Hallo Biggi,
Hatte ja letzte Woche schon mal geschrieben, weil unser Sohn die Nacht zum Tag gemacht hatte und ich ziemlich am Anschlag war.
Wollte nur sagen, es ging jetzt besser. Er schläft zwar sehr unruhig, aber er schläft... Ich verstehe nicht ganz, was ihm so zu schaffen macht, aber das hat man ja immer wieder. Ich bin schon gewillt, diese Zeiten mit ihm durchzustehen, ich weiß nur manchmal einfach nicht, woher die Kraft noch nehmen. Ich weiß nicht, ob es vom Stillen kommt oder einfach eine Phase ist, aber er besteht nachts auf Mama, Papa ist total abgeschrieben. Das war früher nie ein Problem, tagsüber auch nicht. Kannst du mir dazu was sagen?
Durch das Stillen und Co-Sleeping wird schon einiges entspannter, allerdings ist es eben einfach so, dass man durch den Schlafmangel und das viele Gezeter tagsüber sehr gereizt wird und dann fällt es mir nicht immer leicht, liebevoll zu reagieren, vor allem, weil er non-stop an mir hängt. Ich möchte ihn natürlich nicht abweisen und gebe mir Mühe, gelassen und verständnisvoll zu sein. Klappt so in 90% der Fälle, aber wenn ich dann mal sauer werde, befinde ich mich direkt in einer Spirale aus schlechtem Gewissen, Angst vor psychischen Schäden bei meinem Sohn, Wut und Verzweiflung, dass ich nicht fähig bin, mich zu beherrschen usw. Oft hat mir das Stillen da geholfen, angespannte und festgefahrene Situationen zumindest zeitweise zu entschärfen. Kann das denn ein Risiko sein, wenn man das Stillen in solchen Situationen zum Trösten einsetzt?
Wie gesagt, es geht uns besser, aber so ganz entspannt sind wir beide noch nicht ;-)
Vielen Dank für die verständnisvolle Hilfe und die guten Ratschläge hier im Forum. Es ist sehr schön, dass man sich an euch wenden kann, wenn man nicht mehr weiter weiß.
LG, Mary
von
MaryEllen
am 02.07.2013, 14:13
Antwort auf:
Schlafen und Stillen II
Liebe Mary,
das Verhalten deines Kindes wird sicher von manchen Menschen als extrem anhänglich oder mutterfixiert bezeichnet, doch es ist ein vollkommen normales Verhalten für ein Baby.
Es ist sogar wichtig, dass ein Kind zunächst eine feste und verlässliche Bindung zu einer Person aufbaut (und diese Person ist bei einem gestillten Kind naturgemäß fast immer die Mutter). Aufbauend auf dieser Erfahrung kann das Kind dann später seinen Horizont erweitern und Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen. Doch das „Fundament" der engen Beziehung zur ersten Bezugsperson sollte fest sein und so zum Fundament der Beziehungsfähigkeit und Bindungsfähigkeit überhaupt zu werden.
Dass dein Baby DICH in der Nacht braucht, zeigt, dass es eine sichere Bindung zu dir hat und im Moment einfach wieder mehr auf dich fixiert ist.
Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn Ihr BEIDE Euch beruhigt beim Stillen und Duz dein Kind mit der Brust tröstest.
Mit der Brust kannst Du dein Kind nicht zustöpseln. Kein Kind lässt sich an die Brust zwingen und wenn dein Kind nicht gestillt werden will, sondern ein anderes Bedürfnis hat, dann wird es dies unmissverständlich kund tun. Stillen ist eine aktive Sache von beiden Partnern und ohne dass das Kind mitmacht, geht es nicht.
Ich bin sicher, dass manche Mutter gelegentlich versucht, das Kind mit der Brust zu beruhigen, einfach, weil es jetzt gerade praktisch und bequem wäre, aber das funktioniert in den allermeisten Fällen nicht solange das Kind nicht will, weil das Kind nicht gegen seinen Willen an die Brust gebracht werden kann. Die (weiche) Brust, kann nicht einfach in den Mund gesteckt werden wie zum Beispiel eine Flasche oder ein Schnuller (der ja sogar im Mund festgehalten werden kann).
Stillen ist viel, viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es ist Trost, Geborgenheit, sicherer Hafen und ein Weg zur Ruhe zu kommen, wenn die Wellen des Alltags so hoch geschlagen sind, dass das Kind keinen Weg mehr weiß, um mit sich selbst und der Umgebung ins Reine zu kommen.
Leider verstehen manche Menschen (vor allem diejenigen, die selbst nicht oder nur sehr kurz gestillt haben) nicht, dass Stillen all das, was ich oben beschrieben habe und noch viel mehr bedeutet. Sie erkennen nicht, dass ein entsetztes, wütendes oder verletztes Kind an der Brust wieder den Weg zu sich selbst zurück findet und dabei auch noch sein Gesicht wahren kann. Es wird von der Mutter nicht bloßgestellt, sondern angenommen und kann sich in der sicheren Geborgenheit des Stillens wieder erholen und beruhigen.
Und mach dir keine Sorgen, wenn Du nicht immer die „strahlende“ Mutter bist. Unsere Kinder DÜRFEN wissen, dass auch wir unsere Grenzen haben und nicht immer gut drauf sind. Dein Kind spürt aber immer, dass Du es liebst, glaub mir das :-).
Babys sind Gott sei Dank mit einer gewissen Robustheit ausgestattet und verzeihen
uns Eltern die unvermeidlichen gelegentlichen Fehler.
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 02.07.2013