WIE genau steigert das Anlegen die Milchbildung?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: WIE genau steigert das Anlegen die Milchbildung?

Hallo. Habe nur mal eine kurze Frage. Mein Kleiner ist 13 Wochen, ich stille voll. Da ich gelegentlich das Gefühl habe, dass die Milch nach und nach immer weniger wird und dadurch das stillen auch immer anstrengender, möchte ich die Milchbildung etwas steigern. Abgesehen von dem viiielen Trinken, möchte ich es nun auch mit abpumpen versuchen. Es heißt ja immer anlegen, anlegen, anlegen, aber zwischen den Stillmahlzeiten schläft er noch sehr viel und da möchte ich ihn ungern wecken, um ihn eigentlich vollkommen satt an die Brust zu hängen ;-) Daher der Versuch mit der Pumpe. Die abgepumpte Milch möchte ich NICHT füttern, die wird dann eher im Badewasser landen oder als "Wunder-Gesundmach-Milch" für Schürfwunden bei meinem 3jährigen Sohn verkauft ;o) Zur eigentlichen Frage: Wann oder wodurch registriert der Körper den (angeblichen) Mehrbedarf? Ist das abhängig von der MENGE die getrunken (gepumpt) wird, oder von der HÄUFIGKEIT, wie oft angelegt wird? Also würde es reichen, einfach mehrmals mit der Pumpe den Milchspenderefelex auszulösen, 3 mal zu pumpen und gut ist? Oder müsste ich schon etwas mehr pumpen? Ah Sohni ist wach, freue mich auf Antwort!

von mami-von-nico am 24.07.2012, 13:13



Antwort auf: WIE genau steigert das Anlegen die Milchbildung?

