Frage: Verantwortungslos?

Hallo! Meine Tochter ist knapp 6 Monate alt und wird voll gestillt. Aufgrund eines heftigen Infektes muss ich derzeit ein Asthmamittel (Symbicort) und ein Antibiotikum (CEC) nehmen. Beides ist laut Arzt stillverträglich und ich kann ganz normal weiterstillen. In einer Woche wird der Spuk hoffentlich vorüber sein und ich kann die Medikamente absetzen (das AB schon eher). Gestern sprach ich mit einer eher stillfanatisch eingestellten Dame. Die meinte, dass ich verantwortungslos wäre, wenn ich meinem Baby die Medikamente über die Muttermilch quasi mitgeben würde. Ich müsste abpumpen, die Milch wegtun und eingefrorene MuMi füttern. Oder noch besser auf die Medikamente verzichten und alles naturheilkundlich oder homöopathisch behandeln. In der Situation war ich erstmal total baff und wusste nicht wirklich was zu antworten. Ich bin davon ausgegangen, dass der Arzt weiß, was er tut. Er hat nur gesagt, dass ich aufpassen soll, ob das Baby einen Soor bekommt. Aber Gedanken mache ich mir nun doch. Bin ich nun wirklich verantwortungslos, weil ich nicht meine Gesundheit aufs Spiel setze? (Das scheint so eine Marotte von mir zu sein- habe ich mich doch auch geweigert, mir meinen Bauch aufschneiden zu lassen, obwohl das Baby BEL lag.) Die Kleine scheint es bislang alles gut zu vertragen, sie pupst nur etwas mehr als sonst. Danke für Eure Einschätzung. Liebe Grüße, Silke

Mitglied inaktiv - 22.09.2008, 11:01



Antwort auf: Verantwortungslos?

