Teufelskreis stillen wie unterbrechen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Teufelskreis stillen wie unterbrechen?

Liebe Stillberaterinnen, ich bin sehr verzweifelt. Mein Sohn ist nun zwei Jahre alt, dass stillen wird einfach nicht weniger und es fühlt sich für mich schon lange nicht mehr gut und richtig an. Da mir seine Bedürfnisse sehr wichtig sind, habe ich seither ihm sein Wunsch erfüllt und mit den sanften Methoden versucht es zu reduzieren. Sprich nicht verweigern und selbst beenden, Zeitpunkt rauszögern und und und. Leider tut sich so gar nichts. Die Nächte sind noch immer Horror. Acht mal stillen pro Nacht die Regel. Ich kann einfach nach zwei Jahren nicht mehr. Es fühlt sich an, als hätte ich ein sechs Monate altes Baby. Ich bin müde und habe keine Kraft. Wenn ich nachts ein Stillwunsch ihm abschlage, brüllt er so sehr bis er keine Luft mehr holen kann. Oft eine Stunde lang und ich kann ihn nicht beruhigen. Er schreit und schlägt und ruft ununterbrochen „Mama Milch trinken“. Ich trage ihn, singe, rede mit ihm beruhigend und es macht alles noch schlimmer. Irgendwann ist er dann so wach, dass er aufstehen will und ihn nichts mehr im Bett hält. Dann sind wir zwei Stunden wach und müssen spielen. Morgens schläft er dadurch dann nicht merklich länger, ist aber total knatschig und will das wiederum tagsüber mit stillen kompensieren. Ich bin einfach nur müde. Ich fühle mich erpresst, denn entweder er darf stillen und nuckeln an der Brust und schläft oder ich muss irgendwann nachts mit ihm aufstehen. Er wird ausschließlich von mir betreut und am Wochenende von mir und meinem Mann. Ich habe das Gefühl, dass es das nicht einfacher macht, weil ich mit der Milch ständig präsent bin. Die Stillpause nach Gordon ist mir bekannt, mir kommt es nur als „abrichten“ vor. Meine Vorstellung ist tagsüber, außer Mittagsschlaf kein stillen und dann abends zum einschlafen. So hat es auch wunderbare sechs Wochen im April/Mai geklappt. Er kam abgesehen von den frühen Morgenstunden nur einmal nachts. Es war traumhaft. Und plötzlich war alles wieder beim alten. Kinderarzt kann ich nicht fragen, nachdem müsste ich schon seit einem Jahr abgestillt haben. Ich weiß mir einfach keinen Rat wie ich meinen zweijährigen Sohn, der das stillen so sehr liebt und anscheinend auch braucht trotzdem entwöhnen kann um selbst nicht zu Grunde zu gehen. Ich hatte auf unseren Urlaub gehofft, mit Ablenkung und viel Zeit mit Papa aber der Schuss ging auch nach hinten los. Er hat die Eindrücke überhaupt nicht gut verkraftet und ich musste ständig präsent sein, Papa durfte nicht mal Schuhe anziehen und er stillte im Urlaub zur Beruhigung sehr oft. Wenn ich ihm erkläre, dass es Milch nur noch zum schlafen gibt, jammert er den halben Tag, dass er müde ist und schlafen gehen möchte. Ich muss ihn dann ununterbrochen ablenken und trotzdem kommt ständig das er müde ist. Er reibt sich die Augen und geht ins Bett. Ich kann oft nicht mehr unterscheiden ob er wirklich müde ist oder wie ich es nenne sich Milch erschleichen will. So kann es dann sein, wenn er die Milch bekommen hat, ist er auf wundersame Weise wieder fit oder er war wirklich müde und ich habe dann ein schlechtes Gewissen weil ich ihm den Schlaf verweigert habe. Ich hoffe ich kann mein Dilemma verständlich beschreiben. Was sagt ihr dazu? Vielen lieben Dank im Voraus für eure Einschätzung

von Mamakastaniebaum am 19.07.2018, 11:09



Antwort auf: Teufelskreis stillen wie unterbrechen?

