Vereinbarkeit von Stillen, Krippe und Job

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Vereinbarkeit von Stillen, Krippe und Job

Hallo, unsere Tochter ist 4 Monate alt und wird voll gestillt (6 Mahlzeiten zwischen 6 und 21 Uhr). Wenn sie 7 Monate alt ist, werden wir sie langsam an die Krippe gewöhnen; wenn sie 8 Monate alt ist, werde ich wieder zu arbeiten beginnen (9-16 Uhr). Dennoch würde ich sie gerne ein paar Monate länger stillen. Wie kann ich das am besten handhaben? - Ist es sinnvoll, den ersten Brei zeitgleich mit der Krippe einzuführen, oder sollte ich angesichts der Fremdbetreuung eher beginnen (damit sich nicht alles gleichzeitig ändert?) - Sollte sie in den ersten Krippenmonaten Brei oder die Flasche (mit angerührter Milch) bekommen, falls es nicht möglich ist, abgepumpte Muttermilch zu geben? - Werde ich mit nur 3 Stillmahlzeiten am Tag genug Milch haben, oder wird es unweigerlich mit dem Stillen bald vorbei sein? - Wenn ich während der Arbeitszeit Milch abpumpe, wird dadurch die Milchproduktion aufrechterhalten? Vielen lieben Dank und freundliche Grüße!