Liebe Silke, lass dich bloß nicht verunsichern, der Arzt weiß sehr wohl, was er macht :-). Medikamente in der Stillzeit sind selten wirklich ein Grund zum Abstillen. Es gibt in den meisten Fällen stillverträgliche Lösungen, auch wenn verschiedene Medikamente erforderlich sind. Es gilt hier immer abzuwägen, was nun schwerer wiegt: der Übergang der Medikamente in die Muttermilch und damit die eventuelle Belastung des Kindes oder die Risiken, die mit dem Abstillen einhergehen. In vielen Fällen wird nämlich leider das Risiko der Medikamente überschätzt und die Risiken des Abstillen bzw. Nicht Stillens werden unterschätzt. Kortison ist in der Stillzeit nicht generell kontraindiziert. Zitat aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Spielmann, Schaefer, 7. Auflage 2006: "4.11.7 Cortcosteroide Erfahrungen. Praktische Bedeutung für die Stillzeit haben vor allem die Glucocorticoide. Therapeutisch verwendet werden die nicht fluorierten Corticoide Prednison (z.B. Decortin®), Prednisolon (z.B. Solu Decor tin®), Methylprednisolon (z.B. Urbason®) sowie Deflazacort (Calcort®), Hydrocortison (z.B. Hydrocortison Hoechst®), Prednyliden und die fluorierten Derivate Amcinonid (Amciderm®), Beclometason (z.B. Sanasthmyl®), Betamethason (z.B. Celestamine®), Budesonid (Pulmicort®), Cloprednol (Syntestan®), Dexamethason (z.B. Fortecortin®), Flunisolid (Syntaris®), Flumetason (z.B. Cerson®), Fluocortolon (Ultralan®), Fluticason (z.B. Flutide®, Flutivate®), Mometason (z.B. Ecural®), Triamcinolon (z.B. Volon®). Einige Präparate werden ausschließlich inhalativ zur Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen verwendet. Die M/P Quotienten von Prednison und Prednisolon liegen zwischen 0,05 und 0,25. Eine Stunde nach parenteraler Verabreichung einer Einzeldosis von 110 mg Prednisolon wurden 760 µg/l Milch gemessen. Vier Stunden später waren es 260 µg/l und etwa 9 Stunden nach Applikation noch 60 µg/l. Nach intravenöser Injektion von 1 g Prednisolon wurden entsprechend der 9fach höheren Dosis etwa 9fach höhere Werte in der Milch gemessen, 24 Stunden nach der Applikation war das Corticoid nicht mehr nachweisbar (eigene Beobachtungen). Andere Autoren haben unter niedrigeren Tagesdosen (10 80 mg) einen entsprechend geringeren Übergang für den Säugling ermittelt (Übersicht in Bennett 1996, Greenberger 1993). Zusammenfassend ist mit einem Anteil von durchschnittlich 1 2% der mütterlichen gewichtsbezogenen Dosis für den Säugling zu rechnen. Im Fall der oben beschriebenen 1 g Dosis hätte der Säugling mit der ersten Mahlzeit eine Stunde nach Injektion 0,2 mg Prednisolon/kg Körpergewicht erhalten, über 24 Stunden wären es 0,32 mg/kg. Das ist selbst bei dieser mütterlichen Höchstdosis nur etwa ein Sechstel einer üblicherweise gut verträglichen therapeutischen Kinderdosis (2 mg/kg/Tag). Für den Säugling ergibt sich kein Risiko durch eine kurz dauernde Hochdosisbehandlung, selbst dann nicht, wenn gleich nach der Injektion gestillt wird. Auch unter länger dauernder Behandlung mit 80 mg/Tag wird mit der Muttermilch nur eine Prednisolonmenge übertragen, die weniger als 10 % der körpereigenen Cortisol Produktion entspricht. Zu den übrigen Corticoiden liegen keine ausreichend dokumentierten Transferdaten vor. Empfehlung für die Praxis: Prednisolon, Prednison und Methylprednisolon sind Corticoide der Wahl für eine systemische Behandlung in der Stillzeit. Auch hohe Dosen bis 1 g, einmalig oder wenige Tage nacheinander verabreicht, z. B. beim Asthmaanfall oder bei multipler Sklerose, erfordern keine Einschränkung des Stillens. Bei wiederholter Gabe solch hoher Dosen sollte, wenn es sich einrichten lässt, 3 4 Stunden mit dem Stillen gewartet werden. Wirkungsgleiche Mengen der anderen Corticoide sind wahrscheinlich auch verträglich. Die regelmäßige inhalative Anwendung eines Corticoids bei Asthma ist ebenso unbedenklich wie andere lokale Corticoidanwendungen." Bei Fragen zur Vereinbarkeit von Medikamenten und Stillzeit (und natürlich auch Schwangerschaft) kann und sollte sich Ihr Arzt jederzeit an das Berliner Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie ("Embryotox") wenden, das unter der Telefonnr. 030 30308 111 erreichbar ist, per mail unter mail@embryotox.de, oder online unter www.embryotox.de bzw. http://www.bbges.de/content/index024a.html. Ich zitiere auch noch aus dem Nebenforum von Dr. Paulus, der auf die Frage einer stillenden Mutter, die Symbicort früh und abends zu sich nehmen soll, folgendes geantwortet hat: "Angesichts der begrenzten systemischen Aufnahme wäre auch die Anwendung des neueren inhalativen Glukokortikoids Budesonid in der Stillzeit möglich. Etwa 15 % des inhalierten Budesonid gelangen in die Lunge. Der Rest setzt sich im Mund Nasen Rachenraum ab und wird zum großen Teil verschluckt. Der verschluckte Anteil unterliegt einem hohen first pass Effekt in der Leber." Demnach wäre eine Anwendung des Präparates "ohne kindliche Gefährdung in der Stillzeit akzeptabel." Ich wünsche dir eine schnelle gute Besserung und lass dich wirklich nicht verunsichern! LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 22.09.2008