Liebe Mamakastaniebaum, Stillen ist eine Zweierbeziehung und wenn es dazu kommt, dass sich ein Partner dabei nicht wohl fühlt, dann müssen Lösungswege gefunden werden. Das Wichtigste überhaupt ist allerdings, dass Du fest zu deinem Entschluss stehst. Solange hier noch der geringste Zweifel besteht, wird dein Kind diese Zweifel spüren und Du wirst weiterhin „schwach" werden. Für viele von uns ist es sehr ungewohnt zu sehen, wie begeistert und mit wie viel Freude ein Kleinkind stillt. Dein Kleiner verhält sich gar nicht so "brustversessen" wir Du glaubst, viele langzeitgestillte Kinder zeigen sehr deutlich wie viel ihnen das Stillen bedeutet. Wird es dem Kind überlassen, wann es sich selbst abstillt, dann stillen sich die meisten Kinder irgendwann zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag ab. Ein Abstillen deutlich vor dem zweiten Geburtstag auf Initiative des Kindes hin ist eher unwahrscheinlich. All diese theoretischen Überlegungen helfen dir jedoch nicht weiter, denn Du fühlst dich in der derzeitigen Situation unwohl. Wenn sich in einer Stillbeziehung ein Partner nicht mehr wohl fühlt, dann ist es an der Zeit zu überlegen, was geändert werden kann. Sicher ist ein 2 jähriges Kind noch nicht in der Lage alles Gesprochene bis ins letzte Detail zu verstehen, doch ich denke, dass der erste Schritt für dich sein sollte, dass Du mit deinem Kind darüber sprichst, wie es dir geht und was Du nicht mehr möchtest. Dann könnt ihr als Eltern eine Art Plan machen, wie ihr vorgehen wollt, um das Stillen etwas einzuschränken. Stillen nach Bedarf ist bei einem Kind über einem Jahr nicht mehr ein so eng gefasster Begriff wie bei einem kleinen Baby und liebevoller Konsequenz lassen sich auch bei einem Kind in diesem Alter in einem gewissen Rahmen Regeln aufstellen. Selbstverständlich wird sich nicht von heute auf morgen eine plötzliche Änderung ergeben, das geschieht in kleinen Schritten und selbstverständlich wirst Du mit Rückschritten rechnen müssen, doch mit viel Liebe und Beharrlichkeit, kannst Du einen Weg finden. Wenn Du nicht mehr ständig stillen möchtest, wird es am besten sein, wenn du schrittweise vorgehst, z.B. in dem du zunächst eine gewisse stillfreie Zeit in der Nacht einführst. Dazu kannst du wie folgt vorgehen: Erkläre deinem Kind schon bei Tag, was sich in der Nacht ändern wird, und versuche, Signale zu definieren, die es wieder erkennen kann (z.B. "erst wenn der Radiowecker angeht, dann darfst Du trinken") und die sich eventuell anpassen lassen (den Radiowecker kann man etwa jeden 2. Tag eine viertel Stunde nach hinten programmieren, so dass die Pause immer länger wird). So wird die Nacht allmählich stillfrei. Wenn sich dein Kind dann in der Nacht beschwert, dass es nicht trinken darf (und das kann es natürlich nur durch weinen oder schreien), dann tröste es und sprich liebevoll-beruhigend mit ihm, und gestehe es ihm auch wirklich zu, sauer zu sein, aber bleib konsequent beim "Nein", bis der vereinbarte Zeitpunkt (z.B. der Radiowecker geht an) für das Stillen gekommen ist. Dann jedoch solltest Du auch von dir aus deinem Kind die Brust anbieten - so lernt es, dass es sich auf dein Wort verlassen kann. Natürlich kannst Du ihm während der Nacht einen Schluck Wasser oder auch einen Schnuller anbieten, doch sei nicht allzu überrascht, wenn das anfangs mit Wut abgewiesen wird. Dein Kleiner wird vermutlich schreien, toben, treten oder dich gar schlagen wollen. Ist das schlimm? Nein, es ist völlig normal, denn es ist die einzige Art, wie er in diesem zarten Alter seinen Frust ausdrücken kann. Wie kannst du damit umgehen? Lass es zu. Lass dich nicht verunsichern, denn es geht deinem Kind ja trotzdem gut, es bekommt kein Trauma fürs Leben, wird nicht an deiner Liebe zweifeln. Dein Baby ist sauer, und das wird auch wieder vergehen. Bleibe bei ihm und sei du ruhig und klar, so dass dein Kleiner sich an dir orientieren kann. Vielleicht wirst du ihn ein wenig ablenken wollen (falls er sich ablenken lässt), vielleicht bleibst du auch einfach nur in seiner Nähe und versicherst ihm, dass alles ok ist. Ehrlicherweise muss ich dazu sagen, dass die ersten Nächte zwangsläufig sehr unruhig sein werden. Doch in der Regel akzeptieren Kinder relativ schnell die neuen "Spielregeln", und je älter sie sind, desto einfacher. Nur wenn sich dein Kind über mehrere Tage hinweg gegen diese stillfreie Zeit sperrt, oder gar tagsüber extrem anhänglich bzw. weinerlich wird, oder gar eine Hautreaktion zeigt, dann weißt du, dass es noch zu früh ist und du vielleicht einfach noch ein paar Wochen warten und durchhalten solltest. Dieser Vorschlag stammt von Elizabeth Pantley, Autorin des Buchs "Schlafen statt Schreien: Das liebevolle Einschlafbuch: Das 10-Schritte-Progamm für ruhige Nächte", das nun auf Deutsch erschienen ist und das ich wärmstens empfehlen kann. Pantley hat ein Programm entwickelt, mit dem man älteren Babys, auch Stillkinder, dabei helfen kann, auch ohne Brust oder ständiges Stillen die Nacht zu schaffen. Auch wenn man nicht alle ihre Schritte anwendet haben viele Mütter doch gute Erfahrungen mit diesem Buch gemacht. Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 19.07.2018



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