Sehr geehrte Frau Welter,
unser Sohn ist in SSW 34+1 auf die Welt gekommen. Während unserem 2wöchigen Aufenthalt auf der Frühchen-Station musste meine Frau die meiste Zeit die abgepumpte Muttermilch verwerfen (Antibiotika-Einnahme). Erst an den letzten 2 Tagen wurde mit Still-Versuchen begonnen.
Mittlerweile ist er schon 5 Wochen alt. Derzeit pumpt meine Frau regelmäßig ab, vor jeder Mahlzeit bietet Sie jedoch die Brust an bevor es die Flasche gibt. Hin und wieder trinkt er schon ganze Mahlzeiten von der Brust (wir wiegen vorher und nachher), doch meistens will er nachher noch die Flasche bzw verweigert die Brust ganz wenn er schon sehr unruhig ist.
Wie sollen wir am besten vorgehen um die Ernährung komplett auf die Brust umzustellen? (Sofern das noch möglich ist)
Vielen Dank für Ihre Hilfe,
liebe Grüße Martin M.
von
DerMM
am 06.06.2013, 14:34
Antwort auf:
Von Flasche/Brust-Kombination zum Voll-Stillen?
Lieber Martin M.,
ein Baby, das mit der Flasche gefüttert wurde, hat einen sofort einsetzenden, gleichmäßigen Milchfluss kennengelernt. An der Brust reagiert es dann frustriert, weil nicht der von ihm erwartete, sofortige und stetige Milchfluss einsetzt. Es ist daher wichtig, dass Ihre Frau die Milch bereits vor dem Anlegen zum Fließen bringt. Sie soll versuchen, den Milchspendereflex durch Ausstreichen, Brustmassage und Wärmeanwendung oder eventuell mit einer Pumpe auszulösen, ehe sie Ihren Sohn anlegt. Sie soll nicht warten, bis Euer Sohn sehr hungrig ist. Ein aufgeregtes, hungriges Baby ist nicht unbedingt bereit, etwas Neues (also das korrekte Trinken an der Brust) zu lernen.
Ihre Frau sollte eine bequeme Stillhaltung wählen, um möglichst entspannt zu sein und sie soll auf eine korrekte Anlegetechnik achten.
Eine gute Beschreibung der korrekten Anlegetechnik finden Sie in dem Infoblatt "Anlegen und Stillpositionen", das Sie sich bei La Leche Liga herunterladen können:
http://www.lalecheliga.de/download/LLLInfoAnlg&Pos_web_neu.pdf
Das Stillen im Rückengriff (auch Unter dem Arm Haltung genannt, in dieser Position ruht der Kopf des Kindes in der Hand der Mutter und seine Beine liegen seitlich neben ihrem Körper und zeigen nach hinten) eignet sich gut, weil sie in dieser Haltung den Kopf Eures Sohnes gut kontrollieren kann und genau sieht, was er macht.
Die Brustkompresssion ist sicherlich auch empfehlenswert, ich hänge Ihnen die Anleitung dazu an.
Es wäre günstig, wenn Sie sich an eine Stillberaterin vor Ort wenden würden, die Ihnen im direkten Gespräch Tipps geben kann und eventuell auch sieht, wie Ihr Sohn an der Brust trinkt.
Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
Brustkompression
"Der Zweck der Brustkompression ist den Muttermilchfluss zum Baby weiter zu erhalten, auch wenn das Baby selber nicht mehr so produktiv trinkt ("weit geöffneter Mund Pause dann Schliessen des Mundes"). Auf diese Weise wird das Baby länger weiter trinken. Die Brustkompression simuliert einen Milchspendereflex ("Letdown reflex") und oft stimuliert sie sogar tatsächlich das Auftreten eines natürlichen Milchspendereflexes. Diese Technik kann bei schlechter Gewichtszunahme eines Babys hilfreich sein.
Die Brustkompression setzt den Milchfluss fort, wenn das Baby nicht mehr richtig von der Brust trinkt, sondern nur noch daran nuckelt, und bewirkt beim Baby folgendes:
1. Es bekommt mehr Muttermilch.
2. Es bekommt mehr fettreiche Milch (Hintermilch).
Die Brustkompression Wie funktioniert sie?
1. Halten Sie das Baby mit einem Arm/einer Hand.
2. Halten Sie die Brust mit der anderen Hand, den Daumen auf der einen Seite der Brust (am einfachsten ist es, wenn der Daumen auf der oberen Seite der Brust positioniert ist), die anderen Finger auf der anderen, unteren Seite (C Griff). Alle Finger sollten ziemlich weit weg von der Brustwarze sein.
3. Schauen Sie wie das Baby trinkt (zu Ihrem Verständnis können Sie folgenden Video anschauen unter: www.thebirthden.com/Newman.html). Machen Sie sich keinen Stress, sie brauchen nicht jeden Schluck zu erwischen. Das Baby bekommt eine nahrhafte Menge Muttermilch, wenn es mit der Technik "Weit geöffneter Mund Pause dann Schließen des Mundes" trinkt.
