolge der Bemühungen der Mutter erst nach längerer Zeit und die Mutter zweifelt an sich selbst. Deshalb ist es so wichtig, dass Mütter/Eltern wissen, dass es High Need Babys gibt und wissen, dass sie keine „Schuld" haben.
Sehr gut beschrieben sind High Need Babys in dem Buch „Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears und Dr. Sears gibt auch Anregungen und Erklärungen, was Eltern tun können, um zu einem einfacheren Alltag mit ihren Kindern zu kommen. Das Buch ist im Buchhandel, bei der LLL und jeder LLL Stillberaterin.
Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa vier bis sechs Monate wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte.
Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ...
Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet.
Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht.
In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt!
Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher
Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in
Studien nachgewiesen).
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch!
Wichtig ist auch, dass Du weißt, dass dies zwar eine lange Phase ist, aber sie WIRD vorbei gehen! Bis dahin ist es meist einfacher, das Drumherum zu ändern, als das Baby.
• Nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ...
• Vielleicht findest Du auch einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun.
• Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss.
Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menüs kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar.
Was spricht denn dagegen, dass Du Dich am Abend zu Deinem Mann auf die Couch setzt und Dein Baby neben zu stillst und auf Deinem Arm schlafen lässt?
So habt Ihr Zeit füreinander und Dein Kind muss nicht weinen.
Dein Mann könnte sich das Baby auch ins Tragetuch nehmen und Ihr könntet einen gemeinsamen Abendspaziergang machen…?
Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 19.02.2019