Liebe mami-von-nico, als stillende Mutter müssen Sie nicht extrem viel trinken. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme führt nicht zu mehr, sondern zu weniger Milch, da sie dazu führt dazu, dass das antidiuretische Hormon (ADH) zurückgeht, die Frau erfährt dann eine vermehrte Wasserausscheidung („schwemmt aus") und die Milchbildung verringert sich. Zwei bis drei Liter Flüssigkeit (davon höchstens wenn überhaupt zwei bis Tassen Milchbildungstee) sind im Allgemeinen ausreichend. Wenn der Urin dunkelgelb wird und die Menge gering ist, trinkt die Frau zu wenig. Schwarzer Tee, Matetee und Kaffee sollten nur mäßig genossen werden. Auf Limonaden oder Colagetränke sowie künstlich gesüßte Getränke sollte möglichst verzichtet werden. Auf die (angebliche) milchflussfördernde Wirkung von Bier oder Sekt sollte verzichtet werden. Alkohol geht bereits in kleinen Mengen in die Milch über und belastet den Stoffwechsel des Babys. Am besten richten Sie sich nach Ihrem Durstgefühl. In so ziemlich jeder Kultur gibt es irgendwelche Nahrungsmittel oder Getränke, denen milchbildungsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden, doch letztlich bringt nur ein Weg mehr Milch: Die Stimulation der Brust, sprich häufiges Anlegen und effektives Trinken des Kindes. Wenn die Milchmenge gesteigert werden soll, dann muss das Kind häufiger angelegt werden oder – wenn die Situation es erfordert – zusätzlich abgepumpt werden. Zaubermittel, die die Milch einfach so fließen lassen, gibt es leider nicht. Es gibt einen sehr schönen Artikel, in dem das Prinzip der Milchbildung genau beschrieben wird. Ich hänge ihn hier an. LLLiebe Grüße Biggi Welter Wie die Muttermilch gebildet wird Linda J. Smith, Dayton, Ohio, USA, aus: LEAVEN Juni/Juli 2001 übersetzt von Angelika Quell, D Fulda "Ich habe nicht genug Milch", so lautet die häufigste Begründung für Zufüttern oder Abstillen. Manchmal stimmt ist das auch so, manchmal, glaubt die Mutter jedoch nur, dass es so sei. Der Fortschritt im Wissen um das Verständnis des Milchbildungsprozesses ist zum Teil der Molkereiwirtschaft zu verdanken (diese hat ein finanzielles Interesse daran, genau zu wissen, wie man eine Kuh dazu bringt möglichst viel Milch zu produzieren) und teils denjenigen, die stillende Mütter beraten. Vor den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts glaubte man im Allgemeinen, dass die meiste Milch während des Milchspendereflexes gebildet würde, da die Milch während des Let down Reflexes schneller fließt. (Dies glaubten sowohl Molkereiwissenschaftler als auch Befürworter des Stillens.) Peterson zeigte 1944, dass die Milchsekretion gleichmäßig abläuft und der Let down Reflex ein anderer und eigenständiger Prozess ist. Der Let down Reflex presst die Milch heraus, die bereits gebildet und in den Alveolarlumen (kleine Gänge, in welche die Milch aus den Alveolen sezerniert wird) gelagert ist. Während des Milchspendereflexes wird die Milch nicht schneller gebildet, sie fließt nur schneller. Durch die von Peter Hartmann in Australien seit den 90ger Jahren durchgeführten und immer noch laufenden Untersuchungen an stillenden Frauen, wurde festgestellt, dass die Milchbildungsrate – wie schnell die sekretorischen Zellen Milch bilden – in Abhängigkeit dazu steht, wie leer (oder voll) die Brust ist. Dies wird als autokrine (oder lokale) Steuerung bezeichnet. Beim Füllen der Alveolarlumen signalisieren bestimmte Inhaltstoffe der verbliebenen Milch (Feedback Inhibitor of Lactation Faktor (FIL), Peptide, Fettsäuren und möglicherweise auch andere Stoffe) den sekretorischen Zellen die Milchbildung zu verlangsamen. Je leerer die Brust ist, desto schneller versucht sie sich wieder zu füllen ähnlich wie ein automatischer Eisbereiter. Hartmann sagt, dass die Rate der Milchsynthese bei Frauen zwischen 11 und 58 ml/Stunde/Brust variiert. Leere Brüste bilden Milch schneller als volle. Wenn die Brust regelmäßig und gänzlich entleert wird, ist die Milchsynthese uneingeschränkt. Hartmanns Untersuchungen dokumentieren das, was wir bei La Leche Liga schon seit langer Zeit wissen das Angebot an Milch wird durch die Nachfrage des Babys reguliert. Es kommt selten vor, dass ein Baby die gesamte Milch aus der Brust seiner Mutter trinkt. 