Hallo,
mein Kleiner (1. Monat alt) hat zur Zeit Probleme mit Blähungen. Ich habe nun irgendwo gelesen, dass es in diesem Fall besser wäre, nicht zu oft zu stillen, da die Milch 2-3 Stunden braucht, um verarbeitet zu werden. Wenn immer neue Milch hinzukommt, würde dies zu mehr Blähungen führen.
Aber wie soll dies konkret gehen, insbesondere wenn der Kleine manchmal jede halbe Stunde trinken möchte? Gerade wenn er Blähungen hat, will er manchmal nur trinken (so mein Eindruck), damit der Stuhlgang besser rausgedrückt werden kann, wenn man das so sagen darf.
Also einfach saugen lassen oder versuchen, Pausen einzulegen, obwohl er dann schreit?
Fencheltee möchte er auch nicht trinken, es scheint mit dem Schlucken noch nicht zu klappen und das Fläschchen lehnt er ab.
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.
von
B.Happy
am 20.02.2012, 16:46
Antwort auf:
Stillen - Blähungen - Stillen - ein Kreislauf ohne Ende
Liebe B.Happy,
zunächst einmal gibt es keinen Grund, dass Du zwischen zwei Stillzeiten einen Mindestabstand einhältst. Es ist ein Ammenmärchen, dass ein Mindestabstand notwendig ist, um Bauchprobleme zu vermeiden oder sie zu beseitigen. Es gibt keinen Beweis, für die "Frische Milch auf halbverdaute Milch" Theorie. Irgendjemand hat damit angefangen zu behaupten, dass dadurch Probleme entstünden und seither geistert diese Theorie durch Deutschland und im Extremfall kann das "Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen.. Interessanterweise sagen aber selbst die Anhänger dieser Theorie, dass bei einem Wachstumsschub selbstverständlich häufiger angelegt werden darf und muss.
Alle Stillexperten propagieren das Stillen nach Bedarf und ohne irgendeinen Mindestabstand. Muttermilch ist außerdem innerhalb von längstens 60 bis 90 Minuten vollständig verdaut.
Lege dein Kind an, wenn es nach der Brust verlangt, ganz gleich ob die letzte Stillzeit vier
Stunden oder eine Viertelstunde her ist. (Den Abstand zwischen zwei Stillzeiten berechnet man übrigens vom Beginn des letzten Anlegens bis zum Beginn des nächsten Anlegens).
Es ist sehr wichtig, dass das Baby korrekt angelegt ist und richtig saugt. Ein gut angelegtes Baby, das korrekt saugt schluckt weniger Luft beim Trinken und Luft, die nicht verschluckt wird, muss auch nicht wieder nach oben befördert werden. Blähungen sind leider in vielen Fällen durch eine nicht richtige Anlegetechnik und/oder ein falsches Saugen des Babys verursacht (und damit können wir wieder bei obigem Punkt mit den künstlichen Saugern sein).
Ein Baby, das länger hingehalten wurde, trinkt in der Regel auch nicht gut an der Brust, so dass wir auch hier wieder bei einem Problem sind, das "hausgemacht" ist. Es ist deshalb auch immer wieder schade, dass Mütter mit solchen Ratschlägen wie dem des Mindestabstands verunsichert und zu neuen Problemen gebracht werden.
Ein gesundes, voll gestilltes Kind braucht auch keinen Tee (und wenn es welchen bekommt, dann ist es nicht mehr voll gestillt). Tee ist ein Arzneimittel und ein gesundes Kind braucht keine Medikamente. Tee kann nicht nur unerwartete Nebenwirkungen mit sich bringen (da Tees nun einmal eine Arzneiwirkung haben, haben sie auch Nebenwirkungen), sondern auch zu Problemen wie Gedeihstörungen (das Baby erhält eine kalorienarme oder kalorienfreie Flüssigkeit, die den Magen füllt und so verhindern kann, dass es oft genug an der Brust trinkt) oder auch Saugverwirrung (wenn der Tee mit der Flasche gegeben wird) führen und sogar das Abstillen einleiten. Alle Flüssigkeit, die ein voll gestilltes Baby braucht, bekommt es an der Brust (auch bei heißem Wetter, Beduinenfrauen geben auch weder Tee noch Wasser). Eine Studie in den Tropen ergab sogar, dass vollgestillte Kinder mehr Flüssigkeit aufnahmen als die Kinder, die zusätzliche Flüssigkeit bekamen (Sachdev, Krishna, Puri et al., 1991).
Ich denke es wäre wirklich gut, wenn Du dich mit einer Stillberaterin in deiner Nähe in Verbindung setzen würdest. Sie kann dir ganz gezielte Tipps geben und dir vor allem auch zeigen, wie Du siehst, ob dein Baby richtig angelegt ist und gut saugt.
Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter:
http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC).
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 20.02.2012
Antwort auf:
Stillen - Blähungen - Stillen - ein Kreislauf ohne Ende
Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Ich weiß zwar, dass Blähungen bei Babies nicht als Krankheit gelten, aber man ist trotzdem bemüht, das Leiden irgendwie zu verringern. Ich hatte daher versucht, vor dem Stillen einen Teelöffel Fencheltee zu verabreichen, was wie gesagt nicht sehr erfolgreich war. Es ging also nicht um Flüssigkeitszufuhr, darüber mache ich mir keine Sorgen. Fencheltee fand ich immer noch harmloser als ein Medikament (Entschäumer) zu verabreichen, der zudem Zucker enthält.
