Liebe Biggi,
Ich stille meine 16 monatige Tochter nach Bedarf mehrmals täglich auch zur Beruhigung, wenn sie zahnt etc. Ich hatte bisher immer ein gutes Gefühl dabei. Jetzt habe ich im Nachbarforum gelesen, daß Dr. Busse dieses nicht rät, weil diese Kinder nicht lernen sich selbst zu beruhigen. Ihr Nervenköstüm würde durch rumtragen etc. noch mehr gereizt. Meine Tochter wird auch immer in den Schlaf gestillt. Was hälst Du davon? Ich bin jetzt ziemlich verunsichert.Vielen Dank
Susanne
Mitglied inaktiv - 19.08.2001, 23:40
Antwort auf:
Stillen zur Beruhigung
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Liebe Susanne,
Stillen ist viel, viel mehr als nur Nahrungsaufnahme. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Immer wenn der Satz fällt „mein Baby nuckelt ja nur", dann sage ich „ja, das Baby braucht auch das Nuckeln". Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass auch das „non-nutritive" Saugen (nicht der Ernährung dienendes Saugen) wichtig ist.
Wenn dein Kind so weit ist, dass es auf das Saugen an der Brust verzichten kann, dann wird es auch darauf verzichten. Ein gestilltes Bedürfnis (ist doch interessant, dass die deutsche Sprache im Zusammenhang mit Bedürfnissen vom „Stillen" spricht) vergeht und der Mensch muss sich keine Ersatzlösung suchen.
Selbstständigkeit des Kindes ist nichts, was sich erzwingen lässt, sie muss wachsen und am besten wächst sie, wenn das Kind die Möglichkeit erhält, sich in seinem Tempo zu entwickeln, zu erleben, dass auf seine Bedürfnisse eingegangen wird und dass es als Person ernst und wichtig genommen wird. Das Kind allein zu lassen, bringt nur eine Scheinselbständigkeit, weil das Kind resigniert da es weiß „ganz gleich was ich tue, es wird ja sowieso keiner nach mir schauen".
Wir sollten uns auch die Frage stellen, ob es wirklich so erstrebenswert ist, unseren Kindern anzutrainieren, sich mit Ersatzobjekten zu beruhigen und zu trösten oder ob nicht der zwischenmenschliche Kontakt der bessere Weg ist.
Ich hoffe, dich nicht noch weiter verunsichert zu haben. Hör in dich hinein, schau auf dein Kind und ich bin sicher Du findest die richtige Antwort für dich und dein Kind.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 20.08.2001
Antwort auf:
Stillen zur Beruhigung
Liebe Biggi,
Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Du hast mich darin bestärkt so weiter zu machen wie bisher, auf mein Inneres zu hören.
Susanne
Mitglied inaktiv - 20.08.2001, 08:27