von melanzana am 30.06.2011, 23:01



Antwort auf: Vereinbarkeit von Stillen, Krippe und Job

Liebe melanzana, Berufstätigkeit ist kein zwingender Abstillgrund, viele Mütter kombinieren Stillen und Arbeiten und das können Sie auch, wenn Sie es wollen. Es ist nicht sinnvoll, mit der Beikost zu beginnen, ehe das Baby dazu bereit ist, auch dann nicht, wenn die Mutter außer Haus arbeitet. Sie haben deshalb die Möglichkeit bis etwa zu einem halben Jahr weiter voll zu stillen und dann mit der Einführung der Beikost zu beginnen und Ihre Milch abzupumpen, so dass Ihr Baby während Ihrer Abwesenheit Beikost plus abgepumpte Muttermilch erhält. Alternativ kann künstliche Säuglingsnahrung als Ersatz für die Muttermilch eingeführt werden. Ob Sie mit der Einführung der künstlichen Säuglingsnahrung bereits früher anfangen, können nur Sie selbst entscheiden. Für Ihr Kind ist es optimal, wenn es so lange wie möglich Muttermilch erhält. Sie können zum Beispiel so vorgehen: o Sie stillen ausschließlich bis Sie wieder anfangen außer Haus zu arbeiten. Etwa vier Wochen vor Arbeitsbeginn, beginnen Sie damit das Abpumpen und Handausstreichen zu erlernen. Die Milch die Sie beim Üben gewinnen, können Sie schon als Vorrat einfrieren. Sobald Sie dann arbeiten, können Sie dort abpumpen (zum Beispiel in einem leeren Seminarraum, einem Sanitätsraum, einem Büro, im Auto ...). Als stillender Mutter stehen Ihnen in Deutschland und Österreich bezahlte Pausen zum Abpumpen oder Stillen zu. Die Milch können Sie aufbewahren (entweder in einem Kühlschrank oder auch in einer Kühlbox mit Kühlakkus), so dass Ihr Kind sie während Ihrer Abwesenheit bekommen kann. Wenn Sie mit dem Baby zusammen sind, können Sie ganz "normal" stillen. o Sie stillen voll bis zum Beginn Ihrer Berufstätigkeit, lernen aber etwa zwei Wochen vor Arbeitsbeginn, wie Sie Milch von Hand ausstreichen oder wie mit einer geeigneten Pumpe (entweder eine Handpumpe oder eine kleine elektrische Pumpe mit Batteriebetrieb) abpumpen. Ab dem ersten Arbeitstag, streichen Sie immer dann, wenn die Brust zu spannen beginnt oder schmerzhaft prall wird gerade soviel Milch aus, dass Sie sich wieder wohl fühlen (alternativ zum Handausstreichen kann eine Pumpe verwendet werden). Falls möglich, können Sie die Brust auch kühlen, z.B. mit einen kleinen Hot Coldpack, das in den BH eingelegt werden kann. Entleeren Sie wirklich nur so viel Milch aus der Brust, dass die Spannung nachlässt und Sie sich wohl fühlen, nicht mehr, denn dann regen Sie die Milchbildung weiter an. Diese geringen Mengen, die Sie zu diesem Zweck abpumpen oder ausstreichen, können Sie auch notfalls auf der Toilette ausstreichen/abpumpen und dann, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, wegwerfen. Nach einiger Zeit wird sich Ihre Brust daran gewöhnt haben, dass zu diesen Zeiten, während denen Sie arbeiten keine Milch mehr gebraucht wird. Es gilt dann wie oben, wenn Sie mit Ihrem Baby zusammen sind, können Sie stillen, ansonsten bekommt es künstliche Säuglingsnahrung. Bei den ersten Pumpversuchen werden Sie vermutlich nur relativ kleine Mengen (5 ml sind schon ein Erfolg) gewinnen können. Mehr als 30 ml zwei oder drei Mal täglich sollten Sie zunächst nicht abpumpen, da Sie sonst zu sehr in das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage eingreifen. Wenn Sie dann arbeiten, können Sie selbstverständlich mehr abpumpen, um die durch die Trennung ausgefallenen Stillzeiten ersetzen zu können. Manche Frauen stillen auch tatsächlich nur zu Hause und die Milchmenge reicht. Außerdem kann ich Ihnen nur dringend raten, sich baldmöglichst an eine Stillberaterin in Ihrer Nähe zu wenden und mit ihr genau zu besprechen, welche Pumpe für Sie geeignet ist und wie Sie damit umgehen. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. Falls möglich, legen Sie den Berufstart auf einen Mittwoch oder Donnerstag (vorausgesetzt Sie arbeiten von Montag bis Freitag), dann habt ihr nicht gleich eine ganze Arbeitwoche vor euch, sondern könnt nach zwei bis drei Tagen erst einmal verschnaufen. Rechnen sie damit, dass Ihr Kind sich nach Ihrer Rückkehr auf Sie "stürzen" wird und die Nächte zunächst einmal deutlich unruhiger werden. Viele berufstätige Mütter erleben, dass ihr Kind nachts Mama "tanken" muss. Als stillender Mutter stehen Ihnen in D und A bezahlte Stillpausen zu. Ich zitiere aus dem deutschen Mutterschutzgesetz, in dem auch die Stillpausen geregelt sind: "Stillende Frauen haben auf Verlangen Anspruch auf die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als acht Stunden soll auf Verlangen zweimal eine Stillzeit von mindestens 45 Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von mindestens 90 Minuten gewährt werden. Die Arbeitszeit gilt als zusammenhängend, soweit sie nicht durch eine Ruhepause von mindestens zwei Stunden unterbrochen wird. Durch die Gewährung der Stillzeit darf ein Verdienstausfall nicht eintreten. Die Stillzeit darf von stillenden Müttern nicht vor oder nachgearbeitet und nicht auf die in dem Arbeitsgesetz oder anderen Vorschriften festgesetzten Ruhepausen angerechnet werden. Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit Mehrarbeit, nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr und nicht an Sonn und Feiertagen beschäftigt werden. Ausnahmen (z.B. für Landwirtschaft, Gastronomie und Künstlerinnen) werden im §8 Absatz 3 geregelt. Außerdem dürfen stillende Mütter nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie besonderen Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, zum Beispiel durch Strahlen, Staub, Hitze, Nässe, Erschütterungen oder Lärm. Verboten sind körperlich schwere Arbeiten wie Akkordarbeit am Flie?band und Heben und Fortbewegen von schweren Lasten (mehr als 5 Kilo). Muss die Arbeitnehmerin ggf. aufgrund der arbeitsplatzbedingten Schutzmassnahmen vorübergehend versetzt werden, darf sie finanziell nicht schlechter gestellt werden: Lohn und Gehaltsminderungen sind verboten." Manche Mütter nehmen diese Pausen zum Abpumpen, andere als zusammenhängende Zeit um später anzufangen oder früher zu gehen. Wenn Sie sich über das Thema Stillen und Berufstätigkeit noch weiter informieren wollen, möchte ich Ihnen das Buch "Stillen, Job und Family -Stillen, Erwerbstätigkeit und Familie lassen sich verbinden" von Gale Pryor / Kathleen Huggins empfehlen. Sie bekommen es im Buchhandel, bei einer LLL-Beraterin oder auch hier im Still-Shop. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 01.07.2011



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Einschlafen ohne Schreien in der Krippe?

Liebe Biggi, Ich stille mein Kind jetzt seit 16 Monaten .Eigentlich wollte ich schon längst abgestillt haben , aber die Kleine braucht das einfach noch so sehr und für mich ist es auch vollkommen in Ordnung .Bei uns hat sich das Einschlafstillen als einfachste Möglichkeit ergeben ,die Kleine ohne Schreien lassen in den Schlaf zu begleiten.Jetzt ge...