Sollte man vollständig auf irgendwelche Medikamente und Tees verzichten? Was kann man dann tun? Ich denke der Kleine trinkt schon ganz ordentlich, nur wenn er trinkt, um besser zu verdauen, hat er es ein wenig eilig, gerät in Panik und weiß gar nicht, wo er ansetzen soll.
Eine Stillberatung gibt es bei uns hier in Nordafrika leider nicht. Anders als man vermuten könnte, gilt es hier auch als sehr altmodisch, sein Kind zu stillen und man will ja modern sein.
MfG
von
B.Happy
am 20.02.2012, 22:42
Antwort auf:
Stillen - Blähungen - Stillen - ein Kreislauf ohne Ende
Liebe B.Happy,
Sab Tropfen (oder ähnliche Mittel) enthalten einen Wirkstoff, der entschäumt. Da Muttermilch aber nicht geschüttelt wird und deshalb auch keine Luftblasen enthält, wirkt dieses Mittel bei gestillten Kindern nicht wirklich. Der wichtigste Punkt zur Vermeidung von Blähungen ist das korrekte Anlegen und richtige Saugen.
Beobachte einmal ganz genau, wie die Stillmahlzeit abläuft:
Verschluckt sich das Baby sehr leicht? Hast Du den Eindruck, dass die Milch sehr rasch aus
der Brust fließt? Fließt dem Kind Milch aus den Mundwinkeln, weil es beim Schlucken nicht
nachkommt?
Wenn Du die obigen Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, dann könnte es sein, dass Du einen
sehr starken Milchspendereflex hast und dein Baby mit der plötzlich in großer Menge
fließenden Milch nicht zurechtkommt.
Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (leg Dir eine Windel zum Auffangen der Milch hin und vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen". Dazu hältst Du Dein Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als Deine Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnst Du Dich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützt Du Dein Baby von unten mit zwei Kissen in Deinem Schoß und lehnst Dich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück.
Weitere Möglichkeiten einem starken Milchspendereflex zu begegnen sind:
erhöhe die Häufigkeit der Stillmahlzeiten. Dadurch veringert sich die Menge der gestauten Milch in den Milchseen und damit die Milchmenge, die während des Milchspendereflexes freigegeben wird. Wenn Du die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten vergrößerst , verschlimmert sich das Problem noch weiter.
biete nur eine Brust pro Mahlzeit an. Diese Vorgehensweise kann durchaus hilfreich sein, obwohl es nicht zu dem passt, was üblicherweise gesagt wird. Aber das Ziel ist es die Brust weniger zu stimulieren. Wenn dein Baby quengelt und oft trinken möchte, kann es nötig sein, dass Du ihm mehrere Male dieselbe Brust über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden anbietest, bevor Du die Seite wechselst. Wenn sich die zweite Brust zwischendrin zu voll anfühlt oder spannt, solltest Du gerade soviel Milch ausstreichen, dass Du dich wohlfühlst, um die Milchproduktion nicht zu sehr anzuregen.
stille dein Baby wenn es gerade wach geworden ist. Es wird dann eventuell nicht so stark saugen, wie wenn es richtig wach und hungrig ist. Wenn das Baby weniger intensiv saugt, ist häufig auch der Milchspendereflex weniger stark.
versuche verschiedene Stillpositionen (auch das oben beschriebene Berg auf Stillen) Eventuell kann dein Baby auch schon an deiner Brust trinken während es auf deinem Bauch liegt. So könntest Du dann im Liegen stillen und das Baby anschließend auf deinem Bauch einschlafen lassen.)
lass das Baby oft aufstoßen.
vermeide den Gebrauch von künstlichen Saugern und Schnuller. Mit dem Schnuller lässt sich ein Baby vielleicht hinhalten, aber es bleibt hungrig. Die Milch wird dann um so mehr mit Macht herausschießen, vor allem je mehr das ausgehungerte Baby kräftig saugen wird
Besonders unruhige Babys, die sich an der Brust steif machen und nach hinten überstrecken, können auch gebündelt werden. Beim Bündeln wickelst Du dein Baby gut in eine Decke ein, so dass seine Schultern nach vorne geneigt und die Arme unterhalb der Brust gekreuzt sind. So kann es den Kopf nicht zurückwerfen. Bei manchen Babys bewährt es sich, wenn die Decke unten offen bleibt, so dass die Füße frei bleiben. Wenn Du dein Kind auf diese Weise eingepackt hast, sieht es wie ein „C" aus, mit dem Kinn auf der Brust und angezogenen Beinchen.
Häufig reicht diese Maßnahme aus, das Baby zu beruhigen und es trinkt dann besser an der Brust. Manche Babys brauchen Halt im wahrsten Sinne des Wortes um weniger zappelig zu sein.
LLLiebe Grüße,
Biggi
von
Biggi Welter
am 21.02.2012