4. Wenn das Baby nur noch an der Brust nuckelt und nicht mehr richtig mit der oben beschriebenen Technik trinkt, dann ist es Zeit, die Brustkompression einzusetzen. Rollen Sie nicht ihre Finger über die Brust zum Kind, sondern drücken sie nur. Aber nicht so sehr, dass es schmerzt und versuchen Sie, die Form des Brustwarzenhofes nicht zu verändern. Mit der Kompression sollte das Baby wieder anfangen effektiv zu saugen und schlucken, d.h. mit dem Typus "Weit geöffneter Mund Pause dann Schließen des Mundes". Benutzen Sie die Brustkompression nur dann, wenn das Kind nuckelt, nicht aber wenn es richtig trinkt!
5. Belassen Sie den Druck so lange, bis das Baby auch mit der Kompression nicht mehr richtig trinkt, dann lösen sie den Druck. Oft hört das Baby ganz auf zu saugen wenn der Druck wegfällt, aber es wird bald wieder damit anfangen, nämlich sobald die Milch wieder fließt. Falls das Baby nicht aufhört zu nuckeln warten Sie einen kurze Zeit, bevor Sie wieder mit der Brustkompression beginnen.
6. Die Gründe, wieso Sie den Druck lösen sollen sind einerseits, dass Sie Ihre Hand etwas ausruhen können und anderseits, damit die Muttermilch wieder zum Kind fließen kann. Das Baby wird, falls es aufgehört hat zu saugen als Sie die Kompression gelöst haben, nun wieder damit beginnen, wenn es die Milch wieder schmeckt.
7. Wenn das Baby wieder zu saugen beginnt kann es sein, dass es effektiv trinkt mit dem Typus "Weit geöffneter Mund Pause dann Schließen des Mundes". Falls dies nicht der Fall ist, d.h. das Kind nur nuckelt, benutzen Sie wieder die Brustkompression wie oben erklärt.
8. Fahren Sie so an der ersten Brust fort bis das Baby auch trotz der Kompression nicht mehr trinkt. Sie sollten dem Baby erlauben, noch eine kurze Weile länger an dieser Seite zu bleiben, da Sie manchmal einen erneuten "Let down" Reflex (Milchspendereflex) bekommen können. Das Baby würde dann von selber wieder zu trinken beginnen. Falls es jedoch nicht mehr trinkt, erlauben Sie ihm sich selbst von der Brust zu lösen oder nehmen sie es von der Brust.
9. Falls das Baby mehr möchte, offerieren Sie ihm die andere Seite und wiederholen den Prozess."
(Quelle: Handout Nr. 15. Breast Compression. Revised Januar 2005 Verfasst von Dr. Jack Newman, MD, FRCPC. ©2005; www.BreastfeedingOnLine.com; Übersetzung von: Anke Käppeli Tinnes, IBCLC in Ausbildung, Zollikerberg, April 2006)
von
Biggi Welter
am 06.06.2013
Antwort auf:
Von Flasche/Brust-Kombination zum Voll-Stillen?
Hallo,
hier melde ich mich mal zu Wort. Ich habe es nämlich endlich geschafft, ganz vom Fläschchen wegzukommen und nur noch die Brust zu geben - nach einem halben Jahr Abpumpen!
Deine Frau könnte euren Schatz anlegen, wenn der Hunger noch nicht ganz so groß ist. Dann ist der "Stress", schnell den Hunger befriedigen zu wollen, nicht so enorm.
Unser Durchbruch kam, als ich unseren Sohn nachts neben mir schlafen ließ, so dass er im Halbschlaf andocken konnte. Stillen wurde so für uns etwas total gemütliches und nahes. Vielleicht wäre das etwas für euch? Es muss ja nicht gleich das klassische Familienbett sein, aber Stillen in der Nacht, in Ruhe, gemütlich und kuschelig ist eine gute Übung. Irgendwann ist der Punkt gekommen, an dem ihr mutig sein und einfach ins Wasser springen müsst: Flasche weg, nur noch die Brust anbieten. Am besten bei leisesten Hungerzeichen :-).
Inzwischen sind Mausbär und ich wahre Stillakrobaten und er verweigert die Flasche statt der Brust.
Da er nun ein halbes Jahr alt ist und völlig verrückt nach dem Essen der Großen, haben wir mit Beikost begonnen. Wir reichen ihm zusätzliche Flüssigkeit mit dem Becher an, was auch total gut klappt. Auch hier ist also keine Flasche von Nöten.
Ich bin so froh, dass wir jetzt richtig stillen können und noch glücklicher bin ich darüber, die doofe Milchpumpe los zu sein!
Ich wünsche euch ganz, ganz viel Erfolg! Übung macht den Meister! Ihr schafft das!
LG
Sarah
von
Jendriks_Mama
am 06.06.2013, 15:07
Antwort auf:
Von Flasche/Brust-Kombination zum Voll-Stillen?
Hallo,
vielen Dank für die bisherigen Antworten! Wir werden die Tipps so gut es geht umsetzen :)
lg Martin
von
DerMM
am 07.06.2013, 13:45
Antwort auf:
Von Flasche/Brust-Kombination zum Voll-Stillen?
Viel Erfolg!!!!
Wie gesagt, ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man es schaffen kann. :)
Viel Ruhe, Geduld und Unterstützung. Ich hatte weder Ruhe noch Unterstützung, deswegen hat es bei Jendrik und mir ein halbes Jahr gedauert.
Ihr schafft es möglicherweise deutlich schneller.
von
Jendriks_Mama
am 10.06.2013, 09:30