Schlafprobleme in der Krippe durch Einschlafstillen?

Hallo, Bevor ich zu meinem Problem komme, ein paar Worte zu meiner kleinen Tochter. Sie ist nun 19 Monate alt und war ab der Geburt ein sehr anspruchsvolles Baby (high Need Baby, das alle Kriterien zu 100 % erfüllt ). Sie ließ sich z.B. nicht ablegen und wollte zu niemand anderen als zu mir (selbst zum Papa oder den Großeltern wollte sie nicht,...


Mittags stillen und Krippe

Hallo, vor ein paar Wochen hatte ich wegen Abstillen tagsüber bzw. Einschlafstillen zum Mittagsschlaf gefragt. Der Rat war so lassen wie es ist, bis Tag X kommt. Habe ich gemacht. In der Krippe wird sie wahrscheinlich Ende des Monats schlafen. Mittlerweile ist so, dass sie morgens kaum noch gestillt werden möchte bzw. Wenig trinkt. Dafür aber um s...


Abstillen vor Krippe

Liebe Biggi, Meine kleine ist nun 13 Monate alt und wird in zwei Wochen in die Krippe eingewöhnt (Teilzeit, 3 volle Tage) da ich leider wieder arbeiten muss. Sie wird immernoch nach Bedarf gestillt, sowohl Tagsüber als auch Nachts, obwohl sie eigentlich auch gut isst und Wasser trinkt. Seit zwei Wochen versuche ich sanft abzustillen, ich biete ihr...


Kind schläft nur an der Brust ein - wie Übergang in Krippe gestalten?

Liebe Frau Welter, ich mache mir große Sorgen um meine Tochter und hoffe Sie können mir einen Rat geben. Sie ist nun 14 Monate alt, wurde ca. 6 Monate voll gestillt und schläft seit sie 4 Monate ist abends nur noch an der Brust ein. Wenn wir tagsüber zu Hause sind und sie müde wird, kommt sie zu mir und jammert auf eine ganz bestimmte Weise und...


Abstillen weil Krippe es fordert

Hallo liebe Experten! Meine kleine Maus (19 Monate) liebt das Stillen. Sie geht seit Juli 2021 in die Krippe. Obwohl sie daheim am Tage immer gern Mal zum Stillen kommt, hat sie sich in der Krippe schnell an die anderen Umstände gewöhnt. Lediglich das Einschlafen ist immer wieder ein Problemthema. Sie verweigerte sich im Schlafraum zu schlafen und...


Von jetzt auf gleich ohne Muttermilch in Krippe?

Voraussichtlich kommt meine Tochter, derzeit 21,5 Monate, im Herbst in die Krippe. Leider wird sie so um die 8,5 Stunden dort sein müssen und da sie quasi noch ein Stillkind ist, habe ich etwas Sorgen. Sie isst sehr wenig, auch nur ausgewählte Dinge und selbst davon nicht viel. Eisen wurde kontrolliert, sie hat einen leichten Mangel, der jetzt ...


Stillen in der Eingewöhnung in die Krippe

Liebe Frau Welter, mein kleiner Sohn (bald 15 Mo) wird seit einigen Tagen in der Krippe eingewöhnt. Wir sind immer für knappe 1,5 Std da. Meine Aufgabe ist es, mich auf den Stuhl in der Ecke zu setzen und immer für ihn da sein, wenn er das möchte. Mein Kleiner verlangt seit ca 1,5 Mo tagsüber zu Hause nach der Brust, manchmal in verrückten Abstä...


Einschlafstillen beenden wg Krippe

Hallo Frau Welter, unsere Tochter (15 Monate) wird noch mittags und abends zum Einschlafen und nachts zur Beruhigung gestillt. Die Kleine wollte nie einen Schnuller und hat in ihrem Leben vllt zwei Mal (Muttermilch) aus der Flasche getrunken (das ist aber schon lange her und hat nicht gut geklappt). Nachts (wir schlafen im Familienbett) schläf...


Tochter (1,5 Jahre) weint beim Abholen aus Krippe

Hallo Frau Welter, meine Tochter ist 18 Monate alt und geht seit ein paar Monaten in die Krippe. Ich stille sie tagsüber noch etwa 0 bis 3 mal und nachts noch etwa 3 bis 8 mal, je nach Bedarf. Seit einer Weile (ca. 2-3 Wochen) ist es so, dass meine Tochter sehr extrem weint/schreit, wenn ich sie gegen 13.00 Uhr aus der Krippe abhole. Ich sch...