1993 fand Hartmann heraus, das Babys durchschnittlich 76% der ihm in der Brust ihrer Mütter zur Verfügung stehenden Milch innerhalb einer 24 Stunden Periode trinken. Dadurch hat das Baby eine kurzfristige Kontrolle über die Milchproduktion seiner Mutter. Im folgenden werde ich diese Praxis, die ich als "80 : 20 Konzept" bezeichne, erklären. Die üblicherweise vom Kind täglich getrunkene Milchmenge beträgt 80 % (der Gesamtmenge, die gebildet wird). Die in der Brust der Mutter verbleibende Menge beträgt 20 %. Wenn mehr als 80% der Milch getrunken werden, steigt das Angebot damit das Verhältnis 80 : 20 aufrechterhalten wird. Werden jedoch weniger als 80% getrunken, vermindert sich das Angebot, um das 80 : 20 Verhältnis aufrechtzuerhalten. Obwohl dies eine sehr starke Vereinfachung eines sehr komplexen Prozesses ist, hat sich das Kernprinzip doch durch neue wissenschaftliche Untersuchungen erhärtet. Untersuchungen zeigen, dass die Ernährung der Mutter, ihre Flüssigkeitsaufnahme oder andere Faktoren nur einen geringen Einfluss auf die Milchproduktion haben. Wenn das "Milch Entfernungs" Teilchen an der richtigen Stelle im Puzzle liegt, produzieren Mütter sehr viel gute Milch, unabhängig davon, wie sie sich ernähren. Wenn das "Milch Entfernungs" teilchen jedoch nicht da ist, kann nichts dieses Manko ausgleichen. Signifikante Risikofaktoren , die sich hemmend auf ein ausreichendes Milchangebot auswirken, scheinen Brustoperationen, in der Gebärmutter verbliebene Plazentareste, das Sheehan Syndrom (nach der Geburt bei Müttern auftretende Hypophysenvorderlappen Insuffizienz) oder ein Hypophysenschock, hormonelle Empfängnisverhütung und nicht genügend Brustdrüsengewebe zu sein. Wenn keiner dieser Faktoren zutrifft, ist es äußerst selten, dass eine Mutter nicht genügend Milch produzieren kann, was aber dennoch vorkommen kann. In meiner Praxis gibt es gewöhnlich zwei Gründe für "nicht genug Milch": (1) das Baby wird pro Tag nicht ausreichend lange angelegt, die Stillmahlzeiten werden beendet, bevor das Baby von sich aus aufhört an der Brust zu trinken oder die Intervalle zwischen den einzelnen Mahlzeiten werden zu sehr ausgedehnt oder das Baby bekommt etwas anderes um "es hinzuhalten" oder (2) es findet kein effektiver Milchtransfer zum Baby statt: entweder aufgrund falschem Anlegens oder wegen einem Saugproblem. Untersuchungen zeigen, dass es extrem wichtig ist, einer Brustdrüsenschwellung vorzubeugen bzw. sie sofort zu behandeln. Wenn immer es möglich ist, sollte das Baby uneingeschränkt nach Bedarf und ausschließlich an der Brust ernährt werden. Die Mütter sollten ihre Babys solange an der ersten Brust zu trinken lassen, bis sie von sich aus loslassen und ihnen dann die zweite Brust anbieten. Säuglinge müssen 8 12 mal innerhalb von 24 Stunden angelegt werden, bis sich die Milchbildung eingespielt hat. Die meisten Säuglinge werden insgesamt mindestens 140 Minuten pro Tag trinken, durchschnittlich 10 30 Minuten pro Stillmahlzeit. Die Mütter sollten ermutigt werden, dass Stillen als Nahrung für Körper und Seele zu betrachten. Meine Bitte an alle: Schaut Euch das Baby sorgfältig an. Ich zögere nicht, eine Pumpe als Hilfsmittel zu empfehlen, da ich so viele kleine Babys erlebe, welche zeitweise schlecht saugen. Durch das schlechte Saugen bleibt Milch in der Brust zurück, dadurch wird die Milchbildung beeinträchtigt und das Ergebnis des Ganzen ist ein hungriger unruhiger Säugling und keine Milch. Mit einem guten Pumpmanagement, wird die Mutter genügend ihrer eigenen Milch abpumpen können, um das Baby damit zu füttern, während wir versuchen herauszufinden, wie wir dem Baby helfen können, besser an der Brust zu trinken. Die (zu geringe) Milchmenge ist meist das am einfachsten zu lösende Problem. Denkt daran: es ist nach wie vor das Prinzip von Angebot und Nachfrage, das über Erfolg oder Misserfolg entscheidet.

von Biggi Welter am 24.07.2012



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Baby lässt sich nicht richtig anlegen

Liebe Biggi, Mein Baby ist nun fast 5 Monate alt und wird immer unruhiger beim Stillen. Besonders abends ist es sehr anstrengend, da er nur an der Brust einschlafen kann, habe ich keine andere Wahl als durchzuhalten. Schlafen ist ein anderes Problem. Aber das Stillen wird immer schlimmer und ist manchmal nicht auszuhalten. Er zieht stark an der ...


Milchbildung anregen - powerpumpen

Guten Tag, meine Tochter ist knapp 4 Monate alt. Sie wurde von Anfang an teilgestillt, jedoch wurde der Anteil an Muttermilch immer weniger und weniger so dass sie jetzt so gut wie gar nicht mehr an der Brust trinken will. Die rechte Brust lehnt sie komplett ab. Sobald sie also von der linken getrunken hat und ich sie um 180 Grad drehe und an di...


Milchbildung reduzieren

Liebe Frau Welter, Ich habe mit Hyperlaktation zu kämpfen. Ich bin in Beratung bei einer IBCLC-Beraterin, die mir jedoch bei diesem Thema nur bedingt weiterhelfen konnte. (Bei anderen Themen hat sie sehr weiterhelfen können, an sich bin ich mit ihr sehr zufrieden). Ich trinke derzeit ca. einen Liter Salbeitee am Tag. Wenn ich auch nur i...


Muttermilchvorrat als Alternative zu Pre Nahrung anlegen

Guten Tag! Da ich in ein paar Monaten wieder Teilzeit arbeiten gehen werde, stelle ich mir die Frage, ob es Sinn macht, schon jetzt damit zu beginnen, für später einen Muttermilchvorrat anzulegen. Meine Tochter ist jetzt knapp sechs Monate alt und das Milchangebot war immer ausreichend. Die Beikosteinführung läuft super, weshalb wir die Stillma...


Stillen wie anlegen

Hallo, ich habe vor 8 Tagen entbunden und ein ziemlich großes Problem beim stillen. Ich habe eine Hebamme die sagt ich soll zu füttern was ich tue und ich soll stillen. Seitdem ist es so das sie Probleme hat meine Brustwarze zu finden bzw. Sie saugt sich nicht mehr richtig an und nuckelt nur dadurch hat sie extremen Hunger und ich füttere mehr zu. ...


Baby richtig Anlegen

Liebe Biggy, Vor knapp 3 Wochen wurde mein 3. Kind geboren. Ich hätte nicht damit gerechnet (beim 2. Kind war alles total unproblematisch) aber das Stillen läuft nicht rund. Ich hatte massiv mit wunden, blutenden Brustwarzen zu kämpfen. Dank Silberhütchen, Luft und Lanolin und sicher auch Dank Gewöhnung sind die Wunden geheilt. Bin so glücklich...


Milchbildung anregen

Hallo, Leider produziere ich von Anfang an nicht genug Milch, sodass wir von Geburt an zufüttern müssen. Mittlerweile habe ich so wenig Milch, das meine kleine (13 Wochen alt) nicht mehr gestillt werden möchte, die sie an der Brust dann sehr frustriert anfängt zu schreien und nicht mehr saugt. Ich Pumpe mittlerweile 2-3x am Tag ab und es kommen ...


Merkt man Milchbildung in der Brust?

Hallo liebe Biggi, ab und an spüre ich ein Ziehen in der Brust (vermehrt links da ich meinen Sohn nur einseitig stille), manchmal mehrere Tage gar nichts und dann kommt es wieder. Ist es generell so, dass die Brust einfach auch arbeitet und es zu sowas kommen kann? Es sind keine Schmerzen oder so, ich Merks nur und bin leider anfällig dafür mir ...


Kaltes Duschen schlecht für Milchbildung?

Hallo, ich dusche seit einer Woche richtig kalt. Hab das vor der Schwangerschaft schon gemacht und nun fange ich in der Stillzeit wieder an. Meine Sorge ist nun, ob das eiskalte Wasser, das auch über meine Brüste läuft, irgendwelche Auswirkungen hat? Zieht sich das Gewebe vielleicht zusammen, wodurch weniger Milch produziert wird oder werden irgend...


Milchbildung ?

Hallo. Ich stille meine 8 Wochen alte Tochter voll. Ich hatte vor einer Woche in meiner rechten Brust immer zu viel Milch . Die Brust war stramm und schmerzte. Ich hab diese mehr Mals ausgedrückt und es tat dann nicht mehr weh. Ich hab nun das Gefühl das ich weniger Milch hab. Meine Brüste bleiben schlaff und werden nicht mehr stramm. Ich habbangst...