Frage: sportlich stillen? (gerne an alle)

Guten Tag! Da es im Internet viel Unfug verbreitet wird, möchte ich gerne noch einmal nach Expertenmeinung oder Erfahrungen anderer Mütter nachfragen. Und zwar geht es um's Stillen, wenn die Mutter Sport macht. Ich stille mein Baby (10 Wochen alt) voll und beabsichtige in ein paar Wochen (nach dem Rückbildungskurs) wieder regelmäßig ins Fitnessstudio zu gehen. Ich möchte es nicht übertreiben und gleichermaßen meine Kraft sowie Ausdauer wieder fitter machen. Im Internet (ich weiß nicht, inwiefern diese Quellen auch zitierfähig sind) habe ich gelesen, dass durch die Bildung von Milchsäure im Körper der Mutter (was ja passiert, wenn man Sport macht) die Muttermilch für die Babies nicht meht so gut schmeckt und sie die Brust verweigern oder gar die Milchproduktion reduziert wird. Ich möchte weder das eine noch das andere befürchten müssen, da ich bis zum vollendeten 6. Monat mein Baby voll stillen möchte und erst dann Beikost einführen. Können Sie mir dazu Ihre Meinung sagen? Vielen Dank!

von LSdt am 13.03.2019, 11:58



Antwort auf: sportlich stillen? (gerne an alle)

Liebe LSdt, Du solltest es mit dem Sport gerade zu Beginn etwas langsam angehen und auf Sportarten, die eine hohe Belastung der Oberarmmuskulatur mit sich bringen, oder bei denen ein hohes Risiko für Stöße gegen die Brust (z.B. Barrenturnen) besteht eher verzichten. Prinzipiell kannst Du jedoch jede Sportart betreiben und es gibt auch (voll) stillende Spitzensportlerinnen. Viele Frauen empfinden einen gut sitzenden Sport BH als angenehm, aber auch dies ist kein Muss. Es ist ein Ammenmärchen, dass Sport die Milchmenge zurückgehen ließe oder die Milch sauer macht oder was sonst noch so alles erzählt wird und immer wieder in der Regenbogenpresse aufgewärmt wird. Entgegen anderslautenden Veröffentlichungen in Zeitschriften, gibt es auch keinen Grund, das Stillen nach sportlicher Betätigung hinauszuschieben. Im Jahr 1992 berichteten die Zeitungen über eine Untersuchung, die sich mit der Zusammensetzung der Muttermilch vor und nach anstrengendem Training befasste und Vergleiche dazu anstellte, wie die Babys auf die vor dem Training bzw. nach dem Training abgepumpte Milch reagierten (Wallace 1992). Nach dem Training wurde in der Milch eine Erhöhung der Milchsäure festgestellt. Die Babys hätten die Milch nach dem Training weniger gerne angenommen. Die Schlussfolgerungen aus dieser Untersuchung erregten großes Aufsehen: stillende Mütter sollten ihre Babys vor dem Training stillen oder Milch für eine spätere Mahlzeit abpumpen und es vermeiden, unmittelbar im Anschluss an das Training zu stillen, eventuell sogar etwa 90 Minuten lang nicht. Diese Schlussfolgerungen sind aus mehreren Gründen zu hinterfragen. Zunächst einmal erhielten die Babys die Vor und Nachtrainings Milch mit einer Tropfpipette, einer neuen, für sie ungewohnten Art der Fütterung. Die Forscher zogen aber nicht in Betracht, dass diese veränderte Fütterungsmethode die Babys in Bezug auf ihre Akzeptanz der Milch beeinflusst haben könnte. Bei der Durchsicht der Literatur zum Thema Stillen und Sport führten Dewey und McCrory (1994) noch weitere Beispiele für die eingeschränkte Aussagekraft dieser Studie an. Die Mütter in dieser Untersuchung trainierten bis an ihre Leistungsgrenze, aber die Empfehlungen der Forscher unterscheiden nicht zwischen moderater und maximaler sportlicher Betätigung. Die Milchsäurewerte sind bei maßvoll trainierenden Müttern wahrscheinlich viel niedriger. Außerdem waren die Unterschiede in der Akzeptanz der Vor bzw. der Nachtrainingsmilch durch die Babys nur gering, auch wenn die Mütter angaben, dass die Babys die Milch nach dem Training weniger akzeptierten. Auf einer Scala von 1 (Schreien) bis 9 (Lachen) erreichte die Einschätzung einen Punktwert von 6,7 für die durchschnittliche Vortrainingsmilch und 4,7 für die durchschnittliche Nachtrainingsmilch. Es kommt noch dazu, dass keine der Mütter davon berichtete, dass ihre Babys bei einer früheren Gelegenheit negativ auf das Stillen nach dem Training reagiert hatte. Nach der Durchsicht verschiedener Studien kamen Dewey und McCrory zu dem Schluss, dass Sport bei stillenden Müttern die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit verbessert und sportliche Betätigung während der Stillzeit bei den meisten Frauen kein Gefahrenpotential birgt. Auch "ist es in den meisten Fällen unwahrscheinlich, dass sich aus der veränderten Akzeptanz der Muttermilch aufgrund erhöhter Milchsäurewerte nach dem Training Probleme ergeben". Allerdings solltest Du unbedingt darauf achten, dass der Beckenboden wieder erholt ist, ehe Du Sportarten betreibst, die den Beckenboden belasten. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 